Wirtschaftsexperten: Bürger sollen Geld ausgeben

Stand: 29.10.2020, 12:14 Uhr

Was hat die Pandemie bisher mit der Wirtschaft in NRW gemacht, wie sind die Aussichten bei einem neuen "Lockdown"? Wirtschaftsminister zog heute eine Zwischenbilanz.

Während des ersten "Lockdowns" im Frühjahr waren zahlreiche Unternehmen ins Straucheln geraten. Über den Sommer aber, als die Infektionszahlen sanken, hatten sich viele erholt. Sieben Monate nach Beginn der Pandemie zog NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Donnerstag eine Zwischenbilanz. Rund die Hälfte der Verluste aus der Zeit des ersten "Lockdowns" seien aufgeholt worden.

Bauarbeiter zeichnen sich auf einem Gerüst als Silhouette ab.

Bauarbeiter auf einem Gerüst

Das RWI-Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung rechne für NRW mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von 4,5 Prozent - weniger, als die noch im Juni befürchteten 5,5, Prozent, so Pinkwart. Industrie und Handel hätten sich "erstaunlich kraftvoll" erholt. Für das kommende Jahr prognostiziere das RWI sogar ein Wachstum von 4,7 Prozent. Damit und auch mit den Arbeitslosenzahlen liege NRW über dem Bundesdurchschnitt von erwarteten 4,5 Prozent.

Viele verschiedene Branchen in NRW

Zu verdanken sei das wohl vor allem dem "breiten Branchenmix" in NRW. So hätten Bereiche wie die Gastronomie zwar gelitten, andere, wie die Bau- oder die IT-Branche dafür aber unverändert weiter produziert.

Ob das aber angesichts der am Montag startenden neuen Einschränkungen so weiter gehe, sei mehr als fraglich. Besonders die Gastronomen, die teils viel investiert hätten in Hygienemaßnahmen, dürften jetzt nicht "für ihren Mut bestraft werden", sagte Pinkwart.

"Waschmaschine jetzt kaufen"

Nach einer Umfrage der IHK NRW unter 7.400 Unternehmen würde ein Viertel davon die derzeitige Geschäftslage als "gut" bezeichnen, sagte IHK-Präsident Thomas Meyer. Das betreffe besonders die Bauwirtschaft, die Industrie und ihre Dienstleister. "Personenbezogenen Dienstleister" dagegen wie Gastronomie, Verkehr oder die Reisebranche stünden weniger gut da. Bis zu 70 Prozent der Gastronomen habe angekündigt, Personal abzubauen.

Der "Schlüssel" liege jetzt beim Konsumverhalten der Bürger, so Meyer. Er appellierte eindringlich dafür, Anschaffungen wie die anstehende neue Waschmaschine oder den Kühlschrank jetzt zu tätigen: "Wir brauchen den Konsum im Einzelhandel."

"Geplante Hilfsgelder reichen aus"

Auch Torsten Schmidt, Wirtschaftsforscher am RWI-Leibniz Institut, bezeichnete den massiven Rückgang beim privaten Konsum als großes Problem: Die Sparquote der Deutschen habe sich auf 20 Prozent verdoppelt. Auf Bankkonten, so Schmidt, lägen derzeit rund 150 Milliarden Euro "Kaufkraft", die darauf warteten, ausgegeben zu werden.

Dennoch ist Schmidt optimistisch: Zwar treffe die aktuelle Lage vor allem Branchen, die sich über den Sommer noch nicht richtig erholt hätten. Die am Mittwoch vom Bund angekündigten Hilfsgelder aber dürften die Defizite "ziemlich passgenau" ausgleichen.