Bernhard Schlüter links vor seinem Stall streichelt eine Kuh am Kinn.

Von 6 auf 500 Milchkühe: Wie ein Familienhof aus Büren immer größer wurde

Paderborn | Landwirtschaft

Stand: 27.04.2025, 15:23 Uhr

Bernhard Schlüter übernahm vor 15 Jahren den kleinen Bauernhof seiner Eltern in Büren. Heute bewirtschaftet er 350 Hektar Land und betreibt damit einen der größten Höfe in der Region. Wie er das geschafft hat.

Von Jörg Stolpe

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Von 25 auf 350 Hektar

Langsam geht Bernhard Schlüter durch seinen Kuhstall. Sein Blick wandert von einem Tier zum nächsten. Der 57-Jährige schaut nach den Eutern und den Klauen. Dann zückt er einen roten Stift und markiert eines der Tiere. "Die hier hat Klauenprobleme", sagt er. "Darum wird sich mein Herdenmanager kümmern." Der Herdenmanager ist ein festangestellter Mitarbeiter, der sich nur um das Wohl der 500 Milchkühe kümmert. Schlüter selbst hat dafür keine Zeit. Der Landwirt aus Büren im Kreis Paderborn muss heute noch ein paar der Grasflächen begutachten, die er bewirtschaftet. Insgesamt sind das 350 Hektar. Das ist ziemlich viel. 

Bernhard Schlüter zu seiner Motivation

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Im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen ist der Hof von Schlüter eine Ausnahme. Die durchschnittliche Größe eines landwirtschaftlichen Betriebes in NRW liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamts bei etwa 43 Hektar. Die durchschnittlich größten Betriebe gibt es in Mecklenburg-Vorpommern mit 280 Hektar. Deutschlandweit geht die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe seit Jahren zurück, die verbliebenen Höfe werden dafür immer größer. Wie der Betrieb auf 1000 Hektar funktioniert, zeigt hier ein Landwirt aus Euskirchen.

Vogelperspektive auf Bernhard Schlüters Hof

Aus dem kleinen Familienhof wurde ein 350 Hektar großer Betrieb

Als Schlüter den Hof seiner Eltern übernahm, hielten die auf 25 Hektar sechs Kühe, ein paar Schafe und ein paar Schweine. Das wollte er ändern: Er pachtete neue Flächen, baute größere Ställe, kaufte Kühe dazu. Schritt für Schritt ging er vor, ohne sich konkrete Gedanken zu machen, wo das Ganze hinführen könnte.

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Der Schlüssel zum Erfolg

Schlüter ist gelernter Forstwirt und arbeitete 24 Jahre lang in dem Bereich. Als sein Vater früh starb, stand Schlüter vor der Entscheidung, ob er den Betrieb übernehmen sollte oder nicht. Zusammen mit seiner Mutter und seiner Frau entschied er sich dafür und konzentrierte sich auf die Milchproduktion, wollte das Futter für seine Kühe aber selbst produzieren. 

Er brauchte also Grünland, auf dem das richtige Gras wachsen und das er effektiv mit großen Maschinen bearbeiten konnte. Als Grünland gelten die landwirtschaftlichen Flächen, die als Weideflächen genutzt werden oder auf denen Futtergras wächst.

Drei Kühe futtern am Stall

Bei Bernhard Schlüter gibt es für die Kühe nur selbst angebautes Futter

Ein paar Kilometer vom Hof entfernt an einem Hang oberhalb des Almetals. Der Ausblick ist fantastisch, aber Schlüter ist unzufrieden. Er guckt auf den Boden und zupft ein paar Gräser heraus. Der Landwirt hat den Boden gepachtet. "Hier müssen wir nochmal mit dem Striegel alles rausholen, was hier nicht wachsen soll", erklärt er. "Und im Spätsommer säen wir nach, damit hier nur das Gras wächst, das gute Nährstoffe hat." Die richtige Grünlandpflege sei der Schlüssel zu seinem Erfolg als Milchbauer. Mittlerweile erntet er bis zu siebenmal im Jahr Gras. Seine Kollegen schaffen nur vier bis fünf Ernten.

