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Wo jetzt noch die riesigen Schaufelräder Millionen Tonnen Erdreich und Braunkohle wegbaggern, könnten bald Distelfelder in gelb oder rot blühen. Ihr Anbau ist Teil der Vision Bioökonomie für das Rheinische Revier. WDR-Reporter haben sich in die Frage nach der Zukunft der Region rund um Garzweiler, Hambach und Inden regelrecht rein-gebuddelt – und spannende Recherchen mitgebracht. Ende der Braunkohle, ja, aber dann könnte etwas anderes Großes entstehen.
Multifunktionspflanze Distel
Wie aber etwas Großes mit so kleinen Pflanzen wie der Distel? Zum einen, weil sie auf den kargen, sandigen Tagebauböden zurechtkommt, zum anderen, weil sich aus ihren Pflanzenfasern Papier und Textilien herstellen lassen. Aus ihren Samen kann Öl gepresst werden, das die Chemieindustrie weiterverarbeiten kann. Zu Schmierstoffen etwa, die bisher aus umweltschädlichem Palmöl hergestellt werden.
Forschung für die Region

Ulrich Schurr (Forschungszentrum Jülich) in seinem Pflanzenlabor
Eine Multifunktionspflanze, mit der wir die Rohstoffbasis in der regionalen Industrie verbreitern können“, sagt Pflanzenwissenschaftler Ulrich Schurr. Er und sein Team am Forschungszentrum Jülich suchen nach mehr solcher alternativen Wege, um in der Region Produkte herzustellen, wenn die Braunkohle weg ist.
Verpackungen aus Tomatenresten
Und das kann auch mit Abfällen gelingen. Im Rheinland ist die Lebensmittelindustrie groß. Wenn Obst und Gemüse weiterverarbeitet werden, fallen Reststoffe an. Was für das eine Unternehmen bloß Abfall ist, könne für ein anderes Unternehmen der Grundstoff für ein neues Produkt sein, so Schurr.

Aus dieser kargen Landschaft soll etwas ganz Neues werden.
Erste Versuche mit Verpackungen aus Tomatenresten laufen. Die große Vision dahinter: die Forschenden in Jülich wollen die Wirtschaft im Rheinischen Revier auf neue Füße stellen. Es sollen nicht mehr endliche fossile Rohstoffe wie die Braunkohle im Fokus stehen, sondern nachwachsende, biologische Rohstoffe. Das Konzept heißt Bioökonomie
Bioökonomie: eine nachhaltige Wirtschaftsform
Ulrich Schurr sieht darin Chancen für viele Firmen in der Region: „Von der Landwirtschaft über die Chemie-, Papier- oder Textilindustrie bis hin zur Recyclingwirtschaft.“ Diese Wirtschaftsbereiche will er vernetzen damit im besten Fall regionale nachhaltige Kreisläufe entstehen.
„Wir haben heute schon eine ganze Reihe von Gesprächen mit Firmen, die sich ansiedeln wollen. Die finden den Strukturwandel interessant, aber auch das Szenario einer Bioökonomie-Region“, sagt Schurr. Arbeitsplätze könnten entstehen.
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Neue Jobs für die Region
Und diese Arbeitsplätze werden dringend gebraucht. 2,4 Millionen Menschen leben in der Umgebung der Tagebaue. Viele von ihnen arbeiten direkt oder indirekt für die Braunkohle und brauchen Perspektiven für die Zeit nach dem Kohleausstieg.
Schon in ein, zwei Jahren könnten die ersten Bioökonomie-Projekte umgesetzt werden. Erste Disteln etwa will das Forscherteam versuchsweise im Frühjahr 2021 am Tagebaurand aussäen. Und Schurr ist ehrlich: Größere Veränderungen im rheinischen Revier hin zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft würden erst in den kommenden zehn bis 15 Jahren möglich sein.
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Stand: 28.11.2020, 15:28