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Keine Diskussion wird derzeit so emotional geführt wie zum Thema Corona-Impfung - ob in der Politik, in Talkshows, in sozialen Netzwerken oder im privaten Kreis. Da kann die simple Frage "Bist du geimpft?" schon mal zu heftigen Auseinandersetzungen führen.
"Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über das zwei Drittel der Geimpften bestimmen und uns diese ganzen Maßnahmen aufoktroyieren." Prof. Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes
Der Weltärztebund-Vorsitzende Prof. Frank Ulrich Montgomery stellte Ungeimpfte am Sonntag in der ARD-Sendung "Anne Will" regelrecht an den Pranger: "Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über das zwei Drittel der Geimpften bestimmen und uns diese ganzen Maßnahmen aufoktroyieren", erregte er sich.
Ethiker Booms: "Gruppen nicht gegeneinander ausspielen"
Montgomerys Aussage mag der Sozialethiker Prof. Martin Booms so nicht stehen lassen: "Wir müssen insgesamt aufhören, Gruppen in der Gesellschaft zu moralisieren und gegeneinander auszuspielen. Wer Tyrannei sagt, unterstellt ja das Motiv, dass hier eigennützige Menschen sich nicht impfen lassen, um dann am Ende unter den allgemeinen Impfschutz mit hineinzuschüpfen", sagte er am Montag dem WDR.
"Dieses Auseinanderdividieren schadet am Ende der Pandemiebekämpfung." Sozialethiker Dr. Martin Booms
Die meisten Menschen, die sich nicht impfen ließen, hätten authentische Ängste: "Wer befürchtet, dass die Impfung was mit dem eigenen Körper macht, den wird man nicht dadurch motiviert bekommen, dass man ihn unter Druck setzt."
Booms' Appell, um die allgemeine Diskussion wieder auf ein sachlicheres Level zu bringen: "Wir müssen eine Ansprache machen an diese Menschen und ihnen signalisieren, dass man auf Augenhöhe mit ihnen spricht. Die meisten Befürchtungen kann man aufklären. Dieses Auseinanderdividieren schadet am Ende der Pandemiebekämpfung."
Verschärfte Regeln für Ungeimpfte
Allerdings erhöht sich der Druck auf Ungeimpfte angesichts dramatisch steigender Inzidenzzahlen. Der Freistaat Sachsen hat am Montag landesweit die 2G-Regel eingeführt - ins Restaurant, ins Kino oder zu einer Großveranstaltung darf nur noch, wer genesen oder geimpft ist.
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Das Gleiche gilt auch für Karnevalisten, die in Düsseldorf oder Köln am 11.11. den offziellen Sessionsstart feiern wollen. Auch dort gilt 2G.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat sogar schon öffentlich über Lockdown-Maßnahmen für Ungeimpfte nachgedacht: "Schließlich sind es derzeit vor allem die Ungeimpften, die mit schweren Covid-Verläufen in den Kliniken behandelt werden müssen", sagte er der "Passauer Neuen Presse".
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Virologe Schmidt-Chanasit: 2G gibt "Scheinsicherheit"
Die 2G-Regel ist aber auch unter Expertinnen und Experten umstritten. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit sagte im Deutschlandfunk, 2G gebe eine "Scheinsicherheit". Auch Geimpfte könnten sich infizieren und das Virus übertragen, wenngleich die Wahrscheinlichkeit geringer sei. Wirkliche Sicherheit brächte 1G - also alle zu testen, egal ob geimpft, ungeimpft oder genesen.
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"Wenn Ungeimpfte am Sozialleben nicht teilnehmen dürfen, organisieren sie sich zum Beispiel Feiern zu Hause. Dort lässt sich das Infektionsgeschehen dann überhaupt nicht mehr kontrollieren." Virologe Hendrik Streeck
Virologe Streeck: Risiken durch Geimpfte und Ungeimpfte
Auch der Bonner Virologe Prof. Hendrik Streeck sieht 2G kritisch und wies darauf hin, dass es Infektionsrisiken sowohl durch Geimpfte als auch Ungeimpfte gibt. "Die Geimpften haben das Gefühl, sie sind nicht mehr Teil der Pandemie und verhalten sich auch entsprechend risikobereit", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Virologe Prof. Hendrik Streeck
Das zweite Problem seien die Ungeimpften, die vom gesellschaftlichen Miteinander ausgeschlossen würden: "Wenn Ungeimpfte am Sozialleben nicht teilnehmen dürfen, organisieren sie sich zum Beispiel Feiern zu Hause. Dort lässt sich das Infektionsgeschehen dann überhaupt nicht mehr kontrollieren."