Arbeiten im Homeoffice - kurzzeitiges Phänomen oder echte Chance?

Stand: 11.07.2020, 06:00 Uhr

  • Unternehmen gehen zu alten Arbeitsroutinen zurück
  • Nach Corona-Lösungen: Recht auf Homeoffice nötig?
  • Sorge vor Zwei-Klassen-Arbeitnehmerschaft

Von Claudia Wiggenbröker

Für Nadine Fassbender ist es wichtig, dass sie einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice erledigen kann. "Durch meine Familie wäre das anders gar nicht möglich", sagt die Marketing-Managerin. Zumal Fassbender den Eindruck hat, dass sie daheim produktiver ist.

Damit ist sie nicht allein. Die Technische Hochschule Köln hat zu Anfang der Corona-Pandemie eine Umfrage unter 900 Beschäftigten durchgeführt. Fast jeder zweite Heimarbeiter fand sich produktiver. Und: Die Zufriedenheit mit der Situation war "erstaunlich hoch", sagt Studienleiter Christian Ernst.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch eine Umfrage des Fraunhofer-Instituts (FIT) aus Sankt Augustin. "Der Zwang zum Homeoffice hat deutlich mehr positive Aspekte gezeigt als erwartet", sagt Wolfgang Prinz, stellvertretender Institutsleiter. "Für die Unternehmen gibt es keinen einfachen Weg zurück zu alten Büro-Routinen."

Übergangssituation Homeoffice?

Das sehen viele Betriebe offenbar anders. Laut einer Studie der Uni Mannheim, die dem WDR vorliegt, waren Ende März rund 25 Prozent der Beschäftigten überwiegend in Heimarbeit. Mittlerweile sind es nur noch knapp acht Prozent. "Homeoffice scheint etwas Vorübergehendes zu sein", stellt Katja Möhring von der Uni Mannheim fest.

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Dabei sprachen sich mehr als 70 Prozent der Befragten für ein Recht auf Homeoffice aus, wie auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) es fordert.

Sorge vor der Zwei-Klassen-Arbeitnehmerschaft

Wolfgang Müller, Geschäftsführer von Caramba Chemie in Duisburg, sagt: "Ich bin ein großer Fan von temporärem Homeoffice." Dennoch ist er gegen eine rechtliche Grundlage. Müller graut davor, wie festgelegt werden soll, wer ein Recht auf Heimarbeit hat und wer nicht.

Denn nicht jeder Job kann daheim durchgeführt werden: Schätzungen zu Folge sind es nur rund 40 Prozent aller Tätigkeiten, sagt Betriebswirt Stefan Süß von der Uni Düsseldorf. "Man muss eine Zweiklassengesellschaft in Unternehmen vermeiden, in der Höherqualifizierte und Besserverdienende im Homeoffice arbeiten und andere nicht."

Gründe für Heimarbeit - auch ohne Recht

Auch Christian Ernst von der TH Köln meint, ein gesetzlicher Anspruch auf Heimarbeit ist "nicht zielführend". Vor allem, weil nicht bei allen die Rahmenbedingungen für Heimarbeit gegeben sind - wie funktionierendes Internet.

Es gibt aber trotzdem Gründe für Unternehmen, Homeoffice individuell zu ermöglichen. Schließlich fühlen sich Beschäftigte zufriedener und produktiver. Für Marketing-Managerin Nadine Fassbender ist das nicht das einzige Argument: "Wir hätten weniger Verkehr auf den Straßen." Das habe die Corona-Pandemie ja gezeigt.