Kreuz in Klassenzimmer

Mehr gemeinsamer Unterricht für Katholiken und Protestanten

Stand: 19.12.2022, 18:09 Uhr

An den Schulen in NRW gibt es immer weniger katholische und evangelische Schüler. Eine Folge daraus: gemeinsamer Religionsunterricht. Selbst das Erzbistum Köln macht bald mit.

Von Christian WolfChristian Wolf

Zwar werden in wenigen Tagen zu Weihnachten die Kirchen im Land wieder voll sein, wenn die feierliche Stimmung viele Menschen dazu bringt, mal wieder in den Gottesdienst zu gehen. Doch an der generellen Entwicklung ändert das nichts: Die christlichen Kirchen verlieren an Strahlkraft und Bindung. Die hohen Zahl an Kirchenaustritten in Nordrhein-Westfalen belegt das.

Ein Unterrichtsfach, zwei religiöse Perspektiven

Katholiken und Protestanten stellt das vor Herausforderungen: So werden Gemeinden zusammengelegt, damit die geistliche Betreuung der weniger werdenden Gläubigen funktioniert. Doch auch im Bildungssystem besteht Handlungsbedarf. An den Schulen in NRW nimmt die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit katholischer oder evangelischer Konfession seit Jahren ab.

Wie kann der Religionsunterricht da noch flächendeckend angeboten werden? Eine Lösungsidee lautet "konfessionell-kooperativer Religionsunterricht" (kokoRu). Der wurde 2018 in NRW eingeführt und besagt, dass evangelische und katholische Schüler gemeinsam unterrichtet werden. Schulen müssen die Kooperation beantragen und die betroffenen Lehrerinnen und Lehrer fortgebildet werden. Denn: Evangelische und katholische Lehrkräfte unterrichten im jährlichen oder halbjährlichen Wechsel, damit die Schüler beide konfessionellen Perspektiven kennenlernen.

Christen "zunehmend eine Minderheit"

Am Montag zogen NRW-Schulministerin Dorothee Feller und Vertreter beider Kirchen eine positive Bilanz. So verwies die CDU-Politikerin darauf, dass der gemeinsame Religionsunterricht inzwischen an 536 Schulen für über 108.500 Kinder und Jugendliche im Land angeboten werde. Zum Start vor vier Jahren seien es noch 184 gewesen. Der "kokoRu" spiele damit eine "ganz entscheidende Rolle", um die in der Verfassung festgeschriebene Garantie für bekenntnisorientierten Religionsunterricht einzulösen. Es handele sich um "gelebte Ökumene".

Antonius Hamers, Vertreter der katholischen Kirche bei Landtag und Landesregierung, sagte, das Modell sei die Antwort darauf, dass die Schülerschaft nicht mehr zu 90 Prozent aus Katholiken oder Protestanten bestehe, "sondern, dass wir zunehmend eine Minderheit werden und dementsprechend auch in dieser Frage kooperieren müssen, um einen Religionsunterricht zu gewährleisten".

Auf einer Schultafel steht das Wort Religion.

Rüdiger Schuch vom Evangelischen Büro verwies auf eine Studie, laut der sich fast alle Lehrkräfte eine Fortführung des gemeinsamen Religionsunterrichtes wünschten. Der Autor der Evaluation, Ulrich Riegel von der Universität Siegen, stellte generell eine hohe Akzeptanz fest. Lehrer, Schulleitungen, Schüler und Eltern seien "weitgehend zufrieden" und es habe nur ganz wenige kritische Stimmen gegeben. Die Schüler begrüßten es, dass sie sich mit der jeweils anderen konfessionellen Sicht auseinandersetzen könnten.

Erzbistum Köln: Vom Abblocken zum Mitmachen

Selbst einstige Skeptiker konnten inzwischen überzeugt werden. Im Sommer teilte das Erzbistum Köln mit, dass ab dem Schuljahr 2023/2024 auch dort von Schulen der gemeinsame Religionsunterricht beantragt werden kann. In der Vergangenheit hatte sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki noch als einziger katholischer Bischof in NRW dagegen gesperrt. Im Sommer begründete der konservative Kirchenmann sein Umschwenken mit den "weiteren Schritten im ökumenischen Dialog" und den Erfahrungen mit dem konfessionellen Religionsunterricht.