Bei jedem Wetter: Sozialarbeit für Obdachlose in Münster

Münster | Unterwegs

Stand: 03.03.2024, 16:44 Uhr

Sie sind mehrmals in der Woche draußen unterwegs. Die Sozialarbeiterinnen vom "Haus der Wohnungslosenhilfe" und "Sozialdienst katholischer Frauen" in Münster. Ihr Ziel: Unterstützung für Menschen, die Tag und Nacht draußen leben.

Von Detlef Proges

Es ist ein sonniger Wintertag, aber die Nacht davor war frostig. Drei Sozialarbeiterinnen laufen über teils vereiste Wege am Dortmund-Ems-Kanal in Münster entlang. Sie suchen einen Mann, der hier schon länger in einem Zelt lebt. Seine "Platte", also sein Schlafplatz draußen, wurde vor Kurzem geräumt. Er musste an einen anderen Ort am Kanalufer wechseln.

Nach kurzer Suche und einem Marsch über einen gefrorenen Acker finden die Obdachlosenhelferinnen mehrere Zelte zwischen hohen Bäumen. Doch der gesuchte Mann ist nicht da. "Das ist trotzdem kein Misserfolg", sagt Christine Kockmann. Denn die Sozialarbeiterinnen haben hier einen bislang unbekannten Schlafplatz gefunden. "Ich mache jetzt ein Video von der Platte und trage das in eine Karte ein." Später wollen sie wiederkommen, um auch hier ihre Hilfe anzubieten.

Warum die Sozialarbeiterinnen Obdachlosen helfen 00:38 Min. Verfügbar bis 03.03.2026

Medizinische Hilfe ist oft nötig

Dann fahren die drei Sozialarbeiterinnen zurück ins Stadtzentrum. Rund um den Hauptbahnhof in Münster laufen sie typische Plätze ab, an denen Obdachlose häufig ihr Lager haben. Das sind Balkone, unter denen Schlafsäcke liegen, weil es dort ein bisschen Wetterschutz gibt oder auch Hauseingänge.

In einem Fußgängertunnel treffen sie dann ein obdachloses Paar. "Es ist richtig schwer. Mir geht es auch manchmal nicht so gut, ich weine auch oft, weil alles richtig schwer ist. Wenn man draußen schlafen muss, ist es kalt, man friert, man hat Schmerzen", schildert die Frau ihr Leben auf der Straße. Auch der Mann hat gesundheitliche Probleme, eine offene Wunde, die dringend behandelt werden müsste.

"Sind Sie krankenversichert?", fragt Sozialarbeiterin Christine Kockmann nach. "Ja", antwortet der obdachlose Mann, aber zur Behandlung ins Krankenhaus will er nicht mehr. Zuletzt hatte er dort Probleme bekommen. Die Sozialarbeiterin bietet an, dass die beiden ins "Haus der Wohnungslosenhilfe" kommen, damit dort eine Krankenschwester und eine Ärztin die Wunde ansehen können.

Die beiden sagen zu, sie würden morgen vorbeikommen. Aber in einer Notunterkunft leben wollen sie nicht, trotz des nassen und manchmal sehr kalten Wetters.

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Obdachlosenhilfe vor Ort

Die Sozialarbeiterinnen wollen die Obdachlosen dort treffen, wo sie "Platte machen". Ansonsten würden sie zu vielen dieser Menschen keinen Kontakt bekommen. Das wichtigste Ziel ihrer aufsuchenden Obdachlosenhilfe sei nicht warme Kleidung, Essen oder Medikamente zu verteilen, erklären die Sozialarbeiterinnen. Sie wollen die Menschen kennenlernen, wissen, wo sie leben und Vertrauen aufbauen, damit Obdachlose später vielleicht doch Hilfe annehmen oder in die Notunterkünfte kommen.

Dem obdachlosen Paar am Hauptbahnhof in Münster hat schon das Gespräch mit den drei Frauen geholfen. "Es tat mal gut, mit neutralen Menschen über unsere Probleme zu reden", sagt die Frau und der Mann ergänzt: "Ich habe mich am meisten gefreut, den Hund zu streicheln."

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Hündin Bella ist immer mit dabei, wenn Jennifer Pitz vom "Sozialdienst katholischer Frauen" in Münster obdachlose Frauen trifft.

Über dieses Thema haben wir auch am 09.02.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Münsterland, 19.30 Uhr.