Kulturkampf ums Fleisch: Schwarzer Metzger statt grünem Vegetarier
Aktuelle Stunde . 30.04.2025. 36:24 Min.. Verfügbar bis 30.04.2027. WDR. Von Jan Hofer.
Neuer Landwirtschaftsminister will mehr Fleisch in Kitas und Schulen
Stand: 30.04.2025, 16:25 Uhr
Der designierte Bundeslandwirtschaftsminister Rainer will wieder mehr Fleisch an Kitas und Schulen. Wie zeitgemäß ist das noch?
Von Jörn Kießler
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Zu den Kommentaren [48]Wenn am kommenden Wochenende viele Menschen in NRW das schöne Wetter nutzen, um die Grill-Saison zu eröffnen, sollte laut dem designierten Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) vor allem Fleisch auf den Tellern landen. Wenn es nach dem gelernten Metzgermeister aus Bayern geht, könnte der Fleischpreis unter der schwarz-roten Koalition womöglich sogar sinken. "Ich bin ein großer Freund der sozialen Marktwirtschaft", so Rainer im Gespräch mit der "Bild"-Zeitung. "Das bedeutet: Fleischpreise macht nicht der Minister sondern der Markt."

Der noch geschäftsführende Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir
Damit spielt er auf seinen Vorgänger an, den noch geschäftsführenden Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), der während seiner Amtszeit die Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent ins Spiel brachte. Da diese Forderung nicht umsetzbar war, hatte sich Özdemir zuletzt für eine neue Abgabe auf Fleisch in Höhe von zehn Cent pro Kilo stark gemacht.
Sein Nachfolger schließt eine solche Steuererhöhung jedoch aus. Stattdessen will sich Rainer dafür einsetzen, dass auf den Speiseplänen von Kitas und Schulen wieder häufiger Fleisch steht.
Ernährungsforscherin: Genug Fleisch an Kitas und Schulen

Melanie Speck vom Wuppertal Institut
"Unter gesundheitlichen Aspekten wäre das alles andere als sinnvoll", sagt dazu Melanie Speck, die am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie zu nachhaltigen Ernährungssystemen forscht. Schon jetzt sei es so, dass Kinder und Jugendliche häufig das zwei- bis vierfache an Fleisch und Wurst essen, was die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt.
"Niemand will in Schulen und Kitas Fleisch verbieten. Mehr Angebot wird dort aber absolut nicht gebraucht." Melanie Speck, Senior Researcherin am Wuppertal Institut
Gerade mit Blick auf die gesundheitlichen Folgen rät sie davon ab. "Seit Jahren ist bekannt, dass übermäßiger Fleischkonsum unter anderem krebserregend sein kann", sagt Speck.
Fleischproduktion und -konsum zieht Folgekosten nach sich
Die Behandlung dieser Krankheit, aber auch von Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Typ-2-Diabetes, ist auch ein Kostenfaktor. So kommt eine Studie, die das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) für die Umweltschutzorganisation Greenpeace durchgeführt hat, zu dem Ergebnis, dass Gesundheitskosten in Höhe von gut 16 Milliarden Euro durch den übermäßigen Konsum von rotem Fleisch, Schinken und Wurst entstehen könnten.

Dirk Jansen vom Bund für Umwelt- und Naturschutz NRW
Nicht nur deshalb empfindet der Geschäftsleiter des BUND NRW den Vorstoß von Alois Rainer als "aus der Zeit gefallen". "Wir wissen alle seit langem, dass die Landwirtschaft und die Massentierhaltung einer der größten Treiber der Klimakrise ist", sagt er. Laut der FÖS-Studie zieht die Fleischproduktion in Deutschland jedes Jahr 21 Milliarden Euro Kosten durch Umwelt- und Klimaschäden nach sich.
Jansen bezeichnet die Idee aber auch noch aus einem anderen Grund als "hanebüchen". "Seit Jahren wirft vor allem die CSU den Grünen vor, eine Verbots-Partei zu sein", sagt er. "Und jetzt will Herr Rainer quasi per Dekret den Fleischkonsum an Kitas und Schulen vorschreiben." Jansen ist jedoch der Meinung, dass die meisten Menschen sich durch so etwas nicht beeinflussen lassen. Das lasse sich schon allein daran ablesen, wie die Zahl der Vegetarier und Veganer in den vergangenen Jahren gestiegen sei.
