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Strom- und Gasverträge: Kurzfristige Kündigungen oft nicht rechtens
Stand: 19.10.2021, 14:58 Uhr
Viele Verbraucher bekommen zurzeit überraschend eine kurzfristige Kündigung von ihrem Strom - und Gaslieferanten. Die Firmen wollen offenbar Kunden mit günstigen Verträgen loswerden, weil ihnen sonst die Insolvenz drohen könnte.
Von Moritz Börner
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Es handelt sich vor allem um bundesweit aktive Energiehandelsfirmen, die in der Vergangenheit den örtlichen Versorgern die Kunden mit Niedrigpreisen abgeworben hatten. Sie konnten die günstigen Preise anbieten, weil sie das Strom und Gas immer dann eingekauft haben, wenn es am preisgünstigsten war.
Steigende Gaspreise aufgrund hoher Nachfrage
Derzeit gibt es aber kein billiges Gas mehr und auch Strom ist teurer geworden. Damit bricht das Geschäftsmodell der Handelsfirmen zusammen. Im Großhandel hat sich der Gaspreis seit Anfang des Jahres mehr als verdreifacht. Das liegt unter anderem an der starken Nachfrage, weil die Wirtschaft gerade wieder anzieht. Die preisgünstigen Verträge rechnen sich darum offenbar für einige der Anbieter nicht mehr.
Verbraucherzentrale: Viele Kündigungen sind nicht rechtens
Der Anbieter "Immergrün" aus Köln beispielsweise hat die Preise um bis zu 80 Prozent erhöht und einigen Kunden sogar den Vertrag gekündigt. Die Preiserhöhungen wurden dabei intransparent kommuniziert, teilweise müssen die Kunden sich nach Erhalt einer E-Mail erst in ihr Online-Kundenkonto einloggen, um dort Preiserhöhungen vorzufinden. Die Verbraucherzentrale hat das Unternehmen deswegen abgemahnt. Sowohl die Preiserhöhungen als auch die Kündigungen sind aus Sicht der Verbraucherzentrale unzulässig.
Grundsätzlich steht den Energieversorgern das Recht einer außerordentlichen Kündigung zwar zu. Das sei aber extrem selten und müsse gut begründet sein, erklärt Holger Schneidewindt, Experte für Energierecht bei der Verbraucherzentrale NRW.
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"Selbst eine drohende Insolvenz ist kein Grund für eine Kündigung", sagt Schneidewindt. Die Verbraucherzentrale rät darum den betroffene Stromkunden, eine Kopie der Kündigung des Gasvertrags zu schicken. Dann könne die Verbraucherzentrale prüfen, ob ein Schadensersatzanspruch besteht.
Örtliche Versoger müssen Grundversorgung sicherstellen
Frieren muss in diesem Winter aber niemand, weil der Versorger nicht liefern kann oder will. Denn dann springt automatisch der örtliche Energielieferant ein, der die Grundversorgung sicherstellen muss. Da sind die Tarife allerdings meist deutlich teurer. Die Verbraucherzentralen raten darum dazu, "möglichst bald in einen günstigeren Tarif zu wechseln, da die Grundversorger üblicherweise preislich über dem Marktdurchschnitt liegen".