Elon Musk kauft Twitter - und jetzt?

Stand: 26.04.2022, 16:04 Uhr

Elon Musk kauft den Kurznachrichtendienst Twitter für 44 Milliarden Dollar. Der reichste Mensch der Welt will Twitter von der Börse nehmen - und grundlegend verändern. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Hintergründe und möglichen Folgen.

Von Jörg Schieb

Elon Musk, mit Paypal groß geworden und mit dem Weltraumunternehmen SpaceX und der E-Auto-Marke Tesla vermögend, hat sich jetzt endgültig den weltweit operierenden Kurznachrichtendienst Twitter gesichert. Der als reichster Mensch geltende Multimilliardär gibt rund 44 Milliarden Dollar aus, um die Kontrolle über den Nachrichtendienst mit dem blauen Vogel im Logo zu übernehmen. Der Twitter-Konzern hat die Akquise offiziell bestätigt - der Deal soll noch in diesem Jahr vollzogen werden, wenn die Aktionäre zustimmen.

Elon Musk will Twitter von der Börse nehmen

Der 50-Jährige twittert selbst aktiv, meist mehrmals täglich - und ist mit rund 83 Millionen Followern einer der einflussreichsten Twitterer. Schon seit Wochen kündigt er immer wieder mal an - natürlich in Tweets -, die Plattform übernehmen zu wollen - und dann auch wieder nicht ("Moving on"). Manchmal könnte man den Eindruck haben, dass Twitter sein offizielles Sprachrohr ist. So ähnlich, wie es auch bei Donald Trump der Fall war.

Musk hat in den letzten Wochen im großen Stil Aktien gekauft und sich jetzt aber mit der aktuellen Führung des Konzerns geeinigt: Der Multimilliardär zahlt 54,20 Dollar pro Aktie. Weniger, als einige zuletzt gefordert hatten, die lieber 60 bis 70 Dollar sehen wollten, den Höchststand im vergangenen Jahr.

"Ich möchte Twitter besser machen als je zuvor, indem ich das Produkt mit neuen Funktionen verbessere, die Algorithmen als Open Source zur Verfügung stelle, um das Vertrauen zu erhöhen, die Spam-Bots zu besiegen und alle Menschen zu authentifizieren." Elon Musk

Moderne Maßnahmen soll Vertrauen schaffen

Musk hat schon einige Maßnahmen angedeutet: So will er den Quellcode der Algorithmen veröffentlichen und so die Entscheidungsmechanismen transparent machen. Also jenen Programmcode, der bestimmt, was die Nutzer der Plattform zu sehen bekommen und was nicht. Das wäre in der Tat ein dramatischer Unterschied zu Wettbewerbern wie Facebook, Instagram oder TikTok, die ihren Quellcode wie einen Gral hüten.

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Den Quellcode öffentlich zu machen sorgt für Vertrauen und ist modern. Außerdem will der neue Chef von Twitter "Spam-Bots besiegen". Auch das würden die meisten wohl befürworten, zumindest, wenn auch die Tweets von Bots und Trollfabriken gemeint sind, die in der Regel jeden vernünftigen Diskurs stören bzw. verhindern.

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Wichtigstes Ziel: Die Meinungsfreiheit wiederherstellen

Häufig hat sich Musk in der Vergangenheit kritisch über regulierende Maßnahmen auf Twitter geäußert. Etwa Maßnahmen, die Corona-Leugner einhegen und vor allem die Verbreitung von Desinformation eindämmen sollten. Musk hat angekündigt, Twitter wieder zu einer Plattform machen zu wollen, auf der komplett freie Meinungsäußerung herrscht.

"Ich hoffe, selbst meine ärgsten Kritiker bleiben auf Twitter, denn das ist es, was Meinungsfreiheit ausmacht", schreibt Elon Musk am Montag auf Twitter. Ein Hinweis darauf, was Musk - zumindest offiziell - am Herzen liegt: Er möchte Twitter wieder zu einer Plattform machen, auf der Meinungsfreiheit großgeschrieben wird. Wenn es nach ihm geht, soll es keine Sperrungen wie bei Ex-Präsidenten Donald Trump mehr geben. Ob die Sperrung von Trumps Konto aufgehoben wird, ist übrigens noch nicht klar - und der frühere US-Präsident hat in Interviews zuletzt ohnehin angekündigt, nicht zu Twitter zurückkehren zu wollen.

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Neue EU-Regeln könnten Musks Pläne stören

Allerdings wird auch ein Elon Musk mit und auf Twitter nicht machen können was er will - insbesondere in Europa. Denn gerade am Wochenende hat das EU-Parlament den "Digital Services Act" beschlossen, der Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzern - und darunter fällt Twitter eindeutig - in Zukunft erhebliche Auflagen macht.

So wird es künftig in der gesamten EU Regeln geben, die an das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) erinnern, um Hass und Hetze einzudämmen und strafbare Handlung auf den Plattformen zu ahnden. Auch müssen Plattformen sich für die Wissenschaft öffnen, Transparenzberichte abliefern und gegen Desinformation oder Kriegsverherrlichung vorgehen.

Elon Musks Pläne, eine Art Über-Plattform zu schaffen, auf der keine Regeln gelten, werden sich - zumindest in der EU - kaum umsetzen lassen.

Nutzerinnen und Nutzer müssen jetzt nicht unverzüglich Veränderungen befürchten - oder erwarten. Einen Deal dieser Größenordnung abzuwickeln, dauert einige Monate. Erst dann kann Elon Musk mit den konkreten Umbaumaßnahmen beginnen.

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.