Früherer WDR-Intendant Fritz Pleitgen gestorben

Am 15. September 2022 ist der Journalist und frühere WDR-Intendant Fritz Pleitgen im Alter von 84 Jahren in Köln gestorben. Ein Rückblick in Bildern.

Die Rolle(n) seines Lebens: Fritz Pleitgen ist Hörfunk-Chef, Fernseh-Chefredakteur, WDR-Intendant und ARD-Vorsitzender. "Aber in meinem Herzen bin ich immer Reporter geblieben", sagt er selbst. Sonore Stimme, Mikro in der Hand, so steht er vor der Kamera. Das tut er seriös und mit Leidenschaft – egal, ob er vor dem Kreml steht oder am Drachenfels.

Pleitgen kommt von der Zeitung, schreibt schon mit 14 Jahren Sportberichte und arbeitet dann als Redakteur für die Bielefelder "Freie Presse". 1963 wechselt er das Medium und wird Fernseh-Reporter für den WDR – obwohl "Fernsehen für uns etwas Halbseidenes war".

Zypern-Krieg, Sechs-Tage-Krieg, NATO-Sitzungen in Brüssel und Einsatzzentrale im Kölner Polizeipräsidium: Wo es brennt, ist Pleitgen dabei. Ungefährlich ist das nicht: In Kairo wird er von aufgebrachten Einwohnern fast gesteinigt und kann sich gerade noch in Sicherheit bringen. Später macht er sich dafür stark, dass Auslandsreporter besonders ausgebildet und geschützt werden.

Unser Mann in Moskau: 1970 geht Pleitgen als ARD-Korrespondent hinter den "Eisernen Vorhang". "Als Reporter des Kalten Krieges", so "Die Zeit", wird er zum "Fernseh-Denkmal". Für Pleitgen und seine Frau sind die sieben Moskauer Jahre voller organisatorischer Herausforderungen: 15 Mal fährt er die 2.200 Kilometer zwischen Köln und Moskau mit dem Auto, auf kaputten Straßen und bis unters Dach beladen mit Konserven, Windeln und Babynahrung für den kleinen Sohn.

Weil die DDR-Behörden den ARD-Korrespondenten Lothar Loewe des Landes verweisen, wechselt Pleitgen von Moskau nach Ost-Berlin. Trotz der heiteren Miene, die er vor dem Staatsratsgebäude zeigt: Es ist ein schwieriger Posten mit schwierigen Arbeitsbedingungen. Der "Tiger", wie er bei der Stasi heißt, wird auf Schritt und Tritt beobachtet, Drehgenehmigungen gibt es selten. Das Team verlegt sich auf Berichte über ostdeutsche Landschaften. Jahre später, nach der Wiedervereinigung, kommt Pleitgen wieder – diesmal ungehindert, aber immer noch voller Neugier.

Die Frau hinter Pleitgen: Gerda ist die Familienmanagerin, die den Alltag in Washington, am Rhein oder wie hier in Ost-Berlin organisiert. "Meine Frau ist das Zentrum“, so Pleitgen. "Aber ich spüre auch ein schlechtes Gewissen - ich habe mich zu wenig um die Kinder gekümmert." Das "Bazillus Journalismus" schien aber ansteckend zu sein: Drei seiner vier Kinder gingen ins Mediengeschäft.

Von Ost-Berlin nach Washington, von Ost nach West: Krasser hätte der Wechsel kaum sein können, den Pleitgen und seine Familie 1982 vollziehen. Fünf Jahre bleibt er in der amerikanischen Hauptstadt, in der Präsident Ronald Reagan den Ton angibt. Dessen "Star Wars"-Politik kritisiert er scharf – zum Missfallen konservativer Kollegen, die ihm Antiamerikanismus vorwerfen.

Ein viel zu kurzes Jahr in New York – dann ruft ihn das Mutterhaus an den Rhein zurück. Im Rückblick tröstet er sich: "Ich habe immer Glück gehabt. Welchen Job ich auch annahm, plötzlich ging da was los." Kurz nach seiner Rückkehr ist das der Mauerfall – "mein einschneidendstes Erlebnis". Pleitgen berichtet aus Berlin und interviewt den Übergangs-Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz. Nicht allen Zuschauern gefällt dabei Pleitgens scharfer Ton.

Bald darauf wechselt der Fernsehmann das Medium, wird Hörfunk-Direktor und krempelt die Wellen um: WDR 5 als Wortprogramm und Eins Live für die jungen Hörer. Ein ehrgeiziges Vorhaben, das er in nur 14 Monaten umsetzt.

Denn schon 1995 räumt Nowottny den Chefsessel für Pleitgen. "Um das Amt des Intendanten habe ich mich nicht gerissen", sagt Pleitgen, "ich wollte lieber Journalist sein". Aber er weiß auch, dass der Sender fit für die Zukunft gemacht werden muss. Das bedeutet Kampf: um neue Strukturen, um die Zuhörer und Zuschauer, gegen die private Konkurrenz. Sein Credo: Mehr Information, mehr Internet, mehr Region.

Stand: 16.09.2022, 11:12 Uhr