Eishockesspieler

Energiekrise trifft Sportvereine hart

Stand: 07.10.2022, 17:26 Uhr

Für die fast 18.000 Sportvereine in NRW gibt es nach der Pandemie den nächsten Rückschlag: die Energiekrise. NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) will zwar helfen, sagt aber nicht wie.

Von Martina Koch

Es war ein Schock für den Eishockeyverein Ice Aliens 97 in Ratingen. Mitte August hatte die Stadt entschieden, die Eisaufbereitung in der Halle auf Ende September zu verschieben.

„Wir hatten Angst, dass wir hier gar nicht mehr spielen dürfen.“, beschreibt John Habura aus der Nachwuchsmannschaft die Gefühle im Team. Der 19-jährige spielt seit 16 Jahren Eishockey. Einige hätten überlegt, den Verein zu wechseln.

Immerhin hat die Stadt Ratingen dem Verein die Anmietung von Trainingszeit in der Eishalle Wesel bezahlt. Doch nicht alle hätten sich die lange Anfahrt zeitlich oder finanziell leisten können, klagt Vereinschef Rainer Merkelbach. Und der „Bambini-Tag“ für die Nachwuchsgewinnung musste auch ausfallen.  

20 Prozent Energiesparziel in den Kommunen

Patrick Anders, CDU

Patrick Anders, Sportdezernent

Die Eishalle gehört der Stadt Ratingen. Durch die Reduzierung der Eislaufzeit um fast sechs Wochen sei ein Großteil der Energiesparvorgabe bereits erfüllt worden, begründet Sportdezernent Patrick Anders (CDU) die harte Entscheidung. „Wir haben darauf geachtet, dass keine Anlage per se gesperrt werden muss.“, so Anders. Auch in der Energiekrise wolle die Stadt alle Sportangebote aufrechterhalten. Das gilt auch für die Schwimmbäder.

Erste Schwimmbäder im Land außer Betrieb

Der Schwimmverband NRW hatte im August eine Umfrage durchgeführt. Damals waren 17 Bäder ganz oder teilweise geschlossen. Das Bad in Porta Westfalica zum Beispiel bleibt mindestens bis Dezember wegen der hohen Energiekosten geschlossen. Noch ist das die Ausnahme - laut der Umfrage. Fast die Hälfte der Bäder senkt die Wassertemperatur, um den Gasverbrauch zu reduzieren.

Marc Bunse, Geschäftsführer der Stadwerke Ratingen

Marc Bunse, Stadwerke Ratingen

Das ist auch in Ratingen so. Allerdings sei man an der Grenze angekommen, so Marc Bunse, Geschäftsführer der Stadtwerke Ratingen. Der nächste Schritt wäre eine Schließung der Bäder. Und bei einer Gasmangellage wären aus Sicht der Stadtwerke Freizeiteinrichtungen zuerst abzuschalten – vor der Industrie und Privathaushalten, so Bunse.

Noch dürfen die Kinder vom TV Ratingen also weiter trainieren. Bei 26 Grad Wassertemperatur frieren sie allerdings schnell und könnten die Motivation verlieren. Diese Befürchtung hat der Vereinsvorstand. Es wäre eine Katastrophe für die Gesundheit, wenn die Kinder nach der Pandemie jetzt wieder keine Bewegung hätten, so Claudia Erwes-Sidar vom TV Ratingen.

Immer weniger Sportvereine in NRW

Landesweit nimmt die Zahl der Sportvereine seit Jahren ab. Das läge auch daran, dass kleinere Vereine fusionieren, erklärt der Landessportbund auf Anfrage des WDR. In der Pandemie wurden es rund 400 Vereine weniger und 180.000 Mitglieder gingen verloren.

Der TV Ratingen ist ein größerer Verein mit mehreren Sportarten. Die in der Pandemie rund 1000 verlorenen Mitglieder seien inzwischen wieder hinzugewonnen worden, so der Vorstand. Jetzt leidet der Verein allerdings unter einer Verfünffachung der Energiekosten. Und die könne man nicht durch eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge auffangen.

Landesgelder in der Pandemie nicht ausgeschöpft

In der Pandemie hätten dem TV Ratingen die Corona-Überbrückungshilfen sowie die Sport-Fördergelder des Landes sehr geholfen. 30 Euro gab es für jedes verlorene Mitglied. Allerdings konnten insgesamt nur rund 14 Prozent der Vereine landesweit davon profitieren. An knapp 2500 Vereine seien rund 22 Millionen Euro ausgezahlt worden, so die Staatskanzlei gegenüber dem WDR. Acht Millionen Euro blieben liegen.

Vereine warten auf Hilfe

In der Energiekrise will der NRW-Ministerpräsident Hendrick Wüst (CDU) auch den Sportvereinen helfen. Doch zunächst müsse Klarheit darüber bestehen, wie die Lastenteilung zwischen Bund und Ländern aussehe, so die Staatskanzlei. Bei den Gesprächen dazu in dieser Woche gab es bekanntlich keine Einigung.

Eishockesspieler

Eishockspieler John Habura (dritter v. links)

Das frustriert natürlich die Vereine. Es sei das gleiche Bild wie in der Pandemie, so Claudia Erwes-Sidar vom TV Ratingen. „Die Sportvereine fallen wieder hinten rüber.“ Und Eishockspieler John Habura von den Ice Aliens wünscht sich, dass die Politik sich selber mal anschaue, wie es in einem kleineren Verein so aussehe.

Über das Thema berichtet der WDR auch in der Sendung "Westpol", WDR-Fernsehen am 09.10.2022 um 19:30 Uhr.

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