Anschlag in Istanbul: Was wir wissen und was nicht

Stand: 14.11.2022, 16:55 Uhr

Nach der Explosion in einer belebten Fußgängerzone am Sonntag in Istanbul macht die Türkei eine PKK-Anhängerin aus Syrien für den Anschlag verantwortlich. Sechs Menschen waren getötet worden.

Die Türkei beschuldigt eine inzwischen festgenommene Anhängerin der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), für den Anschlag verantwortlich zu sein. Die Frau sei Syrerin und von militanten Kurden ausgebildet worden, so die Polizei.

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu gab zudem die Festnahme von insgesamt 46 Verdächtigen bekannt und kündigte weitere Festnahmen an. Was wir darüber hinaus wissen und was nicht:

Was sagt die PKK zu den Vorwürfen?

Die PKK wies am Montag die Verantwortung für den Anschlag zurück. Ein Angriff auf die Zivilbevölkerung auf türkischem Boden käme in keinem Fall infrage, hieß es in einer von der PKK-nahen Nachrichtenagentur ANF veröffentlichten Erklärung. Die Gruppierung unterstütze keine Angriffe, die direkt gegen Zivilisten gerichtet seien.

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Was ist bisher offiziell bestätigt?

Die Explosion ereignete sich nach Angaben des Gouverneurs von Istanbul, Ali Yerlikaya, um 16.20 Uhr - also um 14.20 Uhr deutscher Zeit. Ort der Explosion war eine der beliebtesten Einkaufsstraßen der Stadt: die Fußgängerzone İstiklal Caddesi, nahe dem zentralen Taksim-Platz.

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In einer Fernsehansprache erklärte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, es habe sich um einen "hinterhältigen Anschlag" gehandelt. Die Verantwortlichen würden bestraft.

Innenminister Soylu erklärte, die verdächtige Frau, die die Bombe platziert haben soll, sei zusammen mit mehreren anderen Verdächtigen in einer Wohnung in Kucukcekmece, einem Vorort von Istanbul, festgenommen worden. Sie habe nach Griechenland fliehen wollen.

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Auf Videos in den sozialen Medien ist ein Feuerball zu sehen, kurz darauf folgt ein lauter Knall. Menschen ergreifen nach der Explosion die Flucht. Andere Nutzer haben Videos veröffentlicht, in denen zahlreiche Verletzte oder möglicherweise auch Tote zu sehen sind. Auf Bildern sieht man auch einen umgestürzten Kinderwagen: Ob Kinder zu den Opfern zählen, ist nicht bekannt.

Wie viele Opfer gibt es?

Menschen haben Blumen am Tatort in Istanbul abgelegt

Menschen haben Blumen am Tatort in Istanbul abgelegt

Bei dem Anschlag in der belebten Einkaufsstraße in der Bosporus-Metropole sind sechs Menschen getötet und mehr als 80 Menschen verletzt worden. 31 Verletzte wurden den Behörden zufolge am Montag noch im Krankenhaus behandelt, zwei von ihnen befanden sich demnach in kritischem Zustand. 

Warum wurde eine Nachrichtensperre verhängt?

Polizei und Rettungskräfte arbeiten am Tatort nach einer Explosion in der belebten Fußgängerzone Istiklal in Istanbul

Rettungswagen in der City

In türkischen Medien durfte kurz nach dem mutmaßlichen Anschlag nicht mehr über die Explosion berichtet werden. Dadurch solle vermieden werden, das "Angst, Panik und Unruhe" in der Bevölkerung entstehen, erklärte Präsidentenberater Farhettin Altu. Die Sender CNN Türk und TRT etwa unterbrachen daraufhin ihre Berichte. Auch der Zugang zu Onlinenetzwerken wurde nach dem Anschlag eingeschränkt, wie der Online-Monitor Netblocks berichtete.

Was weiß man über die Hintergründe?

Die türkische Regierung macht militante Kurden aus Syrien für den Bombenanschlag in Istanbul verantwortlich. Der Befehl für den Anschlag sei aus der nordsyrischen Stadt Kobani gekommen, sagte Innenminister Soylu. Dort sind die türkischen Streitkräfte in den vergangenen Jahren mehrfach gegen die syrisch-kurdische Miliz YPG vorgegangen, die von der Regierung in Ankara als Terrororganisation und Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK angesehen wird.

Bevor die Nachrichtensperre verhängt wurde, spekulierten auch türkische Medien über mögliche Urheber der Explosion. Laut ARD-Korrespondent Oliver Mayer-Rüth richtet sich der Verdacht nicht nur gegen Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), sondern auch gegen den sogenannten "Islamischen Staat" oder Anhänger der Gülen-Bewegung. Letzterer wirft die türkische Regierung seit Jahren vor, hinter dem missglückten Putschversuch im Jahr 2016 zu stehen.

Wie sollten sich Deutsche in Istanbul verhalten?

Das deutsche Auswärtige Amt riet Menschen, die sich in Istanbul aufhalten, nach Möglichkeit zu Hause oder in ihrem Hotel zu bleiben. "Meiden Sie in jedem Fall das betroffene Gebiet", hieß es am Abend in den Reise- und Sicherheitshinweisen für die Türkei. Nach Angaben einer dpa-Journalistin waren der sonst so belebte Taksim-Platz und die İstiklal Caddesi am Abend fast völlig menschenleer.

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Wann gab es die letzten Anschläge in der Türkei?

In der Türkei gab es zwischen 2015 und 2017 mehrere Bombenanschläge, die der Terrorgruppe Islamischer Staat und verbotenen kurdischen Gruppen zugeschrieben wurden. Im Jahr 2016 sprengte sich ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal Caddesi in die Luft und tötete vier Menschen, 39 weitere wurden verletzt.

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