Afghanistan: Arbeitsverbot für Frauen in Hilfsorganisationen

Stand: 25.12.2022, 13:14 Uhr

Das militant-islamistische Talibanregime hat Hilfsorganisationen in Afghanistan verboten, weiter Frauen zu beschäftigen. Jetzt wollen einige NGOs die Arbeit komplett niederlegen.

Das Wirtschaftsministerium in Kabul hat alle Nichtregierungsorganisationen - national sowie international - dazu aufgerufen, ihre weiblichen Mitarbeiterinnen zu suspendieren. Es würden Kleidungsvorschriften der Taliban nicht eingehalten. Die Mitarbeiterinnen würden den Hijab, das erforderliche Kopftuch, nicht tragen. Im Mai hatte die Talibanführung verkündet, Frauen dürfen nur noch aus dem Haus, wenn sie mindestens einen Hijab tragen und ihr Gesicht verhüllen. Das Ministerium droht damit, den Organisationen ihre Lizenzen zu entziehen, wenn sie sich nicht an das Arbeitsverbot halten.

Hilfsorganisationen wollen Arbeit einstellen

Jetzt wollen einige Hilfsorganisationen als Protest ihre Arbeit vorläufig komplett einstellen. Bestätigt wurde die Entscheidung schon von Care, Save the Children und der Norwegischen Flüchtlingshilfe (NRC). "Wir können Kinder, Frauen und Männer in dringender Not nicht ohne unsere weiblichen Angestellten erreichen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Auch die Caritas stellt ihre Arbeit vorübergehend komplett ein, das bestätigte der Leiter von Caritas International in Kabul, Stefan Recker, gegenüber dem WDR.

"Wir haben die Aktivitäten unserer Partner, über die wir arbeiten, erstmal eingestellt, weil wir nicht zulassen können, dass die Partner nur mit Männern weiter arbeiten. Auch um Zugang zu den weiblichen Hilfsbedürftigen zu bekommen." Stefan Recker, Caritas International in Kabul

Es sei für die NGOs ein riesengroßes Dilemma, so Stefan Recker. Tausende von Hilfsbedürftigen seien durch das Einstellen der Arbeit erst einmal abgeschottet von Basisleistungen, die man als Hilfsorganisation leiste. Aber man müsse dringend eine Message senden, als initiale Reaktion sei der Stopp aller Aktivitäten erst einmal die richtige.

Widerstand der Frauen

Die Frauen wollen aber für ihre Rechte einstehen. Es gab in Kabul schon Proteste von Studentinnen. In Herat, im Westen Afghanistans, gab es auch eine größere Demonstration. Die Taliban versuchen diese Proteste kleinzuhalten und zu verhindern - mit einem großen Aufgebot an Sicherheitskräften, teilweise setzen sie Wasserwerfer ein. Die Proteste lassen sich dennoch durch soziale Medien, Fotos und Videos nicht verstecken und die Frauen wollen weiter für ihre Rechte demonstrieren.

Harsche internationale Kritik

Eine EU-Sprecherin sprach auf Twitter von einem "klaren Bruch humanitärer Grundsätze". Auch Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock meldete sich über den Kurznachrichtendienst zu Wort. Sie schrieb unter anderem: "Wer Frauen und Mädchen von Arbeit, Bildung und öffentlichem Leben ausschließt, ruiniert nicht nur sein Land. Geschlechtsbezogene Verfolgung kann auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein. Wir setzen uns für eine deutliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft ein."

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, er sei zutiefst besorgt über die Berichte aus Afghanistan. "Die Vereinten Nationen und ihre Partner, darunter nationale und internationale Nichtregierungsorganisationen, helfen mehr als 28 Millionen Afghanen, deren Überleben von humanitärer Hilfe abhängt", hieß es in einer Erklärung von Guterres. US-Außenminister Antony Blinken hob in einer Erklärung die Rolle von Frauen bei humanitärer Arbeit in der Welt hervor. Diese Entscheidung des Arbeitsverbots könnte für das afghanische Volk "verheerend sein", sagte er.