Öl-Embargo: Was wären die Folgen für Verbraucher?

Stand: 04.05.2022, 19:34 Uhr

Wenn die EU sich zu einem Öl-Embargo gegen Russland entschließt, wird das die Preise bei uns steigen lassen. Mit was müssen wir rechnen und wie kann die Belastung abgefedert werden?

Von Oliver Scheel

In Brüssel ringen die Politiker derzeit um ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland. Diesmal wird es auch um ein Öl-Embargo gehen. Klar ist, wenn wir auf russisches Öl verzichten wollen, zahlt nicht nur Wladimir Putin einen hohen Preis.

Wie viel Embargo können wir uns leisten? Woher kommt das Öl in NRW und welche Möglichkeiten gibt es, einen möglichen Preisschock abzufedern?

Steigende Preise ja - Preisschock nein

Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht von einer "harten Botschaft". Diese könne er niemandem ersparen: "Wir werden mit steigenden Preisen rechnen müssen", sagte Habeck in den "Tagesthemen" am Montag.

Das sieht der Ökonom Jens Südekum von der Universität Düsseldorf zwar auch so, aber von einem Preisschock will er nichts wissen: "Ein Embargo wäre spürbar, aber ich gehe nicht von ganz großen Schocks aus. Die Abhängigkeit von russischem Öl ist in Deutschland dramatisch reduziert worden", sagte er dem WDR am Dienstag.

Profitieren letztlich die Ölkonzerne?

Aber wie will die Bundesregierung verhindern, dass die Ölkonzerne die hohen Rohstoff-Preise nutzen, um ihre zuletzt gestiegenen Umsätze weiter zu erhöhen? "Wir haben eine Markttransparenzstelle beim Bundeskartellamt, die da sehr genau darauf achtet", erklärte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch im WDR. Bisher habe sich der Verdacht aber nicht bestätigt, dass sich die Ölkonzerne auf unredliche Weise durch die aktuellen Lage bereichern. Man werde die Marktsituation aber weiterhin sehr genau beobachten.

Öl für NRW kommt meist über die Nordseehäfen

Steigende Preise also schon, aber ist die Energieversorgung ohne russisches Öl sichergestellt? Laut Südekum ist die Raffinerie in Schwedt vor allem für Ostdeutschland absolut vital: "Wenn die ausfallen würde, hätten wir einen echten Notstand beim Benzin, insbesondere in Ostdeutschland. Auch die Kerosinversorgung des Flughafens Berlin hängt an Schwedt", so Südekum.

Für NRW sieht die Lage tatsächlich entspannter aus: "Die Abhängigkeit von russischem Öl ist in NRW deutlich geringer als etwa in Ostdeutschland. Der Westen wird vor allem von Tankern versorgt, die in den Nordseehäfen anlegen: In Rotterdam, Wilhelmshaven und Hamburg. Von Rotterdam aus führen beispielsweise zwei Pipelines direkt nach NRW, die Rohöl und auch fertig verarbeitete Produkte wie Diesel liefern. Zudem sind Binnenschiffer unterwegs", erklärte Jörg Marksteiner aus der WDR-Wirtschaftsredaktion.

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NRW kann ein Embargo leichter verkraften als der Osten

Deutschland bezog 2021 sein Öl neben Russland vor allem aus Kasachstan, Norwegen, den USA und Großbritannien. Welches Öl dann genau nach NRW kommt, lässt sich kaum ermitteln. Die russischen Lieferungen nach Westdeutschland sind aber laut einer Studie des Beratungsunternehmens Energy Comment "gering und können problemlos ersetzt werden". "Damit ließe sich ein Embargo in NRW leichter auffangen als etwa in Ostdeutschland. Dort kommen zwei Drittel der russischen Ölimporte an", so Marksteiner.

Kurzfristig erscheinen extreme Unterschiede beim Benzinpreis in Ost und West vorstellbar. Nämlich, so Marksteiner, bis das logistische Problem, das bei einem Ausfall der Raffinerie Schwedt auftreten würde, behoben ist.

Energiewende umsetzen - Tempolimit einrichten

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Folgen eines Embargos abzufedern. "Hohe fossile Energiepreise geben prinzipiell einen Anreiz zum Umsteuern, doch leider setzt die Bundesregierung dies mit unnötigen und teuren Tankrabatten eher außer Kraft", meint Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Stattdessen sollte sie besser Ladeinfrastrukturen ausbauen, den ÖPNV und die Bahn stärken und die Energiewende schnell umsetzen," so die Haltung der Expertin.

Auch mit Sparen kann die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gemindert werden. Ein Tempolimit von 100 auf der Autobahn und 80 auf Landstraßen kann laut Kemfert fünf bis sieben Prozent der russischen Ölimporte reduzieren.

Es gibt viele Möglichkeiten: Öl sparen leicht gemacht

Generell ist Öl leichter zu ersetzen als Gas, weshalb Habeck Deutschland für ein Embargo gewappnet sieht. Dafür muss der Verkehrssektor in den Blick genommen werden. Denn laut Greenpeace fällt etwas mehr als die Hälfte des deutschen Absatzes bei Ölprodukten auf Benzin- und Dieselkraftstoff.

Weitere Möglichkeiten zum Ölsparen sind eine verlängerte Homeoffice-Pflicht, ein Verbot von Inlandsflügen, den Güterverkehr verstärkt auf die Schiene zu bringen und eine geringere Raumtemperatur in der Heizperiode.

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