Angela Merkel spricht im Rahmen der G-7-Konferenz am 8. Juni 2015 mit Barack Obama auf einer Wiese bei Schloss Elmau.

Die Macht der Bilder bei G7

Stand: 27.06.2022, 17:02 Uhr

Ein überdimensionierter Strandkorb oder entspannte G7-Politiker vor Alpenpanorama: Bei Gipfeln der Staats- und Regierungschefs kommen auch immer nette Bilder heraus - wohl nicht ganz zufällig.

Die bayerischen Alpen erfüllten mit gewohnter Souveränität die Rolle, die die Gipfel-Regisseure ihnen zugedacht haben. Unter sommerlich blauem Himmel bot das Wettersteinmassiv am Sonntag die perfekte Kulisse für das traditionelle Familienfoto beim Gipfeltreffen der G7-Staaten auf Schloss Elmau. Ein gelungener Auftakt - denn solche Bilder sind keine reine Nebensächlichkeit in der internationalen Politik.

Botschaften fürs Auge: Die Macht der Bilder bei G7-Gipfeln

Die Mächtigen der Welt produzieren einprägsame Fotos: Beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau platzieren sie per Bildsprache ihre Botschaften. Aktuelle und historische Ansichten.

Die Chefs haben sich beim G7 Treffen auf Schloss Elmau nach dem Abendessen zu einem informellen Gruppenbild an der ·Merkel - Obama· Bank aufgestellt.

Die sieben Staats- und Regierungschefs sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel stehen beim informellen Gruppenfoto am Sonntag nicht nur vor einem imposanten Alpenpanorama. Hinter ihnen ist jene Holzbank zu sehen, die schon einmal im Blick der Weltöffentlichkeit gestanden hat.

Die sieben Staats- und Regierungschefs sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratschef Charles Michel stehen beim informellen Gruppenfoto am Sonntag nicht nur vor einem imposanten Alpenpanorama. Hinter ihnen ist jene Holzbank zu sehen, die schon einmal im Blick der Weltöffentlichkeit gestanden hat.

2015 hat hier die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem entspannten US-Präsidenten Barack Obama offenbar die Welt erklärt. Diesen Eindruck vermitteln zumindest die ausgebreiteten Arme der beiden. Ein Bild, das gleichzeitig Dynamik und Gelassenheit ausstrahlt.

Bereits bei der Ankunft der internationalen Gäste am Samstag hat es in München aussagekräftige Bilder gegeben. Auch wenn er beim G7-Gipfel nicht am Verhandlungstisch sitzt: Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) präsentiert sein Bundesland bei Empfang von US-Präsident Joe Biden mit Gebirgsschützen und Trachtlern.

Ein Signal der Solidarität vom Gipfel am Montag: Während die G7-Teilnehmer tagen, ist der ukrainische Präsident Selenskyj zugeschaltet. Die Welt soll wissen: Das Land, das unter dem russischen Angriffskrieg leidet, ist nicht vergessen. Bis vor einigen Jahren saß Russland mit am Gipfel-Tisch, die Veranstaltung hieß damals noch G8.

Der letzte G8-Gipfel fand 2007 in Heiligendamm statt. Gastgeberin Angela Merkel hatte damals die Teilnehmer in einen überdimensionierten Strandkorb gebeten, um Zusammenhalt zu demonstrieren. Damals war der russische Präsident Wladimir Putin noch dabei - bevor das geplante G8-Treffen in Sotschi 2014 wegen der Krimkrise platzte.

2018 macht der offizielle Fotograf der Bundesregierung beim Gipfel in Kanada ein Bild, das Angela Merkel ebenfalls gefallen dürfte: Am Rande der Beratungen lehnt sie sich stehend in Richtung Donald Trump. Ihre Körpersprache drückt Entschlossenheit aus. Der sitzende US-Präsident wirkt mit seinen verschränkten Armen klein und abwehrend. Oder ist es anders herum? Ist Trump in einer herausgehobenen Machtposition, weil alle anderen stehen?

Schloss Elmau 2022: Kanzler Scholz weiß, wie wichtig Fotos für Gastgeber sind. Während er und seine Frau Britta Ernst bei der Begrüßung von Emmanuel Macron und Brigitte Macron jedoch fast etwas steif wirken, lächelt und winkt das französische Präsidentenpaar schon beinahe lässig.

Doch es geht anscheinend auch locker - wenn der Krawattenzwang aufgehoben ist: Bei Familienfoto-Sessions sind Selbstdarstellungsqualitäten gefragt. Mit großen Gesten sticht dabei der britische Premier Boris Johnson heraus.

Auch die Partnerinnen der Staatschef werden abgelichtet. Beim Damenprogramm ist eine Nordic-Walking-Wanderung mit dem ehemaligen Ski-Profi Christian Neureuther und der früheren Biathletin Miriam Neureuther angesagt. Fotos davon gibt es allerdings nur in Ruheposition.

Die G7-Gipfel-Kritiker nehmen sich an den Politikern ein Vorbild und stellen sich ebenfalls in einer Reihe auf. Hier tragen Aktivisten der Organisation Oxfam Masken der G7-Spitzenpolitiker - und unterstellen ihnen, in Richtung "Profite ohne Ende" unterwegs zu sein.

Doch nicht jeder Protest bleibt friedlich. Zu den einprägsamen Bildern von G7-Gipfeln gehören auch Fotos, wie sie 2007 von den Demonstrationen gegen die Veranstaltung in Heiligendamm um die Welt gingen. Um solche Fotos zu vermeiden, werden solche Gipfel möglichst in schwer zugänglichen Orten abgehalten - wie auf Schloß Elmau. Bisher ist es dort noch nicht zu schweren Auseinandersetzungen gekommen.

Oft seien es gerade diese Fotos, die von Gipfeln "im gemeinsamen Gedächtnis bleiben", sagt Publizistik-Professor Joachim Trebbe von der Freien Universität Berlin. Durch die Bildinszenierung würden "Symbole geschaffen, um Einigkeit, gemeinsame Strategie und Führungsstärke zu demonstrieren". Die Bundesregierung als Gipfel-Gastgeberin könne in Elmau "die Stellung Deutschlands in der Mitte dieser G7-Partner inszenieren", sagt Trebbe.

Ein bisschen Glück gehört freilich immer dazu - denn dass die Sonne über Bayern am Sonntag so herrlich strahlte, lag nicht am organisatorischen Geschick der deutschen Gipfel-Planer. Im Presseprogramm fand sich unter dem Programmpunkt "Familienfoto" der lakonische Satz: "Im Falle von schlechtem Wetter entfällt dieser Termin ersatzlos."

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