Ein Handy mit der Telefonnumer vom Hausarzt liegt auf einem Tisch neben einem Fieberthermometer.

Kommt die telefonische Krankschreibung zurück?

Stand: 13.07.2022, 13:49 Uhr

Bei Anruf Krankschreibung - was bis Ende Mai wegen Corona möglich war, sollte nach dem Willen von Ärztevertretern und Gesundheitsminister Karl Lauterbach für bestimmte Patienten dauerhaft möglich sein. Doch die Situation ist komplex.

Was ist die telefonische Krankschreibung und warum gibt es sie?

Bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege war es aufgrund der Corona-Pandemie bis zum 31. Mai noch möglich, eine Krankschreibung für bis zu sieben Tage auch nach nur telefonischer Rücksprache zu erhalten. Seit dem 1. Juni müssen Patienten für eine Krankschreibung wieder in die Praxis oder in eine Videosprechstunde gehen.

Wer entscheidet das?

Entschieden wird über solche Regelungen im Gemeinsamen Bundesausschuss des Gesundheitswesens (G-BA). Das Gremium ist mit Vertretern der Ärzteschaft, der Krankenkassen und der Krankenhäuser besetzt und entscheidet über die Leistungen der gesetzlichen Kassen und Regeln wie bei der Krankschreibung.

Nach Angaben einer G-BA-Sprecherin ist eine Rückkehr zur Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung möglich. In dem Gremium sei im Frühjahr intensiv diskutiert worden, "ob es richtig ist, die bisherigen Sonderreglungen zur telefonischen Krankschreibung Ende Mai 2022 vorerst auslaufen zu lassen", so die Sprecherin. Alle Träger des G-BA und damit auch die KBV als Vertretung der Ärzteschaft seien sich damals einig gewesen, dass solche Sonderregeln wegen des damals ruhigeren Pandemie-Geschehens zurückgenommen werden konnten. Dies sei im Einklang mit Alltagslockerungen erfolgt.

"Sollte die Corona-Pandemie erneut stark an Fahrt gewinnen, kann der Gemeinsame Bundesausschuss seine Sonderregelungen (...) wieder aktivieren", sagte die Sprecherin. Dies könne in bestimmten Regionen oder bei Bedarf auch bundesweit geschehen. Dafür müsste unter anderem ein Antrag beim Ausschuss gestellt werden. Dieser könnte laut der G-BA-Sprecherin unter anderem von den Trägern des Ausschusses kommen, etwa der KBV.

Wer ist dafür und wer ist dagegen?

Vor allem Ärztevertreter haben in dieser Woche eine Rückkehr zur telefonischen Krankschreibung gefordert. "Wir wollen ermöglichen, dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte unabhängig von der Corona-Pandemie bekannte Patientinnen und Patienten telefonisch krankschreiben können", sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister.

"Jemand, der jetzt einen Atemwegsinfekt hat, der vielleicht auch eine leichte Infektion hat, selbst wenn es eine leichte Corona-Infektion ist, muss dann nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Gegend fahren, muss nicht zur Praxis laufen", sagte Ulrich Weigeldt, Präsident des Bundeshausärzteverbands, dem WDR. "Das ist für ihn besser, das ist aber auch für alle anderen besser, mit denen er unter Umständen in Kontakt kommen könnte."

Weigeldt nannte es angesichts zahlreicher Fälle von Erkältungs- und Corona-Erkrankungen "ein echtes Ärgernis", dass die Möglichkeit zur telefonischen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) nicht in die Regelversorgung übernommen worden sei. Die Kritik an der Regelung kann er nicht nachvollziehen. "Da werden Sachen konstruiert, die Menschen würden das ausnutzen. Das ist nicht unsere Erfahrung", sagte er dem WDR. "Und es ist ja so, dass wir die Patienten, die in der Praxis bekannt sind, ja kennen. Insofern können wir das schon beurteilen, ob jemand krank ist oder nicht krank ist."

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht der Forderung aufgeschlossen gegenüber. "Bei den hohen Covid-Fallzahlen brauchen wir nicht die Infektionen in die Praxis zu tragen", betonte der Minister auf Twitter.

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Die gesetzlichen Krankenkassen sehen dagegen momentan keinen Anlass, zur telefonischen Krankschreibung zurückzukehren. Diese habe während der Hochphase der Pandemie geholfen "und könnte dies, je nach Entwicklung des Pandemiegeschehens, gegebenenfalls wieder leisten", sagte der Sprecher des Spitzenverbandes der Kassen (GKV), Florian Lanz, auf Anfrage. "Vor dem Hintergrund der steigenden Inzidenzen beobachten wir die Entwicklung sorgfältig, sehen jedoch keinen tagesaktuellen Handlungsbedarf", sagte er.