Der Weg zu Schulschließungen ist lang - trotz steigender Infektionszahlen

Stand: 18.03.2021, 20:49 Uhr

Die Coronazahlen steigen deutlich, weshalb immer mehr Städte ihre Schulen schließen wollen. Doch die Landesregierung blockt ab. Außer im Fall Düren.

Von Nina Magoley

Nach Dortmund, Duisburg und Düren will nun auch Wuppertal einen Antrag an das Land stellen, ab Montag alle Schulen in den Distanzunterricht zurückzuschicken. Mit 141 verzeichnet Wuppertal heute landesweit die zweithöchste Inzidenz. Die Stadt sieht vor allem die Schulen als Infektionsbeschleuniger. Mit einer Antwort rechne der städtische Krisenstab spätestens Freitagvormitag, hieß es. Die Kitas sollen geöffnet bleiben.

Düren darf Schulen schließen

Während man unter anderen in Wuppertal noch auf eine Antwort der Landesregierung wartet, ist man in Düren einen Schritt weiter. So hat die Landesregierung hat dem Kreis erlaubt, Schulen zu schließen und wieder in den Distanzunterreicht zurückzukehren. Für die meisten Schüler weiterführender Schulen gibt es ab Montag erstmal nur noch Online-Unterricht. Es ist das erste Mal in der dritten Corona-Welle, dass die Landesregierung eine solche Maßnahme genehmigt.

Schulschließungen erst nach Antrag und nicht automatisch

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zeigte sich am Donnerstagmorgen in einem Pressegespräch überhaupt nicht amüsiert von den Vorstößen der Kommunen. Vor dem Hintergrund eskalierenden Streits erklärte sie das offizielle Prozedere: Wenn eine Kommune bei anhaltender Inzidenz über 100 ihre Schulen aus Vorsicht schließen will, müsse sie das schriftlich beim Gesundheitsministerium (MAGS) beantragen.

Sie müsse nachweisen, welche Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens bereits ergriffen wurden - und auch, dass diese Maßnahmen erfolglos waren. Gemeinsam mit dem MAGS würde das Schulministerium den Fall dann prüfen. Gebe es dafür "gute Gründe", könne eine Schulschließung auch genehmigt werden - wie im Falle Dürens. Genau wie tags zuvor der Gesundheitsminister sagte auch Gebauer, es gebe "keinen Automatismus" etwa in Bezug auf Inzidenzzahlen.

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Das beschriebene Prozedere gelte "auch für SPD-Hauptverwaltungsbeamte", fügte Gebauer giftig hinzu - in Anspielung auf den Vorstoß aus Dortmund: "Schulschließungen alleine auf Zuruf oder per Twitter kann und wird es nicht geben".

Der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) hatte am Dienstag öffentlich angekündigt, dass er am Mittwoch alle Schulen schließen wolle. Das Gesundheitsministerium hatte das abgelehnt - und bemängelte dabei auch ein fehlendes Gesamtkonzept. Ein Sprecher der Stadt Dortmund sagte am Donnerstag, es werde derzeit ein erneuter Vorstoß erarbeitet, um die Schulen "spätestens" Montag schließen zu dürfen.

Wuppertal will Antrag auf Schließungen einreichen

Die Stadt Wuppertal will sich nun zunächst noch mit dem Lehrerverband über das Konzept für den geplanten Distanzunterricht verständigen. Danach soll der Antrag ans Land gehen. Der Krisenstab rechne spätestens am Freitagvormittag mit einer Antwort, hieß es. Die Kitas in Wuppertal sollen offen bleiben - jedoch mit dem Appell an die Eltern, ihre Kinder möglichst zuhause zu lassen.

Duisburg gab am Donnerstagmorgen bekannt, dass die Kitas, anders als gestern noch angekündigt, nun doch nicht in den Notbetrieb geschickt werden. "Nachdem bereits für die Schulen der Wechsel in den Distanzunterricht alternativlos abgelehnt wurde, lässt uns die Landesregierung mit dieser Entscheidung ein weiteres Mal im Regen stehen", schrieb Oberbürgermeister Sören Link (SPD) auf der Homepage, "für mich ist dies nicht nachvollziehbar". Zentrale Landesregelungen zum Schutz der Bürger wären "hilfreich, doch die gibt es nicht". 

Die Frage, wie viele Anträge auf Schulschließungen bisher insgesamt aus Kreisen und Städten im Gesundheitsministerium eingegangen sind, konnte Schulministerin Gebauer nicht beantworten.

Gebauer: Schulen keine Hotspots

Sie wiederholte ihre Ansicht, dass Schulen nicht zu den Hotspots des Pandemiegeschehens zählten. Die schon beizeiten eingeführten Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Wechselunterricht würden "greifen", ist sie überzeugt. Dafür sprächen die Infektionszahlen unter Schülern, die gestern bei 1.281 landesweit lagen, Ende November letzten Jahres dagegen noch bei über 5.000.

Grüne: Infektionslage an Schulen ist dynamisch

"Die Vergleiche der Ministerin hinken", so die bildungspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Sigrid Beer. Zudem habe Gebauer im Schulausschuss zum Stichtag 3. März noch lediglich 631 bestätigte Corona-Fälle gemeldet. Zu dem Zeitpunkt hätten sich knapp 5.000 Schüler in Quarantäne befunden. "Heute berichtet die Schulministerin bereits von rund 1.300 bestätigten Infektionen bei Schülerinnen und Schülern.

Dabei seien die Kinder und Jugendlichen gerade erst aus dem Shutdown gekommen und Schnelltests, die weitere Infektion aufzeigen könnten, an den allermeisten Schulen noch gar nicht im Einsatz. Diese Entwicklung zeige "sehr wohl, dass sich die Infektionslage auch an den Schulen dynamisch entwickelt". Dass die Kommunen deshalb weitere Anträge auf Distanzunterricht stellen, sei "nachvollziehbar", so Beer.

Tests in vielen Schulen noch nicht angekommen

Hinzu kommt: Die Auslieferung der angekündigten Tests, die mit zwei pro Woche und Schüler angekündigt und dann auf einen reduziert wurden, läuft offenbar schleppend. Von den insgesamt 1,8 Millionen Stück, die ab Anfang der Woche kommen sollten, seien bislang 300.000 verschickt worden, sagte Gebauer. "Das Testen ist eine neue, große Herausforderung für alle", erklärte sie, es sei "nicht originäre Aufgabe" des Lehrpersonals.