Sylvia Löhrmann sagt dem Landtag Tschüss

Stand: 14.07.2017, 17:08 Uhr

  • Sylvia Löhrmann hat am Mittwoch (12.07.2017) letzte Rede im Landtag gehalten.
  • Frühere Schulministerin war tragende Säule für Rot-Grün.
  • Mitverantwortlich für die Wahlniederlage der Grünen.

Von Rainer Kellers

Sylvia Löhrmann wollte sich richtig verabschieden. Nicht davonschleichen aus dem Landtag. Sie wollte noch einmal eine Rede halten zu einem Thema, das ihr wichtig ist. Und am Freitag danach ihr Abgeordnetenmandat niederlegen. So hatte sie es angekündigt in den Tagen nach der für die Grünen katastrophalen Landtagswahl. "22 Jahre hauptamtliche Politik ist eine immense Zeit", sagt sie später im WDR-Interview. Jetzt wolle sie den Weg für jüngere Kräfte in der Fraktion freimachen - und ihren Teil an der Verantwortung für die Wahlniederlage übernehmen.

Kein Schulthema zum Abschied

Interessanterweise hat sich Löhrmann kein Schulthema ausgesucht für ihre Abschiedsrede. Sie sprach am Mittwoch (12.07.2017) über Grundsätzliches: über Gefahren für die Demokratie. In einem Antrag fordert sie die Gründung einer "Ideenwerkstatt Demokratie und Rechtsstaat".

Die Demokratie sei angesichts von Hass, Diffamierung und Populismus schleichend in die Defensive geraten, sagt Löhrmann. Als Antwort darauf fordert sie alle Fraktionen im Landtag auf, "sich gemeinsam um die Demokratie zu kümmern". Die massive Bedrohung eines Kommunalpolitikers war ein einschneidendes Erlebnis: "Dass man das Amt abgibt, weil man Angst um sich und seine Familie hat - das darf in der Demokratie einfach nicht sein."

Löhrmann bekommt anerkennenden Applaus nach ihrer Rede. Ihr Antrag wird nun den Weg durch die Ausschüsse gehen. Es war eine Herzensangelegenheit für Löhrmann, obwohl die Grüne mit anderen Themen in Erinnerung bleiben wird.

Ohne Löhrmann hätte es Rot-Grün nicht gegeben

Seit 1995 sitzt die heute 60-Jährige im Landtag, war parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, dann Fraktionsvorsitzende. Richtig bekannt wurde Löhrmann nach der Wahl 2010. Sie war es, die die spätere Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) dazu drängte, es mit einer rot-grünen Minderheitsregierung zu versuchen. Ohne Löhrmann hätte es Rot-Grün 2010 - und später 2012 - vermutlich nicht gegeben.

Löhrmann und Kraft - das war über Jahre hinweg das Traumpaar der Landespolitik. Hanni und Nanni wurden die beiden spöttisch genannt. Die Ministerpräsidentin und ihre Stellvertreterin verstanden sich gut. Konflikte wurden im Konsens gelöst, lautlos zumeist. Allerdings hatten irgendwann selbst die eigenen Leute die Nase voll von zu viel Harmonie.

Der Schulkonsens war ihr größter Erfolg

Auch als Ministerin hat Löhrmann meist den Konsens gesucht. Zu Beginn ihrer Amtszeit war das durchaus eine Erfolgsstrategie. Noch in der Zeit der Minderheitsregierung gelang es ihr, gemeinsam mit der CDU den jahrzehntelangen Schulstreit in NRW zu befrieden.

Im Ergebnis verlor die Hauptschule ihren Bestandsschutz und die Sekundarschule wurde gegründet. Der Schulfrieden von 2011 ist wohl Löhrmanns größter Verdienst als Ministerin.

Auf der Haben-Seite steht für Löhrmann auch, die Inklusion vorangebracht zu haben. Seit 2014 haben behinderte Kinder einen rechtlichen Anspruch auf gemeinsames Lernen an einer Regelschule.

Inklusion wurde zum Problem

Zum Gewinnerthema ist die Inklusion allerdings nie so recht geworden. Es rächte sich, dass Löhrmann den harten Schnitt scheute, Förderschulen und inklusive Regelschulen parallel weiterführen wollte, bis sich das Thema durch fehlende Anmeldungen von selbst erledigte. Das aber zog sich hin und so gab es zu wenige Lehrer, es fehlte das Geld und am Ende waren alle unzufrieden.

Ähnlich erging es Löhrmann beim Turbo-Abitur. Die verkürzte Schulzeit war von Schwarz-Gelb eingeführt worden - und Löhrmann eigentlich immer dagegen gewesen. Als aber der Widerstand gegen das G8 wuchs, blieb die Ministerin merkwürdig passiv. Der Versuch, am runden Tisch die Probleme des G8 im Konsens zu lösen, scheiterte.

Turbo-Abi: Konzept zu kompliziert für Wahlkampf

Während alle anderen Parteien im aufziehenden Wahlkampf Lösungen präsentierten, kam von Löhrmann lange nichts. Das Konzept, das sie schließlich doch noch vorstellte, war zu kompliziert für den zugespitzten Wahlkampf.

Am Ende ihrer Amtszeit stand Löhrmann als Problem da. Ihre Beliebtheit war dahin, ihre Amtsführung lieferte Munition für die Opposition und von Selbstkritik keine Spur.

Als Spitzenkandidatin musste sie schließlich Verantwortung übernehmen für das schlechte Ergebnis der Grünen. Als Konsequenz legt sie nun ihr Abgeordnetenmandat nieder und beendet ihre politische Karriere.

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