"Die Bauern hier in der Region haben früher keinen Wert auf Grünlandpflege gelegt", erinnert er sich. "Außerdem gab es hier viele kleine Parzellen, viele verschiedene Eigentümer und jeder versuchte, etwas anderes anzubauen." Schlüter verhandelte mit seinen Kollegen, tauschte Flächen, pachtete welche dazu. Die anderen Bauern waren erst misstrauisch, aber dann verstanden sie, was er vorhatte. "Manche Vereinbarung wurde auf dem Dorffest per Handschlag und mit einem Schnaps besiegelt." So kam er zu großen, zusammenhängenden Flächen für den Futteranbau.

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Gutes Futter, satte Kühe

Mit Fachwissen und Akribie bearbeitete Schlüter sein Land so, dass optimale Grasernten herauskamen. Experten der Landwirtschaftskammer berieten ihn dabei, wie er das Gemeine Rispengras, das als schlechtes Futter gilt, durch das Deutsche Weidelgras, also gutes Futter, ersetzen kann. So stiegen Schritt für Schritt die Futtererträge. Immer mehr Kühe konnten satt werden, die in immer größeren Ställen immer mehr Milch produzierten. Ob Schlüter in diesem Jahr genug Silage für seine Milchkühe hat, zeigen wir in einer neuen Folge WDR Lokalzeit LandSchafft auf YouTube.

Heute versorgt der 57-Jährige rund 900 Tiere. Genauer gesagt, 500 Milchkühe und 200 Kälber. Dazu noch 200 Kühe auf Höfen, die er zusätzlich gepachtet hat. Schlüter beschäftigt fünf festangestellte Mitarbeiter und sechs Aushilfen. Dreimal am Tag werden seine Kühe gemolken, zum ersten Mal morgens um drei Uhr.

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Urlaub? Urlaub!

Manche seiner Angestellten kennen sich auf dem Betrieb so gut aus, dass Schlüter und seine Frau sogar in den Urlaub fahren können, weil sie wissen, dass der Hof ein paar Tage auch ohne sie läuft. Urlaub heißt bei den Schlüters allerdings meistens ein paar Tage im Allgäu, wo sie sich auch mal mit anderen Viehzüchtern treffen. "Die arbeiten mit ganz anderen Strukturen, sind nebenbei Skilehrer oder vermieten Ferienwohnungen. Aber man kann von jedem dazulernen." Dieser Blick über den Tellerrand ist für ihn enorm wichtig. Hier zeigen wir weitere zusätzliche Einnahmequellen für Landwirte.

Warum und wie Bernhard Schlüter heute Urlaub machen kann

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Schlüter arbeitet konventionell, also ohne Bio-Vorgaben. Trotzdem legt er Wert auf das Tierwohl, sagt er. Seine Trockensteher zum Beispiel dürfen schon im Februar mit den ersten sonnigen Tagen auf die Weide. Trockensteher sind die Kühe, die gerade keine Milch geben, weil sie wieder schwanger sind. Sie sollen Kräfte sammeln können für die anstrengende Geburt. Und das gehe am besten draußen. Und wenn es nochmal schneit? "Dann versammeln sie sich unter einem Baum oder einem Unterstand. Das ist kein Problem." Nur wenn es den Tieren gut gehe, könne man auch mit ihnen Geld verdienen.

Blick von schräg oben auf den Stall sowie die Auslauffläche der Kühe mit zahlreichen Kühen darauf.

Platz für 500 Milchkühe: der Stall samt Auslauffläche

Der Hof ist immer noch Familienbetrieb geblieben. So wie viel andere in der Region, nur eben viel größer. Mutter, Ehefrau, Sohn und Neffe packen jeden Tag mit an. Darauf ist er sichtlich stolz. Sein Hof habe eine gute Größe, ist modern ausgestattet und rentabel. "Wenn das mein Vater sehen könnte. Der würde denken, er sei in einer anderen Welt."