Deutsche Bahn lehnt Reservierungspflicht ab

Stand: 11.08.2020, 18:37 Uhr

Abstand halten! Aber wie in einer vollen Bahn? Eine Reservierungspflicht im Fernverkehr könnte den Abstand in den Zügen gewährleisten. Die lehnt die Deutsche Bahn aber ab.

Von Constanze Thönnessen und Carolin Köhler

35 Grad, Mund-Nasen-Schutz, der Sitznachbar in der Bahn rückt einem auf die Pelle. In Corona-Zeiten gelten zwar weiterhin Abstandsregeln, die sind in überfüllten Zügen aber kaum einzuhalten, wie das Beispiel aus einem ICE von Berlin nach Köln zeigt.

Volle Sitzplätze, zum Teil sitzen die Reisenden auf den Gängen. Eine ist eine junge Französin, die heute noch weiter nach Paris will: „Langsam nehmen die Leute das mit Corona nicht mehr so ernst. Und die Züge sind immer voll“, sagt sie. „In Frankreich gibt es schon lange eine Reservierungspflicht. So kann man früh absehen, welcher Zug voll ist und ausweichen.“

Opposition fordert Reservierungspflicht

Politiker sehen das ähnlich und fordern eine Reservierungspflicht, damit die Mindestabstände auch beim Reisen eingehalten werden können. Die Platzreservierungen könnten auch kostenlos angeboten werden, sagt FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung.

Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik bei den Grünen, fordert, dass Fahrgäste automatisch auf Abstand platziert werden. In bestimmten Waggons könnten auch Sitzgruppen gesperrt werden, um mehr Abstand zu und für Risikogruppen zu schaffen.

Bahn will Fexibilität erhalten

Die Deutsche Bahn hält von solchen Plänen wenig. Sie sieht die Flexibilität der Kunden in Gefahr. Konzernsprecher Achim Stauß will den Vorteil gegenüber Flugreisen nicht aufgeben: „Es ist nun mal so bei der Bahn, dass auch mal Fahrgäste spontan kommen.“

Auch der Fahrgastverband Pro Bahn hält eine Reservierungspflicht für nicht umsetzbar, die aktuellen Maßnahmen der Bahn reichten aus seiner Sicht aus. Die sehen so aus, dass die Bahn ihr Reservierungssystem früher schließt und die Züge dadurch früher als ausgelastet angezeigt werden. Bei welcher Auslastung das der Fall ist, verrät die Bahn allerdings nicht.

Fahrgäste sehen Pläne skeptisch

Viele der Pendler am Kölner Hauptbahnhof fürchten, dass ihnen eine Reservierungspflicht das Leben unnötig schwer machen würde. Im Regionalverkehr wäre die ohnehin schwer umzusetzen.

Die Verkehrsverbünde versuchen stattdessen, die Fahrgastzahlen zu entzerren. Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen zum Beispiel wollen dafür in Spitzenzeiten mehr Fahrzeuge einsetzen. Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg sieht dagegen keinen Handlungsbedarf. Hier seien die regionalen Züge im Moment weniger voll als in der Zeit vor Corona.