G7-Gipfel zu Ende - Scholz würdigt "Klarheit und Stärke"

Stand: 28.06.2022, 16:18 Uhr

Am dritten und letzten Tag des G7-Gipfels hat Kanzler Olaf Scholz eine Abschlusserklärung abgegeben. Mehrere Teilnehmer reisten anschließend weiter zum NATO-Gipfel in Madrid.

Nach drei Tagen Weltpolitik in den bayerischen Alpen ist der G7-Gipfel am Dienstag zu Ende gegangen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte die Ergebnisse als "Signal der Klarheit und Stärke". Die Abschlusserklärung der G7-Chefs demonstriere "die große Kraft demokratischer Bündnisse".

Der Gipfel der sieben großen westlichen Industriestaaten sende drei Botschaften aus, sagte Scholz. Die G7-Staaten stünden erstens gemeinsam für die Unterstützung der Ukraine. Sie engagierten sich zweitens im Kampf gegen den Hunger in der Welt. Und sie behielten drittens die "langfristigen Aufgaben" wie den Klimaschutz im Blick.

Besonders breiten Raum habe der Krieg in der Ukraine eingenommen. "Wir werden weiter die wirtschaftlichen und politischen Kosten dieses Krieges für Präsident Putin und sein Regime in die Höhe treiben", sagte Scholz. In den Beratungen sei es auch schon um den Wiederaufbau der Ukraine gegangen. "Wir brauchen einen Marshallplan für die Ukraine", hob der Kanzler hervor. Die G7 seien bereit, dafür Geld zu mobilisieren.

Von Elmau nach Madrid

Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Direkt im Anschluss an das dreitägige Spitzentreffen machten sich die meisten Teilnehmer auf den Weg nach Madrid. Dort tagen bis Donnerstag die Staats- und Regierungschefs der 30 NATO-Staaten. Auch dieser Gipfel wird ganz unter dem Eindruck der russischen Invasion in die Ukraine stehen: In der spanischen Hauptstadt will das Militärbündnis ein neues strategisches Konzept beschließen.

Unbegrenzte Hilfe für Ukraine

Die G7-Gruppe sagte der Ukraine zeitlich unbegrenzte Unterstützung zu. Dem ukrainischen Staatshaushalt soll für dieses Jahr bis zu 28 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Zudem legten die Staats- und Regierungschefs die Entscheidung über einen Friedensschluss mit Russland alleine in die Hand der Regierung in Kiew. Die Ukraine entscheide über eine künftige Friedensregelung, "die frei von äußerem Druck oder Einfluss ist".

Präsident Selenskyj per Video zugeschaltet

Am zweiten Gipfeltag war am Montag der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zugeschaltet. Laut einem Diplomaten hat Selenskyj die Gipfelteilnehmer gebeten, Luftabwehrsysteme zu liefern. Zudem sollten die G7 für weitere Sanktionen gegen Russland sorgen, der Ukraine beim Export von Getreide helfen und dem Land finanzielle Hilfe zum Wiederaufbau zur Verfügung stellen.

Im weiteren Verlauf ging es in Beratungen mit den fünf Gastländern Indien, Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinien um die Themen Klimaschutz und die weltweite Ernährungskrise infolge des Ukraine-Kriegs gehen.

Fünf Gastländer eingeladen

Bundeskanzler Scholz hatte diese fünf Demokratien eingeladen, um dem wachsenden Einfluss von Russland und China auf der Südhalbkugel entgegenzutreten. Man dürfe nicht in die "Falle tappen, die Putin aufstellt", sagte er mit Blick auf den russischen Präsidenten. Der G7 gehören neben Deutschland die USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan an.

Klimawandel und Energiesicherheit

Die G7-Staaten bekennen sich zum Kampf gegen den Klimawandel, wollen zugleich aber die Sicherheit der Energieversorgung gewährleisten. Dabei gehe es auch darum, schrittweise aus der Kohle auszusteigen und in einer "sozial gerechten" Weise Erneuerbare Energien auszubauen, hieß es in einer Erklärung vom Montagnachmittag.

Zuvor hatte sich Japan gegen eine feste Zielmarke für Elektroautos ausgesprochen. Stattdessen soll lediglich der Anteil von Null-Emissionsfahrzeugen gesteigert werden. Diskutiert wurde außerdem der Vorschlag von Scholz, einen "Klimaclub" zu gründen, in dem Länder mit vergleichsweise hohen Klimazielen ihre Politik abstimmen. Bis Jahresende wollen die G7-Staaten ihn auf die Beine gestellt haben. Den großen Wurf vermissen Klimaschützer angesichts der fortschreitenden Erderhitzung aber.

