Klimaaktivist wird Wettkönig und will Lützerath retten

Stand: 20.11.2022, 08:26 Uhr

Ein Klimaaktivist, der mit anderen Aktivisten das Braunkohle-Dorf Lützerath besetzt, ist Wettkönig in der ZDF-Show "Wetten, dass..?" geworden. Mit dem Preisgeld will er das Dorf vor den Baggern retten.

Der Klimaaktivist Marten Reiß gewann seine Wette am Samstagabend in der Show mit Thomas Gottschalk, die live aus Friedrichshafen gesendet wurde. Der 41-jährige 3D-Designer erkannte drei Mal unter mehr als 1.000 Fingerabdrücken einen einzigen, der ausgetauscht worden war. Das habe mit seiner 3D-Erfahrung und seinem "Kreuzblick" zu tun. "Kreuzblick ist eine Methode, mit der man 3D-Bilder durch Schielen sehen kann. Mit der Methode kann man solche Suchbilder finden. Dann schimmert der gesuchte Fingerabdruck etwas und sticht hervor", erklärte Reiß nach der Sendung dem WDR. 

Große Show-Bühne für Klimaaktivist aus NRW: "Lützerath ist gerettet!"

Riesen-Jubel bei Marten Reiß. Der 3-D Designer und Umweltaktivist räumte bei "Wetten, dass...? ein Preisgeld von 50.000 Euro ab. Das Geld will er für die Rettung des Dorfes Lützerath ausgeben.

Die Wette von Marten Reiß: Innerhalb von jeweils einer Minute will er unter mehr als 1.000 Fingerabdrücken einen beliebig ausgetauschten Abdruck finden. Dabei sieht er die Fingerabdrücke immer nur ausschnittsweise und für wenige Sekunden. Drei von vier nacheinander ausgetauschten Abdrücken muss er finden.

Auf zwei Monitoren sind identische Fingerabdrücke zu sehen. Dann wird zuerst einer der Fingerabrücke auf dem rechten Monitor gegen den Fingerabdruck von Thomas Gottschalk ausgetauscht. Marten Reiß findet ihn.

Als Nächstes wird einer der Fingerabdrücke auf dem linken Monitor gegen den von Michelle Hunziker getauscht. Auch diesen erkennt Marten Reiß in der vorgegebenen Zeit - allerdings erst sechs Sekunden vor Schluss.

Zur gleichen Zeit im Braunkohledorf Lützerath. Dort verfolgen an dem Abend knapp 100 Menschen die Wette. Im "Hof Paula" schauen die Aktivisten bei Temperaturen von um die zwei Grad Celsius gemeinsam "Wetten, dass..?".

Marten Reiß findet auch noch den Fingerabdruck seiner Wettpatin - Fußballerin Guilia Gwinn. Damit hat er die Wette gewonnen. Durch Schielen habe er die Fingerabdrücke von beiden Monitoren übereinander gelegt - der ausgetauschte Fingerabdruck schimmere ein bisschen, sagt er.

Als Marten Reiß sagt, er wolle ein mögliches Preisgeld für den Erhalt von Lützerath einsetzen, erschallen "Lützi bleibt"-Rufe aus dem Publikum. "Heute haben sicher viele zugeschaut, die von Lützerath noch nie was gehört haben", kommentiert Thomas Gottschalk. "Und dass du ein Genie bist, steht außer Frage."

Am Ende wählten tatsächlich 52 Prozent der Zuschauer Marten Reiß, der seit zwei Jahren in dem vom Abriss bedrohten Ort Lützerath lebt, zum Wettkönig. Thomas Gottschalk meint dazu: "Lützerath ist gerettet!"

Moderator Gottschalk nannte die Wette "unglaublich". Und wie ist Gefühl als Wettkönig? "Ziemlich überwältigend. Vielleicht könnt ihr mich das morgen nochmal fragen, dann weiß ich auch, wie man das artikulieren soll." 

Reiß lebt seit zwei Jahren in dem vom Abriss bedrohten Ort Lützerath. Als Wettkönig will er sein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro an Initiativen zur Rettung von Lützerath spenden, wie er im Vorfeld und noch einmal in der Sendung versprach. Er wolle eine Genossenschaft unterstützen, "die sich zum Ziel gesetzt hat, Grundstücke zu kaufen, bevor RWE sie abbaggern kann".

Der Energiekonzern RWE hatte zuletzt grünes Licht aus der Politik erhalten, um die Braunkohleförderung voran zu treiben und den Tagebau Garzweiler II zu erweitern. Die Klimaaktivisten der Initiative hatten bei der Demo vergangene Woche angekündigt, dagegen kämpfen zu wollen. Die Pressesprecherin der Initiative "Lützerath lebt", Milena Steinegger, sagte dem WDR, der Abriss sei noch nicht zu 100 Prozent beschlossen: "Mit dem Geld wollen wir weiter Widerstand gegen den Abriss leisten und unsere Aktivisten hier unterstützen."

Klimaaktivisten fieberten vor dem Fernseher

Marten Reiß bekam als Wettkandidat Unterstützung aus der gesamten Klimaszene. Der Ort Lützerath spielt eine symbolische Rolle für Klimaaktivisten über die Grenzen von NRW hinaus. Auch die knapp 100 Menschen, die den Ort Lützerath besetzten, schauten am Abend im "Hof Paula", einer Art umgebauten Scheune, bei Temperaturen von um die zwei Grad Celsius gemeinsam "Wetten, dass..?".

52 Prozent stimmen für Marten Reiß

Mitten in der Wette fiel plötzlich der Beamer aus. Dann lief er wieder und es gab großes Aufatmen in der warm angezogenen Menge. Im ZDF-Publikum riefen Klimaaktivisten aus Lützerath "Lützi bleibt" und die Aktivisten vor der Leinwand applaudierten und taten es ihnen gleich. Kurz nach der Telefonabstimmung unter den Zuschauern, bei der Reiß mit 52 Prozent klar gewann, gab es kein Halten mehr. Die Menge rastete aus vor Freude. "Das war eine recht deutliche Abstimmung am Ende, faszinierend also schon überwältigend", kommentierte der Wettkönig gegenüber dem WDR.

In einer Mitteilung der Initiative vom Donnerstag hatte es geheißen: "Wir wetten nicht nur, dass Marten seine Wette gewinnt, sondern auch, dass Lützi bleibt!" Tausende Menschen hätten angekündigt, das Dorf bei einem Räumungsversuch zu verteidigen. Würde die Braunkohle abgebaggert, könne Deutschland die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5 Grad-Grenze nicht einhalten.

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