Wie der Klimawandel Nosferatu-Spinne und Co. beim Überwintern hilft

Stand: 23.09.2022, 16:12 Uhr

Eingewanderte Tiere wie die Nosferatu-Spinne oder die Tigermücke haben uns in diesem Sommer beschäftigt. Verschwinden sie jetzt im Herbst wieder? Leider nein. Sie sind gekommen, um zu bleiben.

Von Henrike Schulze-Wietis

Wer ihr begegnet, bekommt wahrscheinlich erstmal einen Schreck: Die Nosferatu-Spinne ist groß, haarig und in den vergangenen Wochen ziemlich berühmt geworden. Denn sie gehört zu den nicht-heimischen Arten, die im vergangenen Sommer in großer Zahl bei uns aufgetaucht sind.

Diese nicht-heimischen Tierarten fühlen sich bei uns wohl

Der Klimawandel ermöglicht es Tierarten, die nicht in Deutschland heimisch sind, sich bei uns zu etablieren. Die Nosferatu-Spinne ist nur ein Beispiel dafür.

Die Asiatische Tigermücke hat bereits in Süddeutschland überwintert. Wir werden uns an das Stechinsekt gewöhnen müssen.

Bereits eine kleine Berühmtheit: Die Nosferatu-Spinne sucht derzeit warme Orte auf - gerne auch unsere Wohnungen.

Die Asiatische Hornisse ist zum Glück recht friedlich, jagt allerdings - wie andere Hornissen auch - Honigbienen.

Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs kann einheimischen Flusskrebsen gefährlich werden. Genau wie sie lebt er in langsam fließenden Gewässern.

Auwaldzecken kommen eigentlich aus Gegenden weiter im Osten. Sie übertragen Hundemalaria.

Jetzt ist der Sommer vorbei - aber die Nosferatu-Spinne bleibt uns wohl erhalten. Sie scheint es sich in unseren warmen Wohnungen gemütlich zu machen. In den sozialen Medien häufen sich Fotos von der Spinne in Wohnzimmern und Küchen. Grund zur Panik gibt es nicht. Die Spinne ist für Menschen nicht gefährlich. Ihr Biss kann zwar schmerzhaft sein, aber sie überträgt keine Krankheiten.

Bei Facebook werden immer wieder Bilder von Nosferatu-Spinnen gepostet.

Bei Facebook werden immer wieder Bilder von Nosferatu-Spinnen gepostet.

Müssen wir uns an die Nosferatu-Spinne und andere nicht-heimische Tiere wie die Asiatische Tigermücke gewöhnen? Überwintern die Tiere nun bei uns? Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf die Verbreitung solcher Tiere? Welche von ihnen können uns gefährlich werden? Hier gibt es Antworten.

Überblick

Was sind invasive Arten?

Julian Heiermann vom NABU

Julian Heiermann vom NABU

Tiere und auch Pflanzen, die sich durch den Einfluss des Menschen in Gebieten außerhalb ihrer Heimat ausbreiten, sind nicht immer invasiv. So nennt die Wissenschaft nur jene Arten, die heimische Tiere oder Pflanzen aus ihrem Lebensraum verdrängen, erklärt Julian Heiermann vom Naturschutzbund Deutschland (NABU).

Kommt es aber zur Verdrängung, stellt das ein Naturschutzproblem dar, sagt Erik Schmolz vom Umweltbundesamt. Diese Tiere werden aktiv in Deutschland bekämpft. Es gibt aber auch nicht-heimische Tiere, die neben der heimischen Population in ihrer eigenen Nische leben können. Tigermücke und auch Nosferatu-Spinne sind solche Beispiele. Einige davon - wie die Tigermücke - können allerdings für Menschen und Tiere ein Gesundheitsproblem darstellen.

Wie kommen diese Tiere nach Deutschland?

Die Globalisierung spielt bei der Verbreitung der nicht-heimischen Tiere eine entscheidende Rolle: "Die Tiere werden durch die Reisen der Menschen aus meist tropischen Ländern zu uns gebracht. Ganz simpel im Koffer, auf der Kleidung", erklärt Heinz Mehlhorn, Zoologe und Parasitologie an der Uni Düsseldorf. Er empfiehlt, nach einem Urlaub das Gepäck gründlich nach möglichen "blinden Passagieren" abzusuchen.

Ein weiterer großer Faktor ist der internationale Warenhandel. Nicht selten gelangen Insekten durch Autoreifen oder Container von einem Kontinent zum anderen.

Dass Insekten, die in Deutschland normalerweise nicht heimisch sind, durch Reisen und die Globalisierung zu uns kommen, sei zunächst nichts Neues und auch unproblematisch. Aber der Klimawandel stelle einen Wendepunkt dar, sagt Julian Heiermann vom NABU.

Was hat der Klimawandel damit zu tun?

Laut NABU sind invasive Arten ein typisches Umweltproblem. "Invasive Arten in Deutschland sind eine Begleiterscheinung des Klimawandels, die wir uns selbst eingebrockt haben", so Heiermann.

Grundsätzlich fühlen sich Nosferatu-Spinne, Tigermücke und Co. in wärmeren Gebieten wohler, weshalb der Klimawandel eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung spielt, sagt Heiermann. Die besonders heißen Sommer der vergangenen Jahre seien ideal für das Überleben von Tieren aus heißen Gebieten.

In früheren Jahren seien die Tiere zwar auch schon zu uns gekommen, konnten sich jedoch nicht ausbreiten, weil die Bedingungen nicht ideal für sie gewesen seien. Der vergangene August war laut Deutschem Wetterdienst in Deutschland 4,22 Grad wärmer als im langjährigen Vergleichszeitraum.

Können Nosferatu-Spinne und Co. bei uns überwintern?

Wenn sich eine Art erstmal etabliert hat, gibt es oft kaum noch Möglichkeiten, sie wieder loszuwerden. Erik Schmolz sagt, es gäbe zwar die Möglichkeit, die Verbreitung von Tieren zu verlangsamen, aber "die asiatische Tigermücke ist gekommen, um zu bleiben". Überhaupt sei die Tigermücke ein gutes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit der Tiere. Das Insekt habe sich bereits in kalten Gegenden von Nordamerika ausgebreitet. Und auch in Baden-Württemberg habe sie es bereits geschafft, sagt Schmolz.

Das zeigt: Nicht-heimische Tiere sind in der Lage, sich über einen längeren Zeitraum hinweg an ihre Umwelt anzupassen – und somit auch kältere Temperaturen auszuhalten.

Ab wann wird es für Menschen gefährlich?

Generell gilt: Die nicht-heimischen Tiere werden dann für Menschen gefährlich, wenn sie ein Vektor sind. "Das sind Tiere, die Viren und Krankheiten von einem Wirt zum anderen Wirt übertragen können", erklärt Schmolz vom Umweltbundesamt. Ein Beispiel dafür ist die Asiatische Tigermücke: Ihr Stich ist für uns Menschen nicht nur besonders unangenehm, er kann auch Krankheiten übertragen.

Schmolz empfiehlt darum, zum Arzt zu gehen, wenn man auf einen Stich mit Fieber oder anderen starken Symptomen reagiert. Grund zur Panik gebe es aber nicht, sagen Mediziner. "Wir sind in Deutschland so gut medizinisch aufgestellt, dass das Risiko von Krankheitsausbrüchen ziemlich gering ist", sagt Heinz Mehlhorn von der Uni Düsseldorf.

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