Tempolimit statt Tankrabatt: Was bringt Energiesparen?

Stand: 11.06.2022, 13:21 Uhr

Trotz Tankrabatt bleiben die Preise an den Tankstellen hoch. Kommt stattdessen ein Tempolimit auf Deutschlands Straßen? Und was bringt Energiesparen überhaupt?

Seit gut einer Woche ist die Steuersenkung beim Sprit in Kraft. Doch die Preise an den Tankstellen sind weit weniger gesunken als erhofft. Nun fordern Spitzenpolitiker von FDP und CDU Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf, gegen die Mineralölkonzerne vorzugehen.

Habeck wiederum ruft mit einer Kampagne zum Energiesparen auf. Indes bringt die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ein befristetes Tempolimit und zeitweise Fahrverbote ins Spiel.

Es liegen also einige Ideen auf dem Tisch. Wie sind sie zu bewerten?

Kampagne fürs Energiesparen

Bereits im März hat Habeck zum Energiesparen aufgerufen. Am Freitag stellte er dann, gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft und Verbänden, diesbezüglich eine Kampagne vor. Sie soll in nächster Zeit dort zu sehen sein, wo sich viele Menschen aufhalten: auf digitalen Bildschirmen in den Städten, auf großen Internetseiten, in sozialen Netzwerken. Erreichen will Habeck damit einen bewussteren Umgang mit Energie, um die Gasspeicher bis zum Winter wieder zu füllen.

Bis November sollen die deutschen Gasspeicher zu 90 Prozent gefüllt sein. So hofft Habeck notfalls auch dann durch den Winter zu kommen, falls der russische Präsident Wladimir Putin plötzlich den Gashahn zudrehen sollte. Der aktuelle Stand liegt bei über 52 Prozent, was für Anfang Juni nicht wenig ist im Vergleich mit anderen Jahren.

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Beispiele aus anderen Ländern

Deutschland wäre nicht das erste Land, in dem so eine Strategie funktioniert. Nach einem Tsunami wurde in Japan beispielsweise der Energieverbrauch durch eine Informationskampagne gesenkt - um 15 Prozent, schreibt das Institut für Zukunftsfähige Ökonomien (ZOE). Brasilien schaffte demnach gar 25 Prozent Einsparung nach einer Dürre.

Auch Jörg Marksteiner aus der WDR-Wirtschaftsredaktion sieht im Sparen einen Weg. "Es gibt Schätzungen, dass Haushalte um die zehn bis 15 Prozent an Gas einsparen könnten. Das ist nicht sehr viel, aber in der Summe und über mehrere Monate wäre das schon eine ganze Menge", so Marksteiner.

Hilft ein Tempolimit beim Sparen?

Das gilt auch für den Ölverbrauch: Je weniger Sprit getankt und verfahren wird, desto besser. Ein Tempolimit von 100 auf den Autobahnen würde deutschlandweit fast zehn Prozent Sprit sparen, betonte DIW-Chef Marcel Fratzscher gegenüber dem WDR. Die Frage ist: Gibt es in Deutschland die nötige Akzeptanz? Fratzscher äußerte diesbezüglich Skepsis.

SPD-Chefin Saskia Esken hält zumindest ein befristetes Tempolimit und Sonntagsfahrverbote für denkbar. Sie verwies im Berliner "Tagesspiegel" auf das Energiesicherungsgesetz. Es erlaube der Regierung, solche befristeten Maßnahmen anzuordnen.

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Lindner: Kartellamt soll prüfen

Ferner kritisierte Esken, der Tankrabatt koste die Steuerzahler rund drei Milliarden Euro, werde aber offensichtlich nicht voll an die Autofahrer weitergegeben. "Dass die Mineralölkonzerne jetzt diese Preiserleichterung nicht vollständig an die Verbraucher weitergeben, das stinkt zum Himmel." Das Kartellamt müsse einschreiten.

Das forderte auch Finanzminister Christian Lindner (FDP), der den Tankrabatt maßgeblich befürwortet hatte. Es sei Aufgabe des Kartellamts zu prüfen, dass die Konzerne ihre Marktmacht nicht ausnutzten. Er warnte vor "vorschnellen Urteilen" bezüglich des Tankrabatts. Ob besonders hohe Gewinne bei den in Deutschland ansässigen Mineralölgesellschaften anfallen, könne man derzeit noch nicht sagen, sagte Lindner dem Nachrichtenportal t-online.

DIW-Chef: Tankrabatt gescheitert

DIW-Chef Marcel Fratzscher ist da anderer Meinung. "Der Tankrabatt ist gescheitert, und er musste scheitern", sagt der Ökonom im rbb. Eine solche Steuersenkung könnte nur funktionieren, wenn es Wettbewerb gibt. "Der Markt für Benzin und für Diesel wird von einigen wenigen Mineralölkonzernen und Raffinerien kontrolliert und dominiert", so Fratzscher.

Wenn Unternehmen sehr viel Marktmacht hätten, "dann behalten diese Konzerne diese Steuersenkung für sich und geben sie nicht an die Konsumentinnen und Konsumenten weiter". Die Bundesregierung müsse ihren Fehler korrigieren und den Rabatt wieder stoppen. Das hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ausgeschlossen. Der Rabatt sei per Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden. "Jetzt kann man nicht hergehen und kann sagen, wir ändern das jetzt kurzfristig", sagte Wissing im Deutschlandfunk.

Politiker von FDP und CDU haben noch einen anderen Vorschlag: Um den Tankrabatt nicht kompett versickern zu lassen, soll Wirtschaftsminister Habeck die Chefs der Ölkonzerne einbestellen. So meint der stellvertretende Unionsfraktionschef: "Der milliardenschwere Tankrabatt versickert, und die Ampel schaut zu. Die Ölmultis zum Rapport bestellen ist das Mindeste, was Wirtschaftsminister Habeck tun kann."