Stadtwerke in Not: Warten auf den Schutzschirm

Stand: 26.09.2022, 15:34 Uhr

Die Energiekrise macht auch vor den Stadtwerken in NRW nicht halt. Die Forderungen nach Hilfen werden lauter. Doch die Landesregierung scheint uneins zu sein.

Von Christian WolfChristian Wolf

In den letzten Wochen wurde viel über den Düsseldorfer Gasimporteur Uniper gesprochen, der wegen der ausbleibenden russischen Gaslieferungen in eine Krise gestürzt ist und nun verstaatlicht werden soll. Doch auch an anderer Stelle sorgt der verrückt gewordene Energiemarkt für Probleme. So fürchten auch die Stadtwerke im Land, dass sie in den Abwärtsstrudel mit reingezogen werden.

"Wir haben als Stadtwerke gerade eine extrem anspruchsvolle Situation", sagt zum Beispiel Ron Keßeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Coesfeld. Für die Beschaffung von Gas und Strom müsse auf dem Markt derzeit das 10- bis 13-fache bezahlt werden. Finanzielle Polster aus der Vergangenheit würden aufgebraucht.

Doch mehr und mehr Stadtwerke seien in Not. "Sie können zum Beispiel gar keine Energie mehr kaufen, weil die Sicherheiten, die sie hinterlegen müssen, gar nicht mehr gestemmt werden können. In diese Lage will ich nicht kommen. Denn sobald ich keinen Strom oder kein Gas mehr kaufen kann, kann ich auch nichts mehr liefern."

Uniper verstaatlicht – was wird aus den Stadtwerken im Land?

WDR RheinBlick 23.09.2022 28:53 Min. Verfügbar bis 21.09.2028 WDR Online


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Städtebund fordert einen Rettungsschirm

Auch den Kommunen sind die Probleme bekannt. So beklagt der Städte- und Gemeindebund NRW, dass die Stadtwerke mit dem Rücken zur Wand stehen. Es sei nur noch eine Frage von Wochen, bis die finanziellen Reserven zu Neige gingen und die Handlungsunfähigkeit drohe.

Deshalb die Forderung in Richtung Politik: Einen Rettungsschirm für die Stadtwerke spannen, Insolvenzen verhindern und Bürgschaften auf den Weg bringen. "Man muss den Schirm aufspannen, bevor der Regen fällt", sagt Philipp Stempel, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW. Die Forderungen richteten sich an den Bund sowie an das Land.

Keine klare Linie der NRW-Landesregierung

Doch was genau die Landesregierung derzeit plant, ist unsicher. Aus den zuständigen Ministerien kommen unterschiedliche Signale. So hatte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) Anfang Juli angekündigt, einen Schutzschirm für Stadtwerke vorzubereiten und gesagt, dass entsprechende Prüfungen liefen.

Acht Wochen später gab es dann aber aus dem Ministerium keinen Kommentar mehr dazu. Und auch eine aktuelle WDR-Anfrage wurde am Montag ausweichend beantwortet. Die eigenen Vorschläge aus dem Sommer wurden nicht erwähnt. Stattdessen richtet sich die Forderung, die Stadtwerke abzusichern, nur noch an den Bund.

Dafür wagte am Montag plötzlich Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) einen eigenen Vorstoß und brachte Hilfen des Landes ins Spiel. "Würden Stadtwerke zahlungsunfähig, würden grundlegende Dienstleistungen ausfallen. Die Folgen wären katastrophal für uns alle", sagte sie dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Deswegen bin ich dafür, dass Bund und Länder den Bestand der Stadtwerke bei drohenden Zahlungsausfällen durch Liquiditätshilfen sichern."

Auf WDR-Nachfrage, welche konkreten Hilfen von Seiten der Landesregierung geplant seien, teilte das Ministerium mit, dass "mit Hochdruck" geprüft werde, wie die Liquidität der Stadtwerke gesichert werden könne. "Dabei strebt die Landesregierung idealerweise eine bundeseinheitliche und faire Lösung an, bei der die Lasten auf alle Schultern verteilt werden." Einen NRW-Schutzschirm soll es also erst einmal nicht geben.

FDP erhöht den Druck

Genau das stört die oppositionelle FDP. So beklagt Fraktionschef Henning Höne auf WDR-Anfrage: "Den warmen Worten der Ministerinnen Mona Neubaur und Ina Scharrenbach sind bisher keine Taten gefolgt. Den angekündigten Schutzschirm für einige Stadtwerke gibt es bisher nicht." Dabei dränge die Zeit. Das Land müsse "dringend" einen Schutzschirm über die Stadtwerke in NRW spannen. Bürgschafts- und Liquiditätshilfen wie in der Coronakrise können dabei ein Teil der Lösung sein.

Über dieses Thema berichten wir auch im WDR-Hörfunk am 27.9.2022 im WDR 5 Morgenecho.