
Schule mal anders: Mit 15 Jahren auf dem Segelschiff bis Costa Rica
Stand: 28.04.2025, 16:13 Uhr
Stürme, Delfine und endlose Ozeane: Die Monate auf der "Regina Maris" haben Malte Heidbrink verändert. Mit einem Segelschiff und 33 anderen Jugendlichen war der 15-Jährige ein halbes Jahr auf dem Atlantik unterwegs. Jetzt kehrt er nach Rödinghausen zurück. Was er auf seiner Reise erlebt hat - und was ihn wieder nach Hause zieht.
Von Verena Köplin (Text) und Kolja Selker (Multimedia)
Malte Heidbrink lehnt sich an Deck des Segelschiffs "Regina Maris" in die Taue, während es im Hafen anlegt. Je nachdem, wohin er blickt, wechselt sein Gesichtsausdruck zwischen Trauer über den Abschied und Vorfreude. Am Ende schweift sein Blick ab in die Ferne. So, als könnte er vor seinem inneren Auge die Erinnerungen der vergangenen sechs Monate nochmal von vorne abspielen.
Am 20. Oktober 2024 ist der Rödinghausener hier im Hafen von Velsen bei Amsterdam an Bord des Dreimasters Regina Maris gegangen - zusammen mit 33 anderen Jugendlichen, die mit ihm und ein paar erwachsenen Betreuern ans andere Ende der Welt gesegelt sind. Marokko, Karibik, Costa Rica, Bermuda-Dreieck - all das hat Malte gesehen.
So sahen Malte Heidbrinks Monate auf See aus
00:24 Min.. Verfügbar bis 28.04.2027.
"Ocean College" heißt das Angebot einer Berliner Firma, die für 27.000 Euro pro Person Jugendliche ab 14 Jahren ein halbes Jahr mit auf See nimmt. Die Organisatoren sind der Meinung, dass das klassische Schulsystem in Deutschland nicht auf die Lebens- und Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts vorbereite. Es halte einfach nicht mit den gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen Schritt.
Echtes Leben statt Klassenraum-Theorie?
Deswegen sollen die Jugendlichen echten Herausforderungen ausgesetzt werden. An Bord der Regina Maris findet nicht nur normaler Schulunterricht statt. Die Schüler und Schülerinnen erhalten auch eine nautische Ausbildung und müssen sich auf See Herausforderungen wie Stürmen, engen Kabinen, Seekrankheit und nicht zuletzt der Mitarbeit an Bord stellen.
Malte Heidbrink über das Leben an Bord
00:18 Min.. Verfügbar bis 29.04.2027.
Während das Segelschiff im Hafen festgemacht wird, steht Maltes Mutter Bettina Heidbrink wartend am Ufer. Sie ist überzeugt von dem Konzept. "Was kann man seinem Kind denn Besseres tun?", fragt die schmale Frau in olivgrüner Übergangsjacke. Sie steht mit zerzausten Haaren neben ihrem Mann und freut sich auf das Wiedersehen mit ihrem Sohn. Malte hat sie im vergangenen Jahr nur per Videochat gesehen. "Mit Sicherheit haben wir nur die Hälfte erfahren", sagt sie und grinst. "Jeder Mensch braucht Geheimnisse."
Auf See ein anderer Mensch?
Malte beschreibt sie als ruhig und introvertiert - die Betreuer an Bord haben ihn auch anders kennengelernt. Einer von ihnen erzählt in seiner Abschiedsrede über Malte an Bord des festgezurrten Segelschiffs: "Er hat sich mit seiner energiegeladenen und aufgedrehten Art in unsere Herzen eingebrannt. Einen Alltag ohne Maltes Gabe, für fünf Minuten aufzutauchen, Unheil zu stiften und dann verrichteter Dinge wieder abzuziehen, kann ich mir kaum noch vorstellen." Es klingt neckisch, aber nicht böse.

Wiedersehen der Heidbrinks: Die erste Umarmung nach sechs Monaten
Malte ist verlegen, hat zu viel erlebt, um zu wissen, was er sagen soll. Da war der Sturm im Bermuda-Dreieck, der so heftig war, dass das Boot in Schräglage geriet und das Wasser bis zu den Bullaugen stand. Da waren die Kakerlaken in der Kabine, die sich einmal eingeschlichen hatten. Delfine, Sonnenuntergänge, neue Freundschaften. Wohin mit alledem?
Malte Heidbrink berichtet von einem heftigen Sturm im Bermuda-Dreieck
00:57 Min.. Verfügbar bis 29.04.2027.
Doch da ist auch das Zuhause, das "eigentlich das wertvollste ist, was man haben kann", wie Malte sagt. Da sind die Hunde, die er schon ganz schön vermisst hat auf seiner Reise. Und da ist auch die Hand, die nach der ersten Umarmung wirklich lange auf dem Rücken seiner Mutter liegen bleibt.
Über dieses Thema berichten wir voraussichtlich auch am 06.05.2025 im WDR Fernsehen: Lokalzeit OWL, 19.30 Uhr.