Es gibt mehr Angebote im Fernverkehr, doch weiterhin Ausfälle bei S-Bahnen und Regionalzügen. Zusätzlich steigen auch die Ticketpreise. Mit dem Fahrplanwechsel der Deutschen Bahn am Sonntag müssen sich Kunden in NRW umgewöhnen. Laut einer nicht repräsentativen WDR-Umfrage erwarten Pendler und Reisende wenig Verbesserungen. Was der wohl auch Fahrplanwechsel nicht ändern wird, ist der tägliche Stress durch Ausfälle und Verspätungen.
Wie man mit diesem Stress beim Pendeln mit der Bahn oder dem Auto umgehen kann, erklärt der Verkehrspsychologe Christian Müller vom TÜV Nord.
WDR: Herr Müller, viele Menschen empfinden das Pendeln zur Arbeit als Zumutung. Warum ist das so?
Christian Müller: Wie stark die Belastung ausfällt, ist individuell sehr unterschiedlich. Das hängt zum Beispiel von der Wahl des Verkehrsmittels ab: Ist es das Auto, das natürlich stressstärkste Verkehrsmittel zum Pendeln? Und es hängt von meiner persönlichen Stärke ab, mit Stress, die das Pendeln auf jeden Fall verursacht, umzugehen.
WDR: Ist es eine geringere Belastung, wenn ich Fahrrad fahre oder zu Fuß gehe?
Müller: Grundsätzlich ja: Das ist eine körperliche Betätigung - selbst, wenn ich nur zu Fuß gehe. Wenn es längere Strecken sind, die ich zum Bahnhof gehe und dann weiter zur Arbeitsstelle und zurück, dann habe ich unter Umständen am Tag auch vier Kilometer Spaziergang. Und das tut dem Körper natürlich viel besser als still sitzen im Auto oder in der Bahn. Und Fahrradfahren ist natürlich das Allerbeste. Da gibt es Studien, die belegen, dass das für die Herz-Kreislauf-Gesundheit hervorragend ist.
WDR: Für viele Pendler ist das Auto aber die einzig praktikable Möglichkeit. Können die auch was tun, um den Stress zu senken?
Müller: Erstmal kommt es darauf an, dass ich mich nicht jeden Tag über denselben Stau ärgere. Da kann man an der inneren Einstellung arbeiten und schauen, dass man den Stau einfach als gegeben hinnimmt. Dann ist die Zeitplanung wichtig. Denn der Stress entsteht ja häufig dadurch, dass ich Meetings habe, die so früh angesetzt sind, dass ich durch den Stau in Zeitdruck komme. Wichtig wäre auch, dass ich einen Plan B habe, dass ich weiß, wenn ich in den Stau komme, dann habe ich auch die Telefonnummern von Ansprechpartnern parat. Dann entlaste ich mich auch dadurch, indem ich meinen Gesprächspartnern eventuell die Verspätung mitteile.
WDR: Was noch?
Müller: Es ist wichtig, die Zeit konstruktiv zu nutzen. Ich könnte ein Hörbuch oder Musik meiner Wahl hören. Ich könnte sogar eine Art berufliche Weiterbildung machen, also eine Audioweiterbildung.
WDR: Gilt das auch fürs Pendeln mit Bus und Bahn?
Müller: Da gilt die Weisheit, die wir alle schon häufiger gehört haben: Dinge, die wir nicht ändern können, einfach zu akzeptieren. Einfach ist das nicht, aber man kann daran arbeiten. Auch hier gilt, dass man die Zeit nutzt. Es kann ja auch ein Geschenk sein. Damit meine ich: Diese Zeit, die ich bei einer Zugverspätung habe – wenn sie denn angekündigt ist – kann ich in einem Café nutzen. Mir vielleicht auch Gedanken machen, was ich Schönes nach Feierabend mache oder überlegen, was ich den Liebsten zu Weihnachten schenke. Wichtig ist, die Zeit konstruktiv zu nutzen.
WDR: Was gilt noch für Pendlerinnen und Pendler?
Müller: Wichtig ist bei all den Belastungen, dass man sich in seiner Freizeit noch ausreichend Zeit zur Entspannung nimmt. Gerade für Pendler, die viel Fahrzeit haben und dadurch auch Freizeit verlieren, ist es wichtig, dass die sich nicht davon abhalten lassen, trotzdem noch ihren Sport zu machen.
Die Fragen stellte Thomas Schaaf. Für die Online-Version wurde das WDR 5 Morgenecho-Interview gekürzt und sprachlich angepasst.