Sonderurlaub wegen Menstruation: "Gefahr der Stigmatisierung"

Stand: 18.05.2022, 06:00 Uhr

Spanien will Frauen bei Regelbeschwerden per Gesetz das Recht zusprechen, sich von der Arbeit befreien zu lassen. Ist das auch ein Modell für Deutschland? Eine Einschätzung gibt Franka Frei im WDR-Interview. Die Autorin wurde bekannt mit dem Sachbuch "Periode ist politisch".

Die monatliche Periode von Frauen ist augenscheinlich immer noch ein mit vielen Tabus besetztes Thema. In Spanien wird darüber diskutiert, Frauen mit starken Regelschmerzen künftig von der Arbeit freizustellen. Und in Deutschland? Antworten gibt dem WDR die Autorin Franka Frei, die mit dem Sachbuch "Periode ist politisch" bekannt geworden ist.

WDR: Ist Menstruation grundsätzlich immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema in Deutschland?

Franka Frei: Menstruation wurde schon in der Antike als fehlerhaft betrachtet, für Unheil und Übel verantwortlich gemacht, dass Milch sauer wird und Bienen sterben. Menstruation war der Sündenbock für alles. Bis heute werden Menstruierende als weniger kompetent eingestuft, als grundsätzlich beschämenswert, wenn man in der Öffentlichkeit blutet.

WDR: Spanien tendiert in seinem Bestreben, menstruierende Frauen beruflich zu entlasten, zwischen zwei Lagern: Zustimmung und Ablehnung aus dem Grund, dass Frauen als menstruierende Personen stigmatisiert würden. Wie sehen Sie das?

Frei: Ich sehe auch die Gefahr der Stigmatisierung. Es ergibt wenig Sinn, Frauen als menstruierende Gruppe zu verallgemeinern. Der spanische Gesetzesentwurf sieht ja auch vor, dass man sehr starke Beschwerden haben muss, um einen Ausgleich für den Arbeitsausfall zu bekommen. Die Gefahr liegt darin, Frauen als weniger leistungsfähige Gruppe zu betrachten - auch von Arbeitnehmern.

WDR: Gibt es Ihrer Meinung nach eine grundsätzliche männliche Angst vor dem weiblichen Körper und damit vor der Menstruation?

Frei: Das ist eine lustige Frage. Das Problem liegt nicht an einzelnen Männern, es ist ein gesellschaftliches.

WDR: Was ist denn das grundsätzliche Problem?

Frei: Menstruation und Schwangerschaft sind untrennbar miteinander verbunden. Es geht um den Überbegriff 'reproduktive Gesundheit'. Der sollte auch bei Männern viel mehr im Vordergrund stehen.

Das Interview führte Frank Menke.