EU-Kommission möchte jährliche Pflichtinspektion | WDR Aktuell
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Jährlicher TÜV für ältere Autos: Experten sehen geringen Effekt
Stand: 25.04.2025, 16:49 Uhr
Die EU will für mehr Sicherheit ältere Autos jedes Jahr prüfen lassen. Unfallforscher und Umweltschützer sind jedoch skeptisch.
Von Peter Hild
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Zu den Kommentaren [25]Die EU-Kommission will die Verkehrssicherheit erhöhen und plant, dafür eine jährliche Pflicht-Inspektion für alle Autos einzuführen, die mindestens zehn Jahre alt sind. Sie verspricht sich davon weniger Verkehrstote und weniger CO2-Emissionen.
Die Vorschläge müssten jedoch zunächst die Unterstützung vom Europäischen Parlament und dem EU-Ministerrat finden. Experten bewerten die Pläne eher zurückhaltend bis skeptisch.
EU will mehr Sicherheit und weniger Abgase
Mit der Maßnahme will die Kommission dem Ziel der sogenannten "Vision Zero" näher kommen, also die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten bis 2050 auf nahezu Null zu senken. Mitverantwortlich für hohe Zahlen seien da unter anderem ältere Fahrzeuge, die laut Kommission häufiger an Unfällen beteiligt seien. Die Kommission beruft sich dabei auf Studien.
Hochgerechnet auf 25 Jahre könnte es mit jährlichen Kontrollen aus Sicht der Kommission rund 2.000 Verkehrstote weniger geben. Auch die Reduzierung der Abgas-Emissionen spricht aus Sicht der Kommission für ihre Pläne. So soll die Einführung neuer Testverfahren Fahrzeuge mit hohem Ausstoß besser erkennen und erlauben, diese auch aus dem Verkehr ziehen zu können.
Unfallforscherin sieht Pläne skeptisch

Unfallforscherin Zeidler ist skeptisch
Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, hält von den EU-Plänen nicht allzu viel. Erst müsste der Nachweis erbracht werden, dass technische Mängel mit der Häufigkeit zu Unfällen zusammenhingen, so Zeidler. Das sei jedoch schwierig, technisches Versagen habe als Unfallursache bisher keine große Relevanz.
"Allein die Beteiligung von älteren oder auch neueren Autos an Unfällen sagt noch nichts über mögliche technische Mängel", betont Zeidler. Auch wer das Auto fährt, dessen Alter oder die Sicherheitsausstattung des Autos spielten eine Rolle. "Ich bezweifle, dass häufigere Prüfungen einen deutlichen Beitrag zu Verkehrssicherheit leisten, weil es bisher keinen Nachweis über einen Zusammenhang von Technikmängeln mit Unfällen gibt."
Greenpeace: Pläne erschweren Betrug
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace betrachtet die Kommissionspläne differenziert. "Die Ziel ist ja unter anderem, Stickoxide und Feinstaub neuen Prüfmethoden zu unterziehen. Das ist zu begrüßen, weil es künftig Betrug wie beim Diesel-Skandal erschweren würde", erklärt Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marion Tiemann.

Greenpeace-Expertin Marion Tiemann
Für einen Rückgang des CO2-Ausstoßes hätte ein jährlicher TÜV aus Tiemanns Sicht jedoch nur eine geringe Wirkung. "Ein deutlich größerer Hebel dafür wären strengere Flottengrenzwerte für PKW." Allerdings wolle die EU den Herstellern für die Einhaltung strengerer Grenzwerte jetzt drei Jahre mehr Zeit einräumen. "Das ist ein massiver Rückschritt für den Umstieg auf E-Fahrzeuge und damit für den Klimaschutz."
Jeder zweite PKW in Deutschland wäre betroffen
Sollten die EU-Pläne Wirklichkeit werden, wäre davon in Deutschland aktuell fast jeder zweite PKW betroffen. Zum 1.1.2025 gab es bundesweit gut 49,3 Millionen registrierte PKW - davon waren rund 23,4 Millionen Fahrzeuge mindestens zehn Jahre alt.
Der ADAC hält von den Plänen wenig: "Die Hauptuntersuchung wurde in Deutschland immer wieder angepasst. Jährliche Prüfintervalle machen aus Fahrzeugsicht deshalb wenig Sinn und sorgen nur für zusätzliche Kosten beim Verbraucher", sagt Sprecher Johannes Giewald.
