EZB erhöht Leitzins auf 0,5 Prozent - Was das für Sparer und Bauherren bedeutet

Stand: 21.07.2022, 16:37 Uhr

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöht angesichts der Rekordinflation erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum. Der Leitzins steigt unerwartet kräftig von null auf 0,5 Prozent. Welche Folgen diese Entscheidung für Sparer und Kreditnehmer hat.

Erstmals seit 2011 erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins und reagiert mit einem kräftigen Schritt nach oben auf die hohe Inflation. Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, den sogenannten Hauptrefinanzierungssatz um einen halben Punkt auf 0,5 Prozent zu erhöhen.

Auch der Einlagensatz wurde angehoben - und zwar auf 0,00 Prozent. Banken müssen somit nicht mehr draufzahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der EZB parken.

Nachdem weltweit Zentralbanken die Leitzinsen bereits deutlich erhöht haben, ist nunmehr auch in der Eurozone die Zinswende beschlossene Sache. Für Verbraucher hat die Zinserhöhung vielfältige Auswirkungen.

Was bedeutet die Zinserhöhung für Sparer?

Die Zinswende bedeutet: Niedrigstzinsen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten oder gar Negativzinsen auf Konten, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten, könnten der Vergangenheit angehören. Aufgrund der Negativzinsen entstehen den Banken aktuell Kosten, die sie oftmals in Form von Verwahrentgelten oder Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben.

Damit sollte nun Schluss sein. "Demnächst dürfte es höhere Zinsen geben", sagt Carsten Schabosky von der WDR-Wirtschaftsredaktion. Und auch die Negativzinsen für Guthaben fallen allmählich weg.

Vielfach locken Banken schon jetzt mit besseren Angeboten, wie Hendrik Buhrs vom Verbraucherportal "Finanztip" gegenüber dem WDR erklärte. Einige Banken böten attraktive Neukunden-Angebote, mit denen sie aktiv um Sparerinnen und Sparer werben.

Was kommt auf Kreditnehmer zu?

Für alle, die sich Geld leihen, etwa für einen Immobilienkredit, wird es Schabosky zufolge teurer. So sind die Bauzinsen zwischen Januar und Juni 2022 laut Finanztip auf den höchsten Stand seit zehn Jahren angestiegen.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Im Vordergrund der Ausdruck eines Kreditvertrages, dahinter gestapelte Geldscheine

Für einen Kredit mit fünf Jahren Laufzeit wurden Anfang Juli im Schnitt circa 3,2 Prozent Zinsen fällig, bei einer Laufzeit von zehn Jahren waren es 3,3 Prozent. Wer den Kredit über einen deutlich längeren Zeitraum von 20 Jahren abbezahlt, muss mit einem Zinssatz von circa 3,8 Prozent rechnen.

Sinken durch die EZB-Entscheidung die Verbraucherpreise?

Ein gefüllter Einkaufswagen.

Damit ist nicht zu rechnen. Die Inflation wird aktuell vor allem von den hohen Energie- und Lebensmittelpreisen getrieben: In diesem Bereich betrug die Teuerungsrate im Juni im Vormonatsvergleich stolze 38 Prozent, die Kosten von Haushaltsenergie stiegen um über 40 Prozent. Hintergrund sind die derzeit hohen Preise an den internationalen Rohstoffmärkten - auf diese hat die EZB aber keinen Einfluss.

Im Juni lagen die Verbraucherpreise im Euroraum um 8,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die EU-Kommission rechnet für das Gesamtjahr 2022 mit durchschnittlich 7,6 Prozent Inflation im Währungsraum der 19 Länder.

Das wäre ein historischer Höchstwert und weit über dem von der EZB angestrebten stabilen Preisniveau mit einer jährlichen Teuerungsrate von zwei Prozent. Eine höhere Inflation schmälert die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich dann für ihr Geld weniger leisten können.