Fleischkonsum in Deutschland seit drei Jahren auf selbem Niveau
Laut der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse aßen im Jahr 2024 8,43 Millionen Menschen in Deutschland kein Fleisch. Weitere 1,47 Millionen verzichteten als Veganer sogar komplett auf tierische Produkte. Vor zehn Jahren lag die Zahl der Vegetarier noch bei 5,36 Millionen, die der Veganer bei 850.000.
Zu diesen Zahlen passt auch der Rückgang des Fleischkonsums. Nach Informationen des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) hält sich der Konsum von Fleisch zwar seit etwa drei Jahren auf dem selben Niveau, in den Jahren davor war er aber kontinuierlich gesunken. So aß im vergangenen Jahr jeder Mensch in Deutschland im Schnitt etwa 53 Kilogramm Fleisch. 2015 waren das noch etwa acht Kilogramm mehr.
Melanie Speck vom Wuppertal Institut wundert das nicht. "Dass den Menschen in Deutschland mittlerweile viel bewusster ist, wie Gesundheit, Umweltschutz und Tierhaltung zusammenhängen, wurde bereits während des ersten Bürgerrats 2024 deutlich", sagt die Forscherin, die dem Gremium als Expertin angehörte. In der Empfehlung, die der Bürgerrat nach Abschluss veröffentlichte, findet sich unter anderem die Forderung nach einer Tierwohlabgabe.
Sollte diese nicht beschlossen werden, schlägt der Bürgerrat vor, Fleischprodukte aus den niedrigeren Haltungsformen 1 und 2 mit 19 Prozent zu besteuern. Für die Haltungsformen 3, 4 und bio hingegen soll demnach weiter der ermäßigte Mehrwertsteuersatz gelten.
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Interview mit Melanie Speck vom Wuppertal Institut
- Interview mit Dirk Jansen vom BUND NRW
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
- Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse 2024
- "Bild"-Zeitung vom 30.04.2024
- Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag von Greenpeace zu verwsteckten Kosten der Ernährung
Über dieses Thema berichten wir am 30.04.2025 auch im WDR Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.
48 Kommentare
Kommentar 48: Susanne schreibt am 02.05.2025, 15:04 Uhr :
Da wettern CDU/CSU jahrelang über die Grünen als Verbotspartei, und jetzt schreibt der CSU-Agrarminister den Kindern vor, was auf Teller gehört..... genau mein Humor
Kommentar 47: Paul S. schreibt am 02.05.2025, 14:30 Uhr :
How to feed the world? Nur mit Pflanzen und Gemüse? Felder, Wiesen werden zweckentfremdet für Photovoltaik. Wie lange können dabei noch Äcker geerntet werden, die Milliarden an Veganer ernähren müsste auf der Welt, wenn es kein Fleisch mehr geben soll? Dazu sollten wir alle Fische und Muscheln, Austern, die Hummer einfach in Rente schicken. Proteine, Vitamine bekommt dann jeder im Lebensmittelladen „ Apotheke zu kaufen? Pillen und Säfte gibt es dort aus dem Chemie- Labor barrierefrei. Konservierungsstoffe sind auf Dauer gesund beim fleischlosen Fastfood beim Discounter?? Für alles ist ein Kraut gewachsen, was die Gesundheit erhält? Überdosiert ist alles nicht gesund. Hat sich schon mal einer gefragt, warum das Vieh überhaupt auf der Welt ist? Wer Veganer ist, sieht das Vieh nur als Streicheltier an? Der Christ isst auch heute noch an Ostern sein Opferlamm?
Kommentar 46: P. K. schreibt am 02.05.2025, 09:26 Uhr :
Das ist doch einfach absurd! (Mehr Fleisch in Kitas, nicht die Ablehnung von höherer Steuer, die vor allem die Unter- und Mittelschicht treffen würde) - Gesundheitlich nicht sinnvoll - widerstrebt sogar den öffentlichen Empfehlungen - Was hat ein Landwirtschaftsminister für eine Kompetenz beim Kita-Essen mitzureden? Ganz zu schweigen vom Tierleid, dass nicht mal erwähnt wird.
