Außer Melnyk wurden zunächst ohne Begründung auch die Botschafter der Ukraine in Norwegen, Tschechien und Ungarn sowie Indien entlassen.
Berichte über Rückkehr nach Kiew
Anfang der Woche hieß es bereits, dass Melnyk ins Außenministerium nach Kiew wechseln sollte. Unter anderem die "Süddeutsche Zeitung" berichtete unter Berufung auf ukrainische Quellen, der Botschafter solle im Herbst zurückkehren. Noch im Herbst könnte er stellvertretender Außenminister werden, schrieb die "Bild"-Zeitung.
Im Dekret, das am Samstag auf der Webseite des ukrainischen Präsidialamtes bekannt gegeben wurde, steht dazu nichts. Dort wird nur kurz von der "Entlassung" des Botschafters berichtet. Melnyk war seit 2015 Botschafter in Deutschland.
Umstrittenes Interview zu Bandera
Melnyk wurde zuletzt massiv dafür kritisiert, dass er den ukrainischen Nationalistenführer Bandera verteidigt hatte. In Deutschland, Israel und vielen anderen Ländern wird Banderas Rolle im Zweiten Weltkrieg äußerst kritisch gesehen. Bandera war während des Zweiten Weltkriegs Anführer des radikalen Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Nationalistische Partisanen aus dem Westen der Ukraine waren 1943 für ethnisch motivierte Vertreibungen verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische und jüdische Zivilistinnen und Zivilisten ermordet wurden.
Melnyk wies Vorwürfe zurück
Anfang Juli wies Melnyk nach tagelangem Schweigen den Vorwurf zurück, er habe mit seinen Äußerungen über Bandera den Holocaust verharmlost. "Jeder, der mich kennt, weiß: Immer habe ich den Holocaust auf das Schärfste verurteilt", schrieb Melnyk am Dienstag auf Twitter. Die Vorwürfe gegen ihn seien "absurd".
Über die Entlassung von Melnyk berichteten wir in den WDR-Hörfunknachrichten und im WDR-Fernsehen in der Aktuellen Stunde am 9. Juli 2022.