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Redaktioneller Hinweis: Dieser Beitrag ist entstanden, bevor Russland in die Ukraine einmarschiert ist. Informationen zu aktuellen Entwicklungen gibt es hier:
Es waren Bilder, die die Welt schockierten: Irakische Panzer walzten sich im Sommer 1990 nach Kuwait hinein, einem kleinen und sehr reichen Emirat, mit dem sich der große Nachbar um Ölfelder und Grenzen stritt. Der Gegenschlag kam spät, aber mit Wucht: Die Militäraktion "Desert Storm" zwang Saddam Hussein 1991 zum Rückzug - und kostete Tausenden von Menschen das Leben.
1991 fielen die Bomben mitten in der Karnevalsession, und die Feierlaune sank rapide. Fast logisch schien es damals, dass der organisierte Frohsinn überall abgesagt wurde. Karneval ohne Zug? Das hatte es vorher nur nach dem Krieg oder in der Weltwirtschaftskrise gegeben. In Köln zog zwar ein "Geisterzug" durch die Stadt, aber das war eher eine Anti-Kriegs-Demo, Motto: "Kamelle statt Bomben".
Das "Alaaf" bleibt im Halse stecken
Und nun eskaliert kurz vor den tollen Tagen der Russland-Ukraine-Konflikt: Da bleibt einigen das "Alaaf" und "Helau" im Halse stecken. Deswegen fordern sie einen Stopp aller jecken Aktivitäten, wie vor 30 Jahren auch. "Kann man nicht aus Solidarität mit der Ukraine Karneval ausfallen lassen?", fragt zum Beispiel der User Christoph Rummelt, und MI CHA spitzt es auf Twitter noch zu: "Wie kann es sein, dass man in Köln Karneval feiert trotz Ukraine Krieg? Ist die Wirtschaft mal wieder wichtiger als Frieden?"
Run auf die Karnevalsgeschäfte

Gefragt: Kostüme und Masken
Nein, sagt der Wirt der Kölner "Fiffi"-Bar - und lässt seine Kneipe in der heißen Phase zu. "Ich finde, man kann in so einer Situation nicht sagen, alles sei prima und die Puppen tanzen lassen", wird er auf der Internetseite report-k.de zitiert. Aber: Mit dieser Meinung steht er wohl ziemlich alleine da. Denn ganz offensichtlich wollen viele Jecken und Narren feiern: Die Geschäfte mit Kostümen, Schminke und Perücken sind brechend voll, viele Karnevalspartys ausverkauft.
"Es nützt niemanden, wenn nicht gefeiert wird. Die Welt wird niemals so sein, dass man sagt: 'Hey, alles topp, wir können feiern!'" Wagenbauer Jacques Tilly
Die Menschen sind corona-müde

Corona bleibt Top-Thema
Der Grund für die Sehnsucht nach ausgelassenem Feiern: Corona. Die letzte Session ist mehr oder weniger ins Wasser gefallen, jetzt ist der Nachholbedarf groß. "Die Leute haben eine große Sehnsucht danach, Gemeinschaft zu erleben", sagt Jens Lönneker vom Meinungsforschungsinstitut "Rheingold Salon". Und da wollten sie sich auch nicht die Stimmung trüben lassen von dem, was im Osten passiert. Ihnen macht eher zu schaffen, dass es kaum Feiermöglichkeiten gibt oder das Infektionsrisiko da ist, glaubt er.
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"Das ist sehr weit weg"

Meinungsforscher Jens Lönneker
Aber ist die Situation diesmal wirklich so viel anders als 1991? Ja, sagt Psychologe Lönneker. "Damals waren westliche Soldaten im Einsatz, die man vielleicht sogar persönlich kannte, es ging um Öl und um die Bedrohung durch Atomwaffen. Das war uns seelisch näher." Der Osten der Ukraine dagegen und das, was dort passiert, "ist für die meisten sehr weit weg".
"Damals waren westliche Soldaten im Einsatz, es ging um Öl und um die Bedrohung durch Atomwaffen. Das war uns seelisch näher." Meinungsforscher Jens Lönneker
Feiern - jetzt erst recht

Wagenbauer Jacques Tilly hat die Figur "Stelliene" entworfen.
Natürlich kann es sein, dass Putin die ganze Ukraine besetzt und die Stimmung dann kippt. Für Viele aber kein Grund, nicht zu feiern - im Gegenteil. "Ich habe Angst, dass was passiert", sorgt sich eine Frau, "deswegen will ich ein paar Tage abschalten." Oder wie es der Düsseldorfer Karnevalswagen-Bauer Jacques Tilly ausdrückt: "Es nützt niemanden, wenn nicht gefeiert wird. Die Welt wird niemals so sein, dass man sagt: 'Hey, alles topp, wir können feiern!'"