Infektionsschutzgesetz: Draußen Proteste, drinnen bedrängte Politiker

Stand: 18.11.2020, 19:39 Uhr

Die heftig umstrittene Reform des Infektionsschutzgesetzes hat Bundestag und Bundesrat passiert. Am Brandenburger Tor kam es zu Protesten. Im Parlament wurden Politiker bedrängt.

Es war ein turbulenter Tag im Berliner Regierungsviertel. Während die heftig umstrittene Reform des Infektionsschutzgesetzes Bundestag und Bundesrat im Schnellverfahren passierten, protestierten auf den Straßen tausende von Menschen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.

Ohne Abstand, ohne einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen - die Demonstranten gingen damit das Risiko ein, sich mit dem Coronavirus infizieren zu können. Sie warfen Flaschen, Böller und Steine nach Polizisten. Die Polizei erklärte die Demonstration für beendet. Allerdings blieben die Gegner der Corona-Maßnahmen hartnäckig. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Währenddessen schlugen auch im Parlament die Wellen hoch.

Altmaier von Besucherin bedrängt und bepöbelt

Schon auf den Gängen und vor Aufzügen ging es hart zur Sache. Regierungsvertreter wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wurden von Besuchern bedrängt und angepöbelt - sie waren auf Einladung der AfD im Bundestag. Entsprechende per Handykamera aufgenommene Videos wurden über Twitter verbreitet. Eine Frau redet auf Altmaier ein und sagt dabei: "Er hat kein Gewissen." Altmaier entgegnet, er vertrete seine Wähler.

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"Das hatte heute eine neue Qualität, das gab es bislang so nicht", berichtete WDR-Reporter Philipp Menn in der "Aktuellen Stunde". Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle, der auch von der Frau bedrängt worden war, nannte die Vorgänge eine "Verachtung der parlamentarischen Demokratie".

Hitzige Debatte im Plenum

Auch im Plenarsaal ging es hitzig zu. Die AfD hatte zunächst versucht, das Thema wieder von der Tagesordnung nehmen zu lassen. Sie scheiterte damit aber am geschlossenen Widerstand der anderen Fraktionen. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, kritisierte, die Koalition habe den Abgeordneten nicht genügend Zeit für Prüfung und Debatte gegeben. "Die heutige Gesetzesvorlage ist eine Ermächtigung der Regierung, wie es das seit geschichtlichen Zeiten nicht mehr gab", sagte er.

Abgeordnete der anderen Fraktionen wiesen die Vorwürfe zurück. Das Verfahren sei geordnet und das Parlament "massiv beteiligt" gewesen, sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer. Das Gesetz werde das Parlament in der Corona-Pandemie stärken. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, warf der AfD vor, sie wolle nur Krawall machen. Auch die Publizistin und Ex-Piratin Marina Weisband nannte in der "Aktuellen Stunde" die AfD-Äußerungen "hochgefährlich".

Corona-Maßnahmen gesetzlich untermauern

Redner von FDP, Grünen und Linkspartei kritisierten die Reform des Infektionsschutzgesetzes dennoch. Die geplanten Neuregelungen gäben den Regierungen keine Leitplanken vor, sondern stellten ihnen "einen Freifahrtschein" aus, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner. Ziel der Gesetzesänderung ist es vor allem, bislang per Verordnung erlassene Corona-Maßnahmen gesetzlich zu untermauern und konkret festzuschreiben.