Scholz offenbar zu Leopard-Lieferung bereit

Stand: 19.01.2023, 15:55 Uhr

Die Ukraine fordert seit Monaten schwere Waffen für den Kampf gegen die russischen Angriffstruppen. Offenbar ist Bundeskanzler Scholz nun zur Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern bereit - unter einer Bedingung.

Das EU-Parlament hat am Mittwoch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, Lieferungen von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine zu ermöglichen. Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos hüllte sich Scholz in dieser Frage noch in Schweigen.

Laut Berichten von "Süddeutscher Zeitung" und "Wall Street Journal" soll Deutschland allerdings nun doch bereit sein, der Ukraine Kampfpanzer des Typs "Leopard 2" zu liefern. Beide berufen sich auf Regierungskreise. Offenbar stellt die Bundesregierung aber eine Bedingung: Nur wenn die USA gleichzeitig "Abrams"-Kampfpanzer in die Ukraine schicke, gebe es grünes Licht der Bundesregierung für deutsche Kampfpanzer.

Selenskyi kritisiert Deutschlands Zögern

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Deutschlands Zögern bei der Lieferung von Leopard-Kampfpanzern kritisiert. "Es gibt Zeiten, in denen man nicht zögern und vergleichen sollte", sagte Selenskyj am Donnerstag per Videoansprache in Davos. Er halte es nicht für die richtige Strategie, "wenn jemand sagt: 'Ich werde Panzer geben, wenn jemand anderes auch Panzer gibt'".

Doch um wie viele Panzer aus Deutschland geht es eigentlich? Und um wie viele aus anderen Ländern? Und was ist der Unterschied zwischen dem Leopard 1 und dem Leopard 2? Antworten hat unser Rüstungsfachmann Ulrich Ueckerseifer aus der WDR-Wirtschaftsredaktion.

Wie viele Leopard-Panzer könnte Deutschland liefern?


Die Bundeswehr verfügt zwar über mehr als 300 Leopard 2. Aber wie der "Spiegel" schreibt, sollen davon derzeit nur rund 130 einsatzfähig sein. Die Bundeswehr könnte sehr bedingt Leopard-Panzer abgeben. Anders ist das bei den Leopard-Panzern, über die der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall verfügt.

Rheinmetall hat insgesamt 110 Leopard-Panzer. Davon stehen 88 Leopard 1 auf dem Hof. Hinzu kommen 22 Leopard 2. Das ist das Modell, das die Ukraine unbedingt haben möchte. Das Unternehmen bereitet sich nach einem Bericht des "Handelsblatts" auch auf die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine vor. Demzufolge könnten in diesem jahr 20 Kampfpanzer vom Modell Leopard 1 und innerhalb von 20 Monaten weitere 80 neu ausgerüstet werden.

Neben den Leopard-Panzern könnte Rheinmetall zudem britische Panzer vom Modell Challenger 1 kaufen und für die Ukraine aufbereiten. Auch die Flensburger Rüstungsfirma FFG habe angeboten, Leopard 1 für die Ukraine nachzurüsten. 

Wie kommt Rheinmetall überhaupt an Leopard-Panzer?

In der Tat wurde der Leopard hauptsächlich vom Münchner Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann hergestellt, dem anderen deutschen Panzerbauer. Aber Rheinmetall hat die Leopard-Panzer von verschiedenen Armeen zurückgekauft, als diese ausgemustert wurden. Das ist ein ganz typisches Vorgehen in der Industrie.

Es ist nämlich teuer, so einen Panzer komplett neu zu bauen. Und deswegen wird zum Beispiel oft die Wanne, also die Basis des Panzers, noch einmal verwertet. In früheren Zeiten ist daraus oft ein neues Fahrgestell für einen Brückenlegepanzer, Bergepanzer oder Fahrschulpanzer gemacht worden.

Was unterscheidet den Leopard 1 vom Leopard 2?

Der Leopard 1 ist der erste deutsche Kampfpanzer der Bundeswehr gewesen, eine Entwicklung aus den 1960er-Jahren, der dann mehrfach weiterentwickelt wurde. Der Leopard 1 ist eigentlich veraltet, auch in seiner nachgerüsteten Variante. Er hat eine schwache Panzerung und für einen Kampfpanzer eine veraltete Kanone. Bei der russischen Armee sind ähnlich alte Panzer im Einsatz.

Der Leopard 2 war der Standardpanzer der Bundeswehr zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung und ist danach in mehr als zehn Länder exportiert worden – unter anderem nach Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Spanien und auch nach Polen. Er ist im Grunde der Standardpanzer in ganz Westeuropa.

Der Leopard 2 ist vielen russischen Panzern, die jetzt in der Ukraine in Massen eingesetzt werden, deutlich überlegen. Das liegt unter anderem an der 120 Millimeter-Kanone von Rheinmetall, sie gilt als eine der besten der Welt. Sie hat eine gute Stabilisierung. Das heißt konkret: Der Panzer kann im Fahren schießen und Ziele auf mehrere Kilometer Entfernung treffen. Das können nur ganz wenige Panzer. Er ist außerdem gut geschützt. Das ist hochinteressant für die Ukraine. Denn die eigene Besatzung hat bei Treffern eine viel bessere Überlebenschance als zum Beispiel in russischen Panzern.

Der Leopard-Panzer: Typ 1 und 2

Leopard-Panzer - wie sehen sie eigentlich aus? Unsere Fotogalerie zeigt es!

Panzer vom Typ Leopard 1 der Bundeswehr bei einer militärischer Übung im Gelände. Die Aufnahme entstand 1999.

Der Leopard 1 bei der Fahrt durchs Gelände. Die Aufnahme wurde im Jahr 2000 gemacht.

Ein Panzer des Typs Leopard 2 A6 fährt auf einen Schwerlasttransporter. Der Panzer hat dabei ungefähr ein Gewicht von 60 Tonnen. Das Bild wurde 2008 in Bayern aufgenommen.

Drei Panzer vom Typ Leopard 2 A4 der polnischen Armee stehen in einer Reihe im Gelände.

Ein slowakischer Soldat fährt einen Fahrschulpanzer vom Typ Leopard 2 durch ein Gelände.

Der Panzer Leopard 2 A6 bei einer Übung der Bundeswehr in Bergen, Niedersachsen.

Ein spanischer Armeepanzer des Typs Leopard 2 feuert während der Endphase der militärischen Übung Silberpfeil 2022 auf dem Truppenübungsplatz Adazi (Lettland).

Wie könnte die Ukraine an eine größere Menge an Leopard-2-Panzern kommen?

Wortwörtlich heißt es in dem Antrag der Grünen, dem das EU-Parlament am Mittwoch mit großer Mehrheit zugestimmt hat: Das Europaparlament fordere Scholz dazu auf, "ein europäisches Konsortium relevanter europäischer Länder zu initiieren, um ohne weitere Verzögerung Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern".

Wenn sich also mehrere europäische Länder dazu entschließen sollten, der Ukraine Leopard-2-Panzer zu liefern, dann käme man schnell auf mehr als Hundert. Und das ist dann schon eine Größenordnung, die die Ukraine in eine ganz andere Lage als die jetzige versetzen würde.

Die Ukraine fordert schon seit längerer Zeit von ihren Unterstützern die Lieferung schwerer Panzer für den Kampf gegen die russischen Angriffstruppen. Polen hatte sich zur Lieferung von eigenen Leopard-Panzern an Kiew bereit erklärt. Da diese Panzer in Deutschland gebaut wurden, müsste jedoch die Bundesregierung grünes Licht für die Lieferung geben.

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