Coronakrise: Immer mehr Mieter beantragen Wohngeld

Stand: 07.06.2020, 10:00 Uhr

  • Westpol-Umfrage: Zunahme bei Wohngeld-Anträgen
  • Mieterschutz im Schatten von Corona in Gefahr
  • Kritik an Bauministerin Scharrenbach (CDU)

Von Anne Bielefeld und Moritz Börner

Durch Corona sind hunderttausende Menschen in NRW in Kurzarbeit, die Arbeitslosenquote ist mittlerweile auf 7,7 Prozent gestiegen. Dadurch haben immer mehr Menschen Schwierigkeiten, ihre Miete zu bezahlen. Das zeigen Zahlen, die das WDR-Magazin Westpol stichprobenartig in 13 kleineren und größeren Kommunen in NRW recherchiert hat.

Mehr Menschen brauchen Hilfe bei der Miete

So ist in Neuss ist die Zahl der Wohngeldanträge seit März um 15 Prozent gestiegen. In Essen sind 35 Prozent mehr Wohngeldanträge eingegangen. In Düsseldorfer fragen derzeit dreimal so viele Menschen nach einem Zuschuss zur Miete. Auch Paderborn hatte im Mai mit 200 Anträgen überproportional hohe Fallzahlen.

Scharrenbach: „Keine Verlängerung des Kündigungsschutzes“

Besorgniserregend: Nach dem 30. Juni 2020 haben Vermieter wieder die Möglichkeit, ihren Mietern bei Zahlungsverzug zu kündigen. Der durch Corona bedingte bundeseinheitliche Kündigungsschutz läuft dann aus. SPD und Sozialverbände fordern eine Verlängerung. Die Landesregierung unterstützt das nicht. Laut NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) habe die Regelung mehr geschadet als geholfen. "Mit dem Gesetz wurde signalisiert: Mieter ihr könnt aussetzen, Vermieter ihr könnt alles weiter bezahlen."

Mieterschutz wird weiter eingeschränkt

Mieter in Nordrhein-Westfalen werden es auch künftig nicht einfacher haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Mitten in der Coronakrise hat die Landesregierung eine neue Mieterschutzverordnung auf den Weg gebracht. Bislang konnten Vermieter in NRW die Preise noch in 37 Kommunen nur begrenzt - um 15 Prozent - erhöhen. Eigentlich gilt eine Regelung von 20 Prozent.

Ab dem 01. Juli 2020 gilt dann diese begrenzte, so genannte Kappungsgrenze nur noch in 18 Städten und Gemeinden - laut Landesregierung also nur noch in Gebieten mit "angespanntem Wohnungsmarkt". Dort soll ein drastisches Anheben der Mieten in kurzer Zeit verhindert werden. Aber auch Großstädte im Ruhrgebiet wie Essen, Bochum, Dortmund und Mülheim an der Ruhr sind aus der Mieterschutzverordnung herausgefallen. Dabei hatte Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) genau diesen Städten erst im vergangenen Jahr mehr Mieterschutz eingeräumt.

Kritik an CDU-Ministerin aus den eigenen Reihen

Jetzt beruft sich die Politikerin bei ihrer Entscheidung auf neues Gutachten. Damit fallen auch andere Großstädte aus der Mieterschutzverordnung. Paderborn, Bielefeld, Langenfeld, Neuss und Aachen sind ebenfalls nicht mehr dabei. Viele Bürgermeister kritisieren die Entscheidung. Marcel Philipp, CDU-Bürgermeister in Aachen: "Wir glauben schon, auch in diese Verordnung rein zu gehören. Und deswegen wundern wir uns sehr, dass die Beurteilung der Lage da anders ist."

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