NRW-CDU stimmt für Koalition mit den Grünen

Stand: 25.06.2022, 20:25 Uhr

Die NRW-CDU sagt klar "Ja" zu einer neuen schwarz-grünen Landesregierung. Von den rund 600 Delegierten auf dem CDU-Parteitag waren nur vier dagegen. Auf dem Parteitag der Grünen könnte es mehr Gegenstimmen geben.

Von Christoph Ullrich

Sechs Wochen nach der Landtagswahl hat die CDU den Weg für eine schwarz-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen frei gemacht. Bei einem Parteitag in Bonn billigte eine große Mehrheit der CDU-Mitglieder den Koalitionsvertrag mit den Grünen.

Großer Jubel für Wüst

"Habt Ihr keine Stühle da hinten? Setzt Euch mal wieder hin, wir haben doch noch nix gemacht", rief Hendrik Wüst in den Bonner Saal, als die anwesenden Parteimitglieder ihn frenetisch beklatschten.

"Dieser Wahlsieg ist ein Mannschaftssieg", sagte Wüst auf dem ersten Parteitag nach der Landtagswahl. Wer dabei nicht unbedingt zur ersten Auswahl gehörte, wurde auch deutlich. Bundesparteichef Friedrich Merz war persönlich nicht vor Ort. Er weilte beim Parteitag der Hamburger CDU.

Der Sauerländer wurde per aufgezeichneter Grußbotschaft zugeschaltet und verkündete, seine Partei sei auch im Bund wieder da. Für das Video gab es kurzen Applaus, nicht zu vergleichen mit den fast schon leidenschaftlichen Emotionen, die Hendrik Wüst zu Beginn des Parteitreffens entgegengebracht wurden.

"Kompromisse und Vertrauen" wurden gefunden

Unmittelbar nach der Videobotschaft ging es um die Inhalte des Vertrags, vorgestellt von Hendrik Wüst. Dass man mit den einst in der Union nicht besonders beliebten Grünen ein Bündnis inhaltlich darstellen könne, ist ein Erfolg, den Wüst deutlich hervorhebt. Es sei etwas mit diesem Vertrag entstanden, das man "nicht wiegen, messen und nachlesen kann: Vertrauen!", sagt der amtierende und wohl auch künftige NRW-Ministerpräsident. Man habe gute Kompromisse gefunden.

Als Beispiel nannte Wüst die Windkraft. Der Koalitionsvertrag kippt Abstandsregeln. Für CDU-Ohren klingt das zwar befremdlich, aber Wüst sagt, dass man trotzdem den Wildwuchs der Anlagen verhindert habe. Er zitierte dabei einen Sauerländer Parteikollegen, der gesagt habe, dass man lieber 50 Windräder an einer Stelle haben wolle, als 50 Anlagen wild verteilt.

Genauer geht Wüst auf die Entscheidungen bei der Schul- und Innenpolitik ein. Als Wüst erwähnt, dass Förderschulen bleiben sollen, wie auch Herbert Reuls Innenpolitik, wird er von Applaus unterbrochen. Es sind für die Partei wichtige Anliegen, die hier mit den Grünen geklärt wurden.

Kritik am Vertrag? So gut wie Fehlanzeige!

"Klick" - so schwärmte Wüst - habe es beim Planungsrecht gemacht. Die Transformation der Wirtschaft gelinge nur, wenn Genehmigungen und Planungen "standartisiert, automatisiert und digitalisiert" würden. Das wollten auch die Grünen.

Keine 15 Minuten dauert Wüsts Rede. Am Ende stimmen von den anwesenden 584 Delegierten nur vier gegen den Koalitionsvertrag. Hinzu kommt eine Enthaltung. Die Aussprache nach der Wüst-Rede fiel kurz aus - nur ein Redner kam mit dem Hinweis, dass man weiter gegen einen "Nationalpark Senne" kämpfen werde. Dies solle der Ministerpräsident den Grünen ausrichten.

Grüne entscheiden in Bielefeld

Für die CDU also ein einfacher Vormittag ohne größere Debatten. Das wird bei den Grünen sicher anders laufen. Die entscheiden in Bielefeld über den Koalitionsvertrag. Ihre Zustimmung gilt zwar auch als sicher, aber das Parteitreffen wird beileibe nicht so reibungslos laufen wie bei der CDU. Vereinzelte Politiker der Partei sind unglücklich, kein Ministeramt bekommen zu haben.

Die Grüne Jugend - anders als bei CDU, SPD oder FDP eher eine kleinere Delegiertengruppe - empfiehlt die Ablehnung einer Koaltion mit der CDU. Trotzdem müsste schon viel schief laufen, wenn der Vertrag an den Grünen scheitern soll.

Am kommenden Dienstag dürfte Hendrik Wüst also erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden - und damit stünde die erste schwarz-grüne Regierung des größten Bundeslandes.

Über dieses Thema berichtet am Samstag, 25.06.2022, unter anderem die Aktuelle Stunde im WDR Fernsehen um 18:45 Uhr.