
Legales Tuning statt Krawall: Autofans im Ruhrgebiet kämpfen für ihren Ruf
Stand: 10.03.2025, 17:03 Uhr
Protzendes Motor-Aufheulen, rücksichtslos und illegal: Autotuner aus dem Ruhrgebiet haben den Ruf der Szene satt und wollen zeigen: Tuning geht auch respektvoll.
Von Josefine Upel, (Text) und Jörg Steinkamp (Multimedia)
Von einem gewöhnlichen Ford Fiesta ist bei Stephan Halverscheid-Ulferts Auto nichts mehr zu erkennen. Der Wagen leuchtet in knalligem Rot und Gold und wirft gelbes und rotes Disco-Licht auf den Boden. Schlitze in der Motorhaube geben den Blick auf einen ebenfalls ausgefallenen roten Motor frei. Auch im Innenraum leuchten Neonlichtstreifen und auf dem Beifahrersitz sitzt derjenige, dem das Auto gewidmet ist: Marvel-Superheld Iron Man - wenn auch nur als lebensgroße Figur.
Ruhrpott-Crew: Leidenschaft für einzigartige Autos
Halverscheid-Ulferts ist Autotuner. Vor eineinhalb Jahren gründete er zusammen mit anderen Kfz-Liebhabern die Ruhrpott-Crew. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig und investieren viel Zeit und Geld, um Optik, Sound oder Leistung ihrer Fahrzeuge zu verändern.
Durchgetunt: So sehen die Treffen der Ruhrpott-Crew aus
00:37 Min.. Verfügbar bis 10.03.2027.
Fast 40.000 Euro hat Halverscheid-Ulferts in sein Traumauto gesteckt. "Ich liebe es, Autos zu individualisieren. Und wenn ich an der Ampel stehe, alle gucken und ich bei kleinen Kindern oder auch bei großen Kindern - also den Vätern - ein Lächeln sehe... das liebe ich." Doch das Hobby des 43-jährigen ITlers hat nicht den besten Ruf.

Mitglieder der Ruhrpott Crew: v. l. Kevin Wolter, Thomas Guschall, Maurice Laux, Stefan und Stephan Halverscheid-Ulferts
Manche Autoliebhaber sorgen mit dröhnenden Motoren und rasanten Fahrten für Augenrollen und Ärger. Die Polizei hat die Szene im Blick, löst immer wieder unangemeldete Treffen auf, zieht Raser und zu hochgezüchtete Wagen aus dem Verkehr. Bei TÜV-Checks stoßen Prüfer teils auf die skurrilsten Umbauten, berichtet Michael Todt von der Dekra in Duisburg. "Das geht von abgesägten Federn und Schalldämpfern, Löchern in den Auspuffanlagen, um das Auto lauter zu machen, bis hin zu Sicherheitsgurten, die nicht richtig befestigt sind."
Die Sicherheitsprüfer hatten sogar schon ein Fahrzeug mit nur noch 2,5 Zentimetern Bodenfreiheit in der Werkstatt. "Das Auto war eigentlich kaum noch fahrbar." Mit den meisten Tunern finden Todt und seine Kollegen aber einen Weg, damit die Fahrzeuge nicht nur gut aussehen, sondern auch sicher auf den Straßen unterwegs sein können.
"Tuning ist kein Verbrechen"
Martin Schirrmanns ganzer Stolz ist sein orangefarbener Audi Quattro - ein sogenannter Urquattro. Der Audi steht ein paar Meter neben Halverscheid-Ulferts Iron Man-Mobil. Optisch haben die beiden wenig gemeinsam, abgesehen von der auffälligen Farbe. Auch der gut 40 Jahre alte Wagen ist ordentlich aufgemotzt. Der Motor dröhnt mit einer Lautstärke, die bis in die Knochen geht und ist selbstgebaut. Deswegen darf Schirrmann ihn nur auf Privatgelände fahren.

Martin Schirrmann tauscht sich mit den anderen Tunern aus
Dem 55-jährigen Lkw-Fahrer geht es vor allem ums Tüfteln und die Gemeinschaft in der Ruhrpott-Crew. "Man trifft hier auf Gleichgesinnte, kann Probleme lösen, anderen Leuten helfen und sich über die ganze Technik unterhalten. Das mache ich total gerne."
Regelmäßig verabreden sich die Mitglieder der Ruhrpott-Crew dafür im Ruhrgebiet. Ihre Treffen stimmt die Gruppe mit der Polizei und den Städten ab. Zu den ersten großen Veranstaltungen im September und Oktober kamen zusammen über 1000 Tuner aus dem Ruhrgebiet und Rheinland.
Was Tuner Kevin Wolter über das Image der Szene denkt
00:26 Min.. Verfügbar bis 10.03.2027.
"Es gibt auch vernünftige Tuner auf dieser Welt", sagt der 26-jährige Mitgründer Kevin Wolter und hofft, das Image der Szene aufpolieren zu können. Ganz nach dem Grundsatz der Gruppe: "Tuning ist kein Verbrechen."
Über dieses Thema haben wir auch am 18.02.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Ruhr, 19.30 Uhr.