Die USA warben für eine internationale Preisobergrenze beim Import von russischem Öl. Dies sei effektiver als das europäische Vorhaben, bis Jahresende den Import um 90 Prozent zu verringern, denn dadurch würde der Ölpreis weiter in die Höhe getrieben. Auch beim Gas wurde ein Preisdeckel diskutiert.

Nahrungsmittel-Krise

Angesichts der drohenden Hungerkrise vor allem in Ostafrika stellten die G7-Staaten weitere finanzielle Hilfen in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar (rund 4,3 Milliarden Euro) zur Verfügung. Die gemeinsamen Zusagen für die weltweite Ernährungssicherheit würden sich damit in diesem Jahr auf insgesamt über 14 Milliarden US-Dollar belaufen, hieß es. Die G7 werfen Russland vor, an der gegenwärtigen globalen Nahrungsmittel-Krise eine "enorme Verantwortung" zu tragen.

Am Sonntag kündigten die G7-Staaten bereits ein 600 Milliarden Dollar schwerers Investitionsprogramm für Entwicklungsländer an. 300 Milliarden davon sollen aus der EU kommen. Mit dem Geld sollen Infrastrukturprojekte in Ländern des globalen Südens umgesetzt werden. Ziel ist dabei auch, dem wachsenden Einfluss Chinas entgegenzutreten.

Nur wenige Proteste

Der Gipfel wurde - wie auch in den Vorjahren - von Protesten begleitet; die diesjährigen Kundgebungen fanden jedoch weniger Zulauf als erwartet. An einer Demonstration in München nahmen am Samstag deutlich weniger als die ursprünglich anvisierten 20.000 Menschen teil. Zu der Kundgebung eingeladen hatten 15 Organisationen, darunter Greenpeace, Misereor und die Welthungerhilfe.

Am Sonntag fand im nahe gelegenen Garmisch-Partenkirchen ebenfalls eine Protestveranstaltung mit mehreren hundert Teilnehmern statt.

Vor dem Bundesfinanzministerium in Berlin demonstrierten am Montag außerdem einige Klimaaktivisten. Rund 40 Menschen blockierten den Haupteingang und die Toreinfahrt des Gebäudes, wie die Polizei mitteilte. Die Gruppe "Debt for Climate" erklärte, sich mit der Blockade für einen Schuldenerlass für Länder des globalen Südens einzusetzen.

Wie groß ist der Einfluss der G7-Staaten?

Beim Gipfeltreffen demonstrierten die Staats- und Regierungschefs Geschlossenheit im Kampf gegen die globalen Krisen. Doch sind die G7-Staaten noch die Entscheider des 21. Jahrhunderts? "Zumindest sind dahingehend gestern erste Zeichen gesetzt worden, dass sich Staaten zusammentun, die demokratische Werte vertreten, die nach wie vor wirtschaftlich stark sind und die ein Gegenmodell etablieren möchten zu Staaten wie China oder Russland", sagte Martin Koch, Politikwissenschaftler an der Uni Bielefeld, am Montag dem WDR.

Zwar habe die Gemeinschaft nicht mehr die absolute Stärke inne. Dennoch sei ein solches Gegenmodell wichtig, insbesondere für Staaten, "die gewissermaßen noch unentschlossen sind. Also Staaten in Afrika, in Asien." Auch wenn die Ergebnisse der Gipfeltreffen in Form von Abschlusserklärungen größtenteils bereits vorbereitet würden, seien die persönlichen Besprechungen dabei nicht zu unterschätzen, so Koch.

Fuest: "Direkt bestimmen geht nicht"

Zustimmung zu Kochs Einschätzung zur Rolle der G7-Staaten kommt von Clemens Fuest, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni München und Präsident des Ifo-Instituts: "Es ist richtig: Sie alleine können die Weltwirtschaft nicht bestimmen", sagte er am Dienstag dem WDR. Aber die G7-Staaten seien sich immerhin untereinander einigermaßen einig - im Unterschied zu den G20-Staaten.

"Insofern ist es gar nicht schlecht, wenn man sagt: Okay, unter den G7-Staaten versuchen wir mal paar Punkte zu finden, bei denen wir uns jedenfalls einig sind und dann gehn wir auf die anderen zu." Fuest schränkte aber ein: "Was man nicht kann, ist, von den G7 aus direkt bestimmen, was dann so läuft."