Affenpocken in NRW: Wie gefährlich ist diese Krankheit?

Stand: 27.05.2022, 21:04 Uhr

Die Affenpocken sind in NRW angekommen. Mittlerweile sind mehrere Fälle bestätigt. Wie gefährlich ist dieses Virus? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Die Affenpocken haben Deutschland und auch NRW erreicht. Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht es nun darum, ein frühes Ausbruchsgeschehen "in den Griff" zu bekommen, damit sich der Erreger beim Menschen "nicht einnistet", sagte er am Rande des Ärztetages in Bremen.

Affenpocken sind keine neue Pandemie

Zugleich betonte er, es handle sich nicht um den Beginn einer neuen Pandemie. Ausbrüche dieser Viruserkrankung habe es schon sehr häufig gegeben. Die Infektion sei unter anderem durch enge Kontaktnachverfolgung gut in den Griff zu bekommen. Besonders Reiserückkehrer aus Westafrika sowie Männer, die Sex mit Männern haben, sollen bei ungewöhnlichen Hautveränderungen unverzüglich einen Arzt aufsuchen.

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RKI sieht keine Gefährdung der allgemeinen Gesundheit

Laut dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, wird die Gefährdung für die allgemeine Gesundheit durch das Affenpockenvirus "als gering eingeschätzt". Allerdings solle das Affenpockenvirus ernst genommen werden, mahnte Lauterbach. "Wir wissen nicht, warum die Ausbrüche so anders verlaufen als in der Vergangenheit." Womöglich habe sich der Erreger verändert - oder die Anfälligkeit des Menschen für das Virus habe sich verändert.

Was sind die Affenpocken?

Affenpocken sind eine auf ein Virus zurückgehende Erkrankung. Der Erreger wurde erstmals 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen - daher der Name Affenpocken. Fachleute vermuten allerdings, dass der Erreger eigentlich in Hörnchen und Nagetieren zirkuliert. Das Virus ist auch auf den Menschen übertragbar.

Wie gefährlich sind die Affenpocken?

"Weniger gefährlich, als es die Menschenpocken waren", beruhigte Antje Sieb, Medizinjournalistin aus dem Quarksteam des WDR. Die kursierende Variante des Affenpocken-Virus ruft nach Angaben der britischen Behörde UKHSA meist nur milde Symptome hervor, kann aber auch schwere Verläufe nach sich ziehen. Dass Erkrankungen in westlichen Ländern tödlich verlaufen, hält der Epidemiologe Paul Hunter von der Universität von East Anglia für sehr unwahrscheinlich. Es sei aber nicht unmöglich, sagte er dem Sender BBC.

Die in Europa und den USA auftretende westafrikanische Variante des Virus führe in Afrika bei etwa einem Prozent der Erkrankten zum Tod. Alle Altersgruppen und beide Geschlechter gelten dem RKI zufolge als gleichermaßen empfänglich. Von tödlichen Verläufen in Afrika sind demnach vor allem Kinder betroffen.

Wie können wir den Ausbruch eindämmen?

Mit Affenpocken Infizierte sollen in Deutschland für mindestens 21 Tage in Isolation. Zudem müssten die Symptome ausgeheilt sein, bevor die Maßnahme beendet werden könne, sagte Lauterbach. Auch für Kontaktpersonen von Infizierten gelte die "dringende Empfehlung", sich für 21 Tage in Quarantäne zu begeben.

Wie wird das Virus übertragen?

Bei den aktuell erfassten Fällen sind in der Mehrheit Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten. Intimkontakt sei sicher eine Möglichkeit der Übertragung, weshalb die Europäische Behörde ECDC alle Menschen mit häufig wechselnden Sexualpartnern vor der Infektionsgefahr warne, sagte Medizinjournalistin Sieb.

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Dem RKI zufolge geschieht eine Übertragung auf den Menschen allgemein häufig durch Kontakt mit infizierten Tieren oder tierischem Blut und Sekreten, über den Verzehr infizierten Affenfleischs sowie Tröpfcheninfektion.