Viele EU-Staaten bereits mit jährlichen Kontrollen
Deutschland ist mit seiner TÜV-Prüfung im Zwei-Jahres-Rhythmus EU-weit in der Minderheit. In 16 der insgesamt 27 Mitgliedsstaaten gilt bereits die jährliche Inspektionspflicht, in Österreich, Polen oder Spanien - wie jetzt von der Kommission vorgesehen - nach 10 Jahren. In den Niederlanden gibt es jährliche Kontrollen bereits acht Jahre nach der Erstzulassung und in Belgien schon nach vier Jahren.

ADAC-Sprecher Giewald hält nichts von der TÜV-Verschärfung
Eine schnelle Umsetzung der Kommissionspläne gilt jedoch als unwahrscheinlich. Eher ist mit längeren Verhandlungen im EU-Parlament und dem Ministerrat zu rechnen, an deren Ende vermutlich ein Kompromiss stehen dürfte. Selbst nach einem Beschluss haben die Mitgliedsstaaten in der Regel zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.
Quellen:
- EU-Kommission
- WDR-Interview mit Johannes Giewald, ADAC Nordrhein
- WDR-Interview mit Kirsten Zeidler, Unfallforschung der Versicherer
- WDR-Interview mit Marion Tiemann, Greenpeace
- Kraftfahrtbundesamt
25 Kommentare
Kommentar 25: klaus schreibt am 27.04.2025, 10:10 Uhr :
Zu seltener Prüfungen sehe ich ebenfalls nicht als Problem. Hohe Grenzwerte für Geräuschemissionen dagegen verschlechtern Herz-Kreislauf-Krankheiten und sorgen für viele zusätzliche Todesfälle. Dort wäre ein guter Ansatzpunkt, um Menschenleben zu retten, denn technisch wäre es bei vielen Motorrädern und Autos leicht möglich, die Geräusche zu senken (Verbot von Klappenauspuff und Geräuschgenerator). Für Bestandsfahzeuge könnte man ja ein oder zwei Jahre Übergangsfrist ermöglichen.
Kommentar 24: Ralph schreibt am 27.04.2025, 06:17 Uhr :
Da möchte man doch wieder in des Bürgers Tasche greifen. Was für idiotische Ideen die da in Brüssel haben. Trotz jährlicher Kontrolle, sind bei den LKW`s und Bussen viele Leichen unterwegs.
Kommentar 23: Volker schreibt am 26.04.2025, 20:37 Uhr :
Hauptsache das Kriegsgerät fährt CO2 neutral und verbraucht wenig Energie und erzeugt keine Toten.
Kommentar 22: Ralf schreibt am 26.04.2025, 19:37 Uhr :
Der Logik nach müsste die Unfallhäufigkeit im 2.Jahr nach der HU höher sein als in 1. ? Gibt es da belastbare Zahlen ? Wie viele Tote gibt es also wegen zB defekten Bremsen im 2.Jahr ? Falls nicht, die jetzigen Zahlen müssen dann aber auch um den Fahrer bereinigt werden. Fahranfänger haben nach 4000€ Führerscheinkosten kein Geld für ein aktuelles Fahrzeug und fahren Gebrauchte älteren Baujahres. Deren mögliche Tote liegen nicht am Alter des Fahrzeuges. Und wegen dem Umweltschutz, das umweltgünstigste Fahrzeug ist das nicht gekaufte und daher nicht gebaute, weil mein "Oldie" noch fährt. jm2c
Antwort von Oliver , geschrieben am 26.04.2025, 20:05 Uhr :
Ralf, hatte genau den gleichen Gedanken. Es sind doch eher die Fahrer nicht die Fahrzeuge die Unfälle verursachen. In USA gabs zu meiner Zeit dort nur Brems- und Abgasprüfung und das auch nur in den Ballungszonen. Gibt's da mehr Unfälle? KFZ Steuer wurde mit zunehmendem Fahrzeughalter günstiger !
