EU: Verbotene doppelte Stimmabgaben sind möglich

Stand: 24.05.2019, 06:55 Uhr

  • Kein echtes Risiko für Doppelwähler
  • Systematische Kontrollen gibt es nicht
  • Trotzdem wohl kein großes Problem

Nach der EU-Wahl 2014 sorgte der Journalist Giovanni di Lorenzo für Furore, als er sich in einer Talkshow als Doppelwähler outete. Der Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit" gab an, einmal im italienischen Konsulat und dann auch in Hamburg seine Stimme abgegeben zu haben.

Die Beichte endete für di Lorenzo damals mit einer Geldstrafe. Nicht nur Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft wie di Lorenzo können theoretisch mehrmals wählen: Hinzu kommen noch geschätzte 3,9 Millionen Bürger anderer EU-Staaten, die in Deutschland leben. Könnte das die Ergebnisse der EU-Wahl verzerren? Fragen an den Bundeswahlleiter Georg Thiel.

WDR: Gibt es Zahlen, wie viele EU-Bürger doppelt abstimmen?

Der Bundeswahlleiter Georg Thiel  nformiert Medienvertreter auf einer Pressekonferenz vor der Bundespressekonferenz zur bevorstehenden Europawahl 2019

Bundeswahlleiter Georg Thiel

Georg Thiel: Nein, das wissen wir nicht. Bei der letzten Wahl 2014 ist uns ein einziger Fall zugetragen worden. Das war ein deutscher Journalist und Herausgeber einer großen deutschen Zeitung. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch weitere Fälle geben kann.

WDR: Um wie viele Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft geht es überhaupt?

Thiel: Wir gehen von ungefähr einer Million Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft aus, die bei uns wählen dürfen. Aber sie dürfen natürlich nur eine Stimme abgeben.

WDR: Könnte durch Doppelwähler eine ganze Wahl ungültig werden?

Thiel: Nein, bei den wenigen Fällen, die uns bekannt sind, ist das sehr unwahrscheinlich. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung immer wieder festgestellt: Die Gültigkeit einer Wahl ist nur dann beeinträchtigt, wenn Einfluss auf die Sitzverteilung genommen worden ist. Und das ist bei diesen kleinen Fallzahlen, von denen wir ausgehen, nicht zu erwarten.

WDR: Gibt es denn ein Kontrollinstrument, mit dem Doppelabstimmungen erkannt werden können?

Thiel: Einen automatischen Abgleich von Wählerverzeichnissen gibt es nicht. Allerdings ist eine Doppelabstimmung in Deutschland streng verboten. Das kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden. Selbst der Versuch ist strafbar.

Das Interview führte Luciana Caglioti.