Impfdrängler - Verstöße ohne Folgen

Stand: 19.02.2021, 15:27 Uhr

Sogenannte "Impfdrängler" sorgen zunehmend für Empörung. Strafen für das Vordrängeln zur Corona-Impfung gibt es bisher nicht. Der Fall der beiden Landtagsabgeordneten wird jetzt zumindest geprüft.

Von Nina Magoley

Im Bochumer Augusta-Krankenhaus hatten sich Mitarbeiter darüber empört, dass dort zum Start der Corona-Impfung nicht bloß Pflegekräfte und Ärzte geimpft worden seien, sondern auch die Krankenhausmanager und deren Angehörige. Denn eigentlich soll zunächst nur Klinikpersonal mit direktem Patientenkontakt geimpft werden - zumal bisher nicht genügend Corona-Impfstoff vorhanden ist.

Zahlreiche ähnliche Fälle von "Impfdrängelei" wurden mittlerweile aus vielen Orten des Landes bekannt. So ließ sich der 31-jährige Bürgermeister von Hennef, Mario Dahm (SPD), mit einer angeblich übrig gebliebenen Dosis impfen. Auch der Bürgermeister von Wachtberg, der 57-jährige Jörg Schmidt (CDU), wurde bereits geimpft.

Motiv: Vorbild für Skeptiker

Am Donnerstag wurde bekannt, dass auch zwei Landtagsabgeordnete - der 49-jährige Ralph Bombis (FDP) und der 56-jährige Markus Wagner (AfD) - sich und ihre Ehefrauen vorzeitig impfen ließen. Beide sind Geschäftsführer sozialer Pflegeeinrichtungen, Bombis besitzt gleich drei Altenheime. Sie hätten ein Vorbild sein wollen angesichts der Impfskepsis ihrer Angestellten, begründeten beide ihr Vordrängeln. Bombis schaut als Geschäftsführer nach eigener Aussage "immer mal wieder" in den Heimen vorbei.

Impfverordnung fehlen Sanktionen

Die aktuelle Impfverordnung bleibt an entscheidenden Stellen unpräzise. Unter Paragraf 2, "Schutzimpfung mit höchster Priorität", heißt es, dass Personen, die in Pflegeeinrichtungen "behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind", vorrangig geimpft werden sollten. Diesen Passus hatten zumindest die Klinikleiter und die beiden Politiker offenbar zu ihren Gunsten ausgelegt.

Offenbar fehlt bislang eine klare juristische Handhabe mit solchen Impfdränglern. Auf WDR-Anfrage erklärt das NRW-Gesundheitsministerium, dass bei einem "erheblichen Verdacht auf Missachtung der Impfverordnung" die jeweils zuständige Bezirksregierung den Sachverhalt prüfen und gegebenenfalls "bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringen" könne.

Bezirksregierungen sollen prüfen

Aber auch bei den Bezirksregierungen herrscht über den Umgang mit diesem Problem offenbar Ratlosigkeit. Bisher lägen keine solchen Fälle vor, sagt eine Sprecherin Düsseldorfer Bezirksregierung auf Nachfrage. Strafen oder Bußgelder sehe die aktuelle Coronavirus-Impfverordnung ohnehin nicht vor.

Verantwortlich für die Einhaltung der Impfverordnung seien die Gesundheitsämter, erklärt eine Sprecherin der Bezirksregierung Köln. Laufe hier etwas schief, sei tatsächlich die Bezirksregierung zuständig dafür, die Ämter zurechtzuweisen und um Stellungnahme zu bitten. Allerdings: Irgendwelche Mittel, dann Strafen zu verhängen, hätten die Bezirksregierungen nicht, sagt auch sie.

Im Fall der beiden Landtagsabgeordneten habe die Kölner Bezirksregierung jetzt zumindest die Unteren Gesundheitsbehörden der zuständigen Kommunen angeschrieben und um Stellungnahme gebeten.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte bereits Strafen für Vordrängler gefordert. Die Impfstoffverordnung ziele eigentlich auf eine gerechte Zuteilung des Impfstoffes ab, sagte Vorstand Eugen Brysch vergangene Woche. Es sei "unverständlich", dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Impfverordnung keine Sanktionen für unberechtigte Impfungen vorsieht - nicht einmal als Ordnungswidrigkeit. Spahn hatte angekündigt, dass mögliche Sanktionen im Rahmen der Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Bundestag geprüft würden.