
Ringen, tauchen, punkten: Willkommen in der Welt des Unterwasserrugbys
Stand: 10.04.2025, 16:34 Uhr
Rugby mit Flossen und Schnorchel? In Dortmund kämpfen die "Sealions" mehrere Meter unter der Wasseroberfläche um Punkte und den Klassenerhalt in der Bundesliga. Mit dabei: Spieler mit über 70 Jahren. Wie funktioniert der Sport - und warum ist der Teamgeist dabei so besonders?
Von Katharina Roß
Wie ein Knäuel aus Menschen drängen sich die Sportler und Sportlerinnen um den Korb. Im Kampf um den Ball und den Klassenerhalt ist fast alles erlaubt. Sie schieben, ziehen und drücken einander weg. Immer wieder wechselt der kleine, mit Salzwasser gefüllte Ball den Besitzer. Kaum zu glauben, dass hier auch über 70-Jährige mitrangeln. Dann drückt einer der Spieler ihn endlich am Gegner vorbei ins Tor. 1:0 für die "Sealions" des SV Westfalen Dortmund. Trotz der wichtigen Führung erklingt kein Jubelschrei vom Torschützen. Denn mehrere Meter unter Wasser lässt sich schlecht schreien.
So sieht es aus, wenn die "Sealions" loslegen
00:29 Min.. Verfügbar bis 11.04.2027.
Für die "Sealions" ist es ein wichtiges Spiel. Gegen die Öcher Otter aus Aachen müssen sie unbedingt gewinnen. Bei einer Niederlage könnten sie aus der 1. Unterwasserrugby-Bundesliga West absteigen.
Unterwasserrugby: Ein Sport aus dem Ruhrpott
Der Sport ist tief mit dem Ruhrgebiet verbunden, soll hier in den 60er-Jahren sogar erfunden worden sein. In Duisburg trainierte ein Tauchverein 1962 mit salzwassergefüllten Bällen und soll im Training die untere Hälfte der Badeleiter als Tor umfunktioniert haben. Daraus entwickelte sich im Laufe der Jahre ein eigener Sport. 1964 trat der Duisburger Club beim ersten offiziellen Unterwasserrugbyspiel gegen eine Tauchgruppe der DLRG Mülheim an. Seit 1978 gibt es Europameisterschaften, in Mülheim an der Ruhr 1980 die erste Weltmeisterschaft.

Vor dem Spiel werden Fingernägel und Flossen kontrolliert
Während die "Sealions" ihre Führung unter Wasser weiter ausbauen, zieht sich Tim Sainsbury für eine Auswechslung aus dem Wasser an den Beckenrand. Er trägt eine Maske, Schnorchel, Badekappe, extra harte Flossen und einen Hodenschutz. "Die Badekappe ist sehr wichtig. Unter Wasser könnte man einen Schlag auf das Ohr bekommen, die Ohrmuschel schützt dann das Trommelfell", sagt der gebürtige Brite, der früher sogar für die britische Nationalmannschaft spielte. Verletzungen gebe es aber kaum, schließlich werden vor Spielbeginn unter anderem die Fingernägel und die Flossen kontrolliert.
Was sind die Regeln beim Unterwasserrugby?
In einem Schwimmbecken von mindestens dreieinhalb bis zu fünf Metern Tiefe spielen zwei Teams mit jeweils sechs Personen gegeneinander auf zwei gegenüberliegende Unterwasser-Tore. Ein Spiel besteht aus zwei Hälften von je 15 Minuten. Alle Spieler und Spielerinnen können fliegend wechseln. Dafür schwimmen sie an den Beckenrand und ziehen sich aus dem Wasser. Dann darf der nächste Auswechselspieler von der Bank nachrücken. Beim Spiel darf jedes Team maximal zwölf aktive Spieler stellen.
Gemeinschaft ist alles
Der 70-Jährige ist einer der erfahrensten Spieler, wenn auch nicht der älteste. In dem gemischten Team spielen Männer und Frauen zwischen 23 und 72 Jahren. Der Zusammenhalt im Team funktioniert trotz der großen Altersspanne. Vor dem Spiel haben sie gemeinsam im Schwimmbad alles aufgebaut, nach dem Spiel werden sie zusammen wieder abbauen - und mit dem gegnerischen Team den Abend bei einem Bierchen ausklingen lassen. Die Unterwasserrugby-Community ist nicht groß, das Miteinander hingegen schon. "Egal, wo du auf der Welt bist, du kannst überall einfach zum nächsten Unterwasserrugby-Team gehen und mitspielen", sagt Sainsbury begeistert, der schon in neun verschiedenen Ländern gespielt hat.
Tim Sainsbury darüber, was er an seinem Sport so mag
00:40 Min.. Verfügbar bis 11.04.2027.
Schon zur Pause steht es 4:0 für die "Sealions". Und auch in der zweiten Halbzeit setzen sie das Team aus Aachen weiter unter Druck. Zufrieden, aber auch erschöpft schaut Sainsbury rund vier Minuten vor Spielende auf die Anzeigetafel am Beckenrand. "8:0! Was macht der alte Mann noch hier? Wir brauchen junges Blut", fragt er und muss schmunzeln. Der