Der Epidemiologe Hunter sagte der BBC, das Virus infiziere Kontaktpersonen, indem es von den Pusteln Erkrankter in Wunden oder die Augen von Kontaktpersonen gelange, auch das Einatmen von Tröpfchen mit den Partikeln sei ein Weg.

Wie ansteckend sind Affenpocken von Mensch zu Mensch?

Eigentlich gilt das Virus als wenig ansteckend. Bei der aktuellen Infektionshäufung sind die detaillierten Infektionsketten noch weitgehend unklar. Für den ersten bekannt gewordenen Fall in Großbritannien geht die Gesundheitsbehörde davon aus, dass er auf eine Ansteckung in Nigeria zurückgeht.

Klar scheint aber, dass der Erreger anschließend ungewöhnlich oft an weitere Menschen weitergegeben wurde. Aktuell scheine die Übertragung bei Affenpocken dabei aber zumindest nicht durch Aerosole zu erfolgen, so der Virologe Stephan Becker von der Uni Marburg. "Dann wäre das Ausbreitungsmuster anders."

Das Affenpockenvirus sei "weit weniger ansteckend als Corona" und werde fast ausschließlich durch "engen Körperkontakt und Körperflüssigkeiten" übertragen, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Kinder gehörten "definitiv nicht zu denjenigen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko".

Was sind die Symptome von Affenpocken?

Zu den Symptomen zählen: plötzlich einsetzendes Fieber, starke Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Halsschmerzen, Husten, häufig auch Lymphknotenschwellungen. Typisch ist zudem ein vom Gesicht auf den Körper übergreifender, pockentypischer Ausschlag.

Das RKI sensibilisierte Ärzte in Deutschland: Affenpocken sollten auch dann bei unklaren pockenähnlichen Hautveränderungen als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden, wenn die Betroffenen nicht in bestimmte Gebiete gereist seien. Männer, die Sex mit Männern haben, sollten laut RKI bei ungewöhnlichen Hautveränderungen "unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen".

Gibt es eine schützende Impfung?

Ja, aber... Eine zugelassene Impfung speziell gegen Affenpocken gibt es in Deutschland nicht, in den USA schon. Deutschland bestellte Lauterbach zufolge "bis zu 40.000 Dosen" eines Impfstoffs, der in den USA gegen Affenpocken zugelassen sei und auch in Deutschland verwendet werden könnte. Der Impfstoff könne eine Ansteckung verhindern oder einen Ausbruch verzögern, sagte Lauterbach. Es sei aber noch nicht klar, ob der Impfstoff eingesetzt werden müsse. Das hänge vom Infektionsgeschehen ab. Der Virologe Hendrik Streeck sagte zu "ntv", mit der normalen Impfung gegen Pocken erreiche man einen 85-prozentigen Schutz auch gegen die Affenpocken.

Ärztepräsident Reinhardt sprach sich dafür aus, besonders gefährdete Gruppen zu impfen. Zudem sei Anfang des Jahres von der EMA ein Medikament gegen Affenpocken zugelassen worden, sagte Sieb.

Wie reagiert die WHO auf den aktuellen Ausbruch außerhalb Afrikas?

Affenpocken-Infektionen beim Menschen waren bislang vor allem aus Regionen West- und Zentralafrikas bekannt. Daher ruft die WHO nach dem Ausbruch außerhalb Afrikas zu einer rigorosen Verfolgung aller Kontakte von Betroffenen auf.

Kliniken und Bevölkerung müssten dafür sensibilisiert werden, einen ungewöhnlichen Hautausschlag von Fachpersonal begutachten zu lassen. Erhärte sich der Verdacht auf Affenpocken, sollten Patienten isoliert werden.

Über dieses Thema berichtet am 20.05.2022 auch das Morgenecho bei WDR 5 ab 06:05 Uhr.