Kommentar 21: Lutz schreibt am 26.04.2025, 17:31 Uhr :
Ist in den Niederlanden längst Standard. Wir müssen mit unserer ZOE der ersten Generation, Baujahr 2014, auch jedes Jahr zur APK. Allerdings ist diese wesentlich günstiger als in Deutschland, rund 50€ kostet die. Fände es gut wenn der Staat dem TÜV vorschreibt wie viel Geld er nehmen darf, aktuell wird es sehr üppig, 150€ ist schon heftig. Wenn die technische Untersuchung verstaatlicht wäre und sich nicht irgendwelche vereine daran bereichern können würde das auch eher akzeptiert werden. Und der Preis so wie in den Niederlanden durch die staatliche RDW festegelegt würde (Das ist die Zulassungsstelle die auch die APK durchführt)
Kommentar 20: Friedhelm Greskötter schreibt am 26.04.2025, 14:47 Uhr :
Die EU arbeitet mit ihrer Lobbyhörigkeit an ihrem eigenen Ende. Betreutes Leben und Denken 24/7. Aber man wird dann, wenn es soweit ist, und immer mehr Leute die Schnauze voll haben, wieder Putin oder Trump die Schuld geben.
Kommentar 19: Dipl.-Ing. Oliver schreibt am 26.04.2025, 13:53 Uhr :
Greenpeace-Mobilitätsexpertin Marion Tiemann ... Zitat: "... Die Ziel ist ja unter anderem, Stickoxide und Feinstaub neuen Prüfmethoden zu unterziehen. Das ist zu begrüßen, weil es künftig Betrug wie beim Diesel-Skandal erschweren würde", ..." Wenn " ... Betrug wie beim Diesel-Skandal ..." erst bei der Hauptuntersuchung festgestellt wird dann haben andere, staatliche Institutionen, Jahre zuvor versagt. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) erteilt die Betriebserlaubnis für Fahrzeuge innerhalb der etwa 4 Jahre Entwicklungsdauer eines Fahrzeugs beim Hersteller. Das KBA und die beauftragten Unternehmen, wie z.B. TÜV/DEKRA sind verantwortlich für das was vom Hersteller auf die Straße kommt. Oder meint die "Mobilitätsexpertin Marion Tiemann", daß die Fahrzeughalter ihre Fahrzeuge millionenfach selber manipuliert haben nachdem der Fahrzeughersteller alles richtig gemacht hat? PS: wir hatten noch nie so gute Luft wie heute. Z.B. für NRW siehe Landesumwelt https://www.lanuk.nrw.de/
Kommentar 18: Tommi schreibt am 26.04.2025, 13:25 Uhr :
Ich habe im März diesen Jahres die HU mit meinem Opel <astra Sportstourer absolviert, exakt 10,5 Jahre alt, keine Mängel. Mit AU hat der Spaß 159 Euro gekostet!!!!! 15-20 Min. Check, welch krasse Kosten. Meinetwegen geh ich jährlich dahin, aber bitte dann die Überprüfungskosten halbieren. Kann mich nicht erinnern, dass in meinem Bekanntenkreis jemals jemand einen Unfall hatte aufgrund technischer Mängel. Da sollte man mal überlegen, ob EU weit die Standards angepasst werden und auch eingehalten werden, und strenger die schwarzen Schafe aussortieren, welche einem den TÜV schon hinbiegen, gegen Geld.
Kommentar 17: G.N. Bochum schreibt am 26.04.2025, 12:50 Uhr :
Dient nur der Geldbeschaffung. Die EU sollte sich um die wirklichen Probleme kümmern.
Kommentar 16: Frank schreibt am 26.04.2025, 12:20 Uhr :
In Spanien z. B. gilt schon jetzt die jährliche Prüfung. Trotzdem fahren da Autos herum, bei denen ich bezweifle, dass die in Deutschland über den TÜV kommen würden. Insofern kann ich nicht erkennen, warum eine jährliche Prüfung zu einer besseren Verkehrssicherheit beitragen würde. Außerdem müsste man sich auch erst einmal ansehen, wieviele Autos eigentlich bei der TÜV-Untersuchung gravierende Mängel haben. Wenn sie die nach zwei Jahren nicht haben, hatten sie die ja auch nicht nach einem Jahr. Dann bedeutet die jährliche Untersuchung nur weitere Kosten ohne jeden Nutzen.
Kommentar 15: Martin schreibt am 26.04.2025, 11:58 Uhr :
Die Sinnhaftigkeit erschließt sich mir nicht, außer dass zusätzliche Kosten für die Besitzer entstehen. Außerdem fehlt in der Berichterstattung, der Hinweis auf einen Vergleich der Prüfverfahren.