Es ist sieben Uhr morgens. Im Hinterhof eines Kölner Rohrreinigungsbetriebes packt Sebastian Escabias die letzten Arbeitsgeräte ein. Vor ihm liegt ein langer Tag mit vielen Kundenterminen. Während seine Kollegen mit Transportern vom Hof fahren, steigt Escabias auf ein klimafreundliches Gefährt: ein sogenanntes Cargo-Bike. Das ist ein hochmodernes Lastenrad, das speziell für den Einsatz im Handwerk entwickelt wurde.
Verstopfte Straßen, lange Staus und wenig Parkplätze: Diese tagtäglichen Probleme machen es Handwerkern wie Escabias in einer Großstadt nicht gerade leicht, der steigenden Nachfrage nachzukommen. Deshalb schlug er seiner Chefin vor eineinhalb Jahren vor, dass er den Einsatz eines Lastenrads im Arbeitsalltag testen könne. Der Chefin des 27-Jährigen gefiel der Gedanke, innerhalb weniger Monate organisierte sie ein entsprechendes Fahrzeug. Seitdem fährt ihr Mitarbeiter in Köln mit dem Lastenrad zu Kunden. Und genießt viele Vorteile, sagt der radelnde Handwerker: "Ich kann Fahrradwege nutzen und so Staus umfahren."
Sebastian Escabias über die Vorteile eines Lastenrads im Arbeitsalltag
00:22 Min.. Verfügbar bis 11.09.2026.
Vom Rohrreiniger zum Fahrradreparateur
Es sieht fast aus wie ein kleines Raumschiff. Beim Anfahren rauscht der Motor und beschleunigt das Rad schnell auf bis zu 25 km/h. Der Akku reicht für etwa 40 Kilometer. "Das ist im Innenstadtgebiet völlig ausreichend. In außerhalb liegende Stadtteile kann ich damit aber nicht fahren", sagt Escabias. Seine Einsätze werden daher möglichst so geplant, dass sie nicht zu weit auseinanderliegen.
Das spezielle Lastenrad für Handwerker mit viel Stauraum
Escabias erste Kundin meldet sich mit einem Notfall: Die Toilette ist verstopft. Der Handwerker steigt auf den Sattel und tritt in die Pedale. Etwa zehn Minuten Fahrzeit sollten es bis in den Kölner Süden sein. Doch schon nach wenigen Metern muss Escabias anhalten. Die Kette ist rausgesprungen, er kann nur noch schwer treten. Kurzerhand wird der Rohrreiniger zum Fahrradreparateur und legt selbst Hand an. Mittlerweile kennt er die Tücken seines Fahrrads und kann die Kette schnell wieder einfädeln und weiterfahren.
Radeln für die Wissenschaft
Der Rohrreiniger und sein Lastenrad sind Teil des Projekts "Ich entlaste Städte" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Dort wurde das Cargo-Bike entwickelt. Ein Jahr lang soll Escabias Daten liefern, Erfahrungen teilen und das Rad einem Langzeittest unterziehen. Ziel ist es, herauszufinden, wie gut sich gewerbliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor dauerhaft auf klimafreundliche Alternativen wie Lastenräder umstellen lassen.
Wie Sebastian Escabias seine Einsätze plant
00:24 Min.. Verfügbar bis 11.09.2026.
Wenn es nach dem 27-Jährigen ginge, würde er nie wieder mit einem klassischen Transporter durch Köln fahren. Auch sein eigenes Auto habe er seit vier Jahren kaum noch bewegt. Doch das Test-Jahr mit dem Lastenrad ist nun vorbei, es wird an einen anderen Handwerksbetrieb weitergegeben. Escabias Chefin Carina Straub plant aber schon, wie sie die Fahrzeugflotte ihres mittelständischen Betriebes zukunftsfähiger machen kann.
Gute Alternative mit Einschränkungen
Hat das Lastenrad Staub überzeugt? "Auf jeden Fall. In den nächsten Jahren wollen wir ein bis zwei eigene Lastenräder anschaffen." Escabias soll also auch in Zukunft mit einem Lastenrad unterwegs sein können. Etwa 20.000 Euro kostet ein Rad. Und ist damit noch günstiger als ein Transporter. "Den gesamten Fuhrpark können die Lastenräder aber nicht ersetzen", sagt die 33-jährige Staub. Einige Geräte seien einfach zu groß für den Kofferraum des Fahrrads und sie hätten auch viele Kunden außerhalb des Stadtgebietes. Dennoch sei das Lastenrad ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft und auch eine Chance, um neue Fachkräfte zu gewinnen. "Wir haben immer mehr Bewerber, die keinen Führerschein haben. Dort wäre das Lastenrad ideal, um auch diesen jungen Menschen den Einstieg ins Handwerk zu erleichtern."
Über dieses Thema haben wir auch am 05.08.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Köln, 19.30 Uhr.