Antwort von Brigitta S. , geschrieben am 02.05.2025, 11:11 Uhr :
Ich bin der Ansicht, jeder Mensch hat das Recht selbst zu entscheiden was es isst. Kitas sind öffentlich, da sollten die Eltern mitentscheiden dürfen was auf den Teller für ihr Kind kommt. Die Auswahl ob Fleisch oder Gemüse in den Kitas, die sollte vorhanden sein. Fleisch weniger essen ist angesagt. Wer ein XXX- Schnitzel isst, ist selbst schuld. Die Welt redet einseitig beim Vieh über ihr Tierleid. Das exotische Wildtiere lebenslang in Käfige leben müssen im Zoo, dass wird verdrängt? Sie bekommen oft psychisch Störungen, wenn sie aus der Savanne importiert werden, worüber die Besucher ob Klein oder Groß sich amüsieren. Eine Tiergerechtehaltung ist wichtig für alle Tiere. Was macht ein Massai in Afrika mit seinen Ziegen und Kühen? Denen kann kein Mensch der Welt ihre gewohnte Nahrung verbieten, sonst würden sie an Hunger sterben bei diesen Klima. Ihr Acker, Feld wird von Heuschrecken in wenigen Minuten leerfressen.
Kommentar 45: Georg Denk schreibt am 02.05.2025, 07:45 Uhr :
Unglaublich dass solche rückwärts denkende Menschen in der Verantwortung sind und über unsere Zukunft entscheiden. Herr Rainer gehen Sie in Rente und träumen Sie davon als alles besser war, Frauen in der Küche waren, Fleisch auf dem Teller und der deutsche Diesel noch das Maß der Dinge ist. Lesen Sie mal 98% der wissenschaftlichen Ausführungen zu den Thema und lesen was zu viel Fleischkonsum mit der Umwelt und den Menschen macht. Von Massentierhaltung und den Gepflogenheiten bei Tönnes und Co. Ganz abgesehen.
Kommentar 44: Bibi schreibt am 02.05.2025, 00:48 Uhr :
Was für eine Empörungswelle. Man könnte fast lachen, wenn es nicht so traurig wäre. Es soll jeder essen, was er möchte. Zu einer abwechslungsreichen gesunden Ernährung gehört auch Fleisch. Punkt, Ende, aus. Auf jedem Teller, auch in der Kita.
Antwort von otto , geschrieben am 02.05.2025, 11:55 Uhr :
Donnerwetter! Erst schreiben Sie das "jeder essen solle was er möchte", um dann, nach einer erwiesenen Falschaussage über gesundes Essen, jedem -auch in der Kita- zum Fleischkomsum zu zwingen. Das ist nicht nur dumm, sondern auch autoritär und Oberlehrerhaft. Stuft Ihren Beitrag in die Kategorie "Platzverschendung"
Kommentar 43: Jürgen Breuer schreibt am 01.05.2025, 23:55 Uhr :
Genau! Die Kinder müssen Fleisch essen, bis sie kotzen. Denn nur so lernen sie, dass es notwendig ist, alles für das Wachstum der Industrie zu machen.
Kommentar 42: Daniela Düsentrieb schreibt am 01.05.2025, 22:24 Uhr :
Wenn ich diese Kommentare hier so lese, rege ich mich wirklich auf. Niemand wird hier gezwungen Fleisch zu essen, nur weil es angeboten wird! Aber angeboten werden, sollte es! Jeder kann dann selbst wählen, was er/sie essen möchte und was nicht, wo ist jetzt das Problem? Es war doch die links-grüne Riege, die der Meinung war, es bräuchte in staatlichen Institutionen weniger Fleisch oder auch keines, was übrigens sehr wohl teilweise auch umgesetzt wurde, und DAS empfinde ich als Vorschrift, nicht eine Auswahlmöglichkeit! Wer kein Fleisch will, der muss es ja nicht essen. Zu einem ausgewogenen Mittagsmahl gehört für mich allerdings Fleisch ebenso wie Gemüse, Kartoffeln oder was auch immer. Im Übrigen: Wir haben weitaus wichtigere Probleme als die Tatsache, dass Fleisch in Kitas angeboten wird...
Kommentar 41: Vivian schreibt am 01.05.2025, 21:20 Uhr :
Dieser Fleisch-Minister sollte vom Amt zurücktretten weil er wirtschaftlichen Vorteil für seinen Berufsbranchen schaffen möchte, ohne die Gefahr von Fleisch-, und seine Lagerung und Bearbeitung zu berücksichtigen. Er ist unqualifiziert als Minister, als Beamter, als ein verantwortlichen Burger der Bundesrepublik. Fleisch essen kommt von brutale Massentierhaltung, verursacht vieleKrankheiten wie Krebs, Turmor, Herzkrankheiten. Viel Kinder wollen heutzutage schon ihren Mitgefühl für Tier wach und die Tötung von Tier abgelehnt. Nun dieser Minister möchte mit Fleisch im Kita die Kinder dazu führen, die Tierliebe, das Mitgefühl und das Selbstrespekt vergessen und zu brutalen und herzlosen Metzger heran wachsen? Das ist Rückschritt der Bewusstseinsevolution, Zivilisationsforschreitung. Schluss mit diesem Metzger-Minister!
