Gaskrise: Energiekonzern Uniper bittet Staat um Hilfe

Stand: 30.06.2022, 14:37 Uhr

Deutschlands größter Gas-Importeuer spricht mit der Bundesregierung über Hilfen. Es geht um darum, den Düsseldorfer Energiekonzern finanziell zu stabilisieren. Auch ein Einstieg des Staats ist Thema.

Von Jörg Marksteiner

Geht es nach Uniper-Betriebsratschef Harald Seegatz, dann sollte sich der Staat am größten deutschen Gasimporteur beteiligen: „Wenn wir für Deutschland systemrelevant sind, dann sollte Deutschland auch ein Auge darauf haben. Das geht nur, wenn man auch beteiligt ist.“ Die Lage sei dramatisch, meint Seegatz, der auch Mitglied des Aufsichtsrats ist. Nach einer Warnung des Unternehmens verlor der Aktie zwischenzeitlich mehr als 20 Prozent.


Seit dem 16. Juni kommen nur noch 40 Prozent der langfristig bestellten Gasmenge aus Russland an, meldet die Düsseldorfer Konzernzentrale. Uniper ist der größte deutsche Gasimporteur. Um Großkunden wie Stadtwerke und Industriefirmen weiter unterbrechungsfrei zu beliefern, müssen die fehlenden Mengen woanders teuer nachgekauft werden. Die Folge: Ein gewaltiges Minusgeschäft Tag für Tag.

Finanzielle Details nennt Uniper nicht. Aber seit Januar 2021 hat sich der Großhandelspreis für Gas in etwa versechsfacht. Weitergeben kann Uniper die ungeplant hohen Einkaufspreise aber nicht – wegen der laufenden Verträge. Die Gewinnprognose wurde bereits gekippt, von „signifikanten“ Rückgang im ersten Halbjahr ist die Rede. Im Vorjahr lag der Überschuss bei 485 Millionen Euro.

Lange hatte der aus dem Eon-Konzern hervorgegangene Energiemulti gehofft, dass die über Jahrzehnte gewachsenen Geschäftsbeziehungen mit Gazprom auch diesmal halten. Schon seit den 1970er Jahren hatten Vorläuferfirmen wie die Essener Ruhrgas ohne Unterbrechung Erdgas aus Russland importiert – selbst zu Hochzeiten des Kalten Krieges.

Wenn demnächst aber möglicherweise gar kein Gas mehr aus Russland kommt, könnte es für Uniper problematisch werden. Uniper liefert alleine ein Drittel des deutschen Bedarfs und ist größter Betreiber der unterirdischen Gasspeicher. Am 11. Juli wird die Hauptliefer-Pipeline Nord Stream 1 aber planmäßig für etwa 10 Tage für Wartungsarbeiten abgeschaltet. Ob sie danach wieder befüllt wird? Das ist unsicher, warnt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Das Ministerium führt deshalb Gespräche mit Uniper. Das hat eine Sprecherin bestätigt. Wie genau staatliche Hilfen aussehen könnten, ist noch offen. Höhere Kredite der Förderbank KfW kämen genauso in Frage wie Garantien und Sicherheitsleistungen bis hin zu einer möglichen Beteiligung des Staates, heißt es bei Uniper. Das Unternehmen hatte bereits mehrfach betont, es sei systemrelevant für die Gasversorgung in Deutschland und Europa.

Der Konzern bezieht zwar auch Gas aus Norwegen, den Niederlanden, Aserbaidschan und anderen Staaten. Aber: „Im Moment ist Deutschland – und damit Uniper – im Sinne der Versorgungssicherheit auf Gaslieferungen aus Russland angewiesen“, warnte Firmenchef Klaus-Dieter Maubach Mitte Mai beim Aktionärstreffen.

Haupteigentümer von Uniper ist derzeit der Energiekonzern Fortum, an dem wiederum mehrheitlich der finnische Staat beteiligt ist. Uniper beschäftigt insgesamt 11.500 Mitarbeiter, davon knapp 5.000 in Deutschland.