Waffen bei Jugendlichen: "Zuerst ist das Elternhaus gefragt"

Stand: 27.05.2022, 19:08 Uhr

Die Sichtung einer Schusswaffe hat an einer Dinslakener Schule zu einem Großeinsatz der Polizei geführt. Dass Jugendliche Waffen bei sich tragen, sei kein Einzelfall, sagt der NRW-Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Oliver Huth.

Jugendliche tragen Waffen bei sich - ein Einzelfall, Herr Huth?

Oliver Huth: Wir müssen das im Auge behalten. Wir stellen fest, dass wir beispielweise in Düsseldorf eine Waffenverbotszone haben. Die haben wir eingerichtet, weil wir Tatverdächtige festgenommen haben, die zu den Jugendlichen und Heranwachsenden zählen, und die haben Messer mitgeführt und damit entsprechende Straftaten verübt.

Das, was wir an der Schule (in Dinslaken, Anm.d.R.) gesehen haben, ist kein Einzelfall. Ich vermute, dass es mittlerweile zum "schlechten Ton" gehört, so eine Waffe mit sich zu führen. Das kann vielleicht das Ego aufpäppeln, das glauben die Jugendlichen. Und schon haben wir die Situation, dass die Polizei tatsächlich Schulen durchsuchen muss.

Aber dann wäre das doch eigentlich schon alles: Waffenverbotszonen und Kontrollen, oder?

Huth: Zuallererst ist das Elternhaus gefragt. Ich muss mich wirklich fragen, warum es Eltern nicht auffällt, dass Jugendliche und Heranwachsende zu Hause Waffen lagern und diese Waffen auch dann mit in die Schule nehmen. Das Elternhaus ist der erste Punkt, wo so etwas auffallen muss. Das sind keine Kavaliersdelikte - auch mit PTB-Waffen (Schreckschuss-Waffen, Anm.d.R.) kann man erheblichen Schaden anrichten.

Messer sollten in der Schule oder im Bereich der Freizeit auch nichts verloren haben. Das sind gerade Springmesser oder Messer von zehn Zentimetern Klingenlänge, um die es hier geht - Dinge, die in der Altstadt oft sichergestellt worden sind. Die gehören nicht zum Alltag und schon gar nicht zur Sozialisation eines Jugendlichen.

Würde sich nicht auch Präventionsarbeit der Polizei lohnen, beziehungsweise machen Sie so etwas?

Huth: Wir machen als Polizei schon ziemlich viel. Wir gehen in die Schulen, klären auf - über das neue Sexualstrafrecht, über soziale Medien, über Drogen. Waffen haben wir noch nicht konkret auf der Tagesordnung. Ich denke aber, dass zunächst das Elternhaus gefragt ist.

Wir müssen als Polizei im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit aber noch mehr tun und darauf hinweisen, dass Waffen in Händen von Jugendlichen nichts verloren haben - dass der Gedanke, sein Ego damit aufzupolieren, definitiv die falsche Richtung ist und das entsprechende Folgen haben kann. Wie wir bei der Schuldurchsuchung, aber auch bei anderen Sachverhalten gesehen haben.

Da gehört Aufklärung auf die Tagesordnung. Die Polizei ist da ein Treiber, andere Akteure der Gesellschaft aber auch.

Das Interview führte Tobias Häusler in der Freitags-Ausgabe von WDR aktuell (16 Uhr).

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