Getreide-Ernte

Getreide-Deal zwischen Russland und der Ukraine: "Das ist ein richtiges und wichtiges Zeichen"

Stand: 23.07.2022, 11:36 Uhr

Die Abkommen zu Getreideexporten aus der Ukraine sind unterzeichnet und sollen zunächst für 120 Tage gelten. Doch was bedeutet dieser Schritt - auch für weitere Verhandlungen mit Russland? Politikwissenschaftler Gerhard Mangott im Interview.

Die Ukraine trifft mit der Türkei, der UN und Russland eine Übereinkunft, nach der Getreide aus den blockierten Häfen im Schwarzen Meer exportiert werden kann. Könnte der Deal ein Beginn sein für weitere Verhandlungen? Was sind die strategischen Überlegungen des Kremls? Einschätzungen von Politikwissenschaftler Gerhard Mangott.

WDR: Dieses Abkommen ist auf eine besondere Art und Weise zustande gekommen. Die beiden Kriegspartien haben unmittelbar nichts miteinander verabredet. Das läuft unter Zuhilfenahme der Türkei und der Vereinten Nationen. Halten Sie das für ein vernünftiges Muster, das man womöglich auch in anderen Zusammenhängen noch verwenden könnte?

Gerhard Mangott: Es ist natürlich auch Ausdruck des Misstrauens, dass die Ukraine und Russland nicht gemeinsam das Abkommen unterzeichnet haben. Und dieses Misstrauen ist etwas, was wir im Auge behalten müssen, wenn wir darüber nachdenken, ob dieses Abkommen dann auch reibungslos umgesetzt wird.

Für die große zentrale Aufgabe, nämlich eine Verhandlungslösung zwischen der Ukraine und Russland bezüglich des Krieges zu finden, ist das Modell sicherlich nicht anwendbar. […] Das muss ein direktes Abkommen sein zwischen Russland und der Ukraine.

WDR: Würden Sie nicht denken, dass das, was wir jetzt beim Weizen-Deal gesehen haben, möglicherweise ein Beginn sein könnte für weitere Verhandlungen? Halten Sie das für ein singuläres Ereignis?

Mangott: Ich denke, es wäre falsch zu glauben, dass dieses Abkommen […] tatsächlich auch Auswirkungen hat auf den Kriegsverlauf, selbst auf die politischen Ziele der Kriegsparteien – das wäre überoptimistisch. Aber es ist ein richtiges und wichtiges Zeichen.

WDR: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen diesem Abkommen und der geplanten Reise des russischen Außenministers Sergej Lawrow nach Afrika kommende Woche?

Mangott: Ich glaube schon, dass Russland hier einen Reputationsverlust vermeiden wollte und im Vorfeld der Afrika-Reise von Lawrow gute Stimmung machen wollte.

WDR: Hat Putin eigentlich längst umgeschwenkt von einem Krieg am Boden mit Soldaten hin zu einem vielleicht noch länger dauernden Rohstoffkrieg?

Mangott: Russland spielt mit Europa wie die Katze mit einer Maus, die sie jagt und langsam tötet […]. Und daher erwarte ich auch, dass wir im Gassektor leider noch unangenehme Überraschungen sehen werden.

Das Gespräch wurde für die Online-Version sprachlich bearbeitet und gekürzt. Hier zur vollständigen Version:

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