Antwort von Franziska 1 , geschrieben am 01.05.2025, 22:12 Uhr :
Sorry, der Kommentar enthält Unterstellungen, Vermutungen über diesen Minister. Ich würde es niemals wagen, virtuell anonym so zu schreiben. Nicht weil ich feige wäre, sondern wir User sind nicht die Justiz, dass sollte besser ein Gericht beurteilen und die Wahrheit raus finden.
Kommentar 40: Frank schreibt am 01.05.2025, 20:16 Uhr :
Das kommt davon, wenn man einen Lobbyisten zum Landwirtschaftsminister macht. Jedem Deppen sollte inzwischen klar sein, dass viele unserer Probleme von zu hohem Fleischkonsum kommen. Industrielle Fleischherstellung ist schlecht fürs Klima, das Wasser und vor allem für die Tiere, und zu viel Fleisch schadet der Gesundheit. Eine Abgabe, wie Cem Özdemir sie gefordert hat, ist nur konsequent und richtig. Wenn Gemüse teurer ist als Fleisch, läuft etwas gründlich schief.
Kommentar 39: Tina schreibt am 01.05.2025, 19:51 Uhr :
Wer Kindern zuviel Fleisch gibt, der macht sie süchtig danach. Mehr Fleisch wird auch nicht von unseren Bauern kommen, sondern von den Rindern für die Regenwald abgeholzt wird. Ein ausgewogenes Essen, das auch Fleisch, aber vor allem Gemüse enthält ist für unsere Kinder gut, für die Bauern und vor allem für die Gesundheit.
Kommentar 38: Hans aus K. schreibt am 01.05.2025, 16:57 Uhr :
Ich möchte nicht wissen,wie viele,die sich hier so gegen den Verzehr von Fleisch äußern, heimlich zu MC-D oder sonst in Fastfood Restaurants gehen um endlich ein Stück "Fleisch" zu "genießen*. Und genau das machen Kinder und Jugendliche auch, wenn sich die Gelegenheit bietet. Dann doch lieber in Schulen oder Kitas in entsprechender Menge und Qualität verabreichen. Aber bitte nicht wieder von einer Minderheit Vorschriften über ein wie oft es Fleisch zu Mittag gibt. Jedem nach seinem Geschmack
Antwort von Michi , geschrieben am 01.05.2025, 20:31 Uhr :
Das ist die Ausrede für die Leute, die gar nichts tun wollen, nämlich anderen vorhalten, sie seien auch nicht perfekt. Es geht nicht um Verbote, sondern um Befolgung von Empfehlungen, die der Gesundheit der Kinder und zugleich dem Klimaschutz dienen. Wollen sie Kindern auch beliebig viel Süßes in Kitas erlauben, nur weil sie sich auch außerhalb der Schule damit versorgen?
Antwort von Jana , geschrieben am 01.05.2025, 20:40 Uhr :
Der erste Satz ist reine Spekulation ohne jeglichen Faktennachweis – argumentationstechnisch irrelevant. Wenn Vorschriften abgelehnt werden, dann doch bitte konsequent, und zwar auch den, in Kitas und Co., mehr Fleisch anzubieten. Niemand verbietet den Konsum von Fleisch. Gesellschaftlich ist es sehr sinnvoll, in staatlichen Einrichtungen eine vielfältige Ernährung anzubieten, die wissenschaftliche Erkenntnisse sinnvoll umsetzt. »Mehr Fleisch« ist einfach nicht mehr zeitgemäß.
Antwort von Hans aus K. , geschrieben am 01.05.2025, 22:04 Uhr :
An Michi: Auf den Hinweis - Klima - habe ich gewartet. Dies ist genau was ich meine, eine Minderheit will den anderen ihre Meinung aufzwingen. Unsere Kinder bekommen Fleisch und mögen dies auch. Ich werde mich jetztverabschieden, eine reale Diskussion scheint mir hier nicht möglich