Ein Vater sitzt seiner Tochter gegenüber.

Wenn Papa im Knast sitzt: Bielefelds besondere Vater-Kind Gruppe

Bielefeld | Verbrechen

Stand: 10.04.2025, 07:26 Uhr

Vier Jahre und neun Monate ist Alex Schulze von seinen Kindern getrennt. Denn er sitzt in Haft. Wie ein besonderes Projekt der JVA Bielefeld-Brackwede die Familie einander wieder näherbringt.

Von Katharina Hollstein (Text) und Oliver Köhler (Multimedia)

Wenn Alex Schulze seine Kinder trifft, scheint alles wie ein ganz normaler Familiensamstag. Seinen vollständigen Namen haben wir auf Wunsch der Familie in diesem Text geändert. Gemeinsam stehen sie am Tisch und plaudern. Seine Tochter kuschelt sich an ihn, er legt einen Arm um sie. Und doch ist hier alles anders. Denn einfach raus, mit den Kindern auf den Spielplatz gehen, das kann Schulze nicht. Der Ort, an dem ihn seine Kinder besuchen, ist ein Gefängnis.

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Die Vater-Kind-Gruppe an der JVA Bielefeld-Brackwede ist in dieser Form einzigartig in NRW. Für das von Sozialpädagogen betreute Projekt arbeitet die Justiz in Bielefeld mit der Diakonie zusammen. Laut des Justizvollzugsbeauftragten des Landes liegt das Hauptaugenmerk häufig auf der Bestrafung von Inhaftierten. Oft werde dabei übersehen, dass die ganze Familie mitbestraft wird. Plötzlich müssen der Partner oder andere Verwandte alle Aufgaben übernehmen. Das Leben der Kinder verändere sich dadurch stark. Eine umso größere Bedeutung habe die Familienarbeit im Strafvollzug.

JVA Bielefeld: Ein Hoffnungsschimmer für die Väter

Schulze sitzt im Gefängnis, weil er mit Drogen gehandelt hat. Fünf Kinder haben er und seine Frau. Das jüngste ist vier, das älteste 16 Jahre alt. Der Alltag mit seinen Kindern fehlt dem Vater: "Das ist die größte Strafe. Dass man nicht jeden Tag mit seinen Kindern zusammen sein kann." Sie zur Schule zu bringen, mit ihnen zu lernen, Geburtstag zu feiern.

Durch die Vater-Kind-Gruppe im Gefängnis sieht Schulze seine Kinder seit Kurzem zumindest einmal im Monat für drei Stunden. Wenn sich die Familie im Besuchsraum begegnet, warten keine kalten Gefängnismauern, sondern Plüschtiere und Platz zum Kuscheln und Spielen. Das soll gerade den Kindern den Besuch erleichtern.

Doch hier dabei sein zu dürfen, muss Schulze sich erarbeiten. Zusätzliche Familienzeit gibt es nur für die Häftlinge, die an Gruppengesprächen teilnehmen. Grundvoraussetzung ist ein respektvoller und ehrlicher Umgang mit den Kindern. Schulzes Kinder wissen, dass er Fehler gemacht hat und deswegen in Haft ist. Was genau er getan hat, wissen sie allerdings nicht.

Auf und Ab der Emotionen

Freude, Trauer, Wut: Die Familientreffen sind oft eine Achterbahnfahrt der Gefühle für alle Beteiligten. Die Gruppe soll den Familienzusammenhalt stärken und den Vätern helfen, sich selbst zu reflektieren.

"Wer findet das schon toll? Aber es ist, wie es ist und wir machen das Beste draus", sagt seine Frau. Auch ihr Mann hat ein klares Ziel vor Augen. Er will sein Leben umkrempeln. Zurück zu seinen Kindern, weg vom Drogenhandel. Die Treffen in der Gruppe zeigen ihm, wie es sein könnte - ein Leben nach dem Knast.

Über dieses Thema haben wir auch am 22.02.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit am Samstag, 19.30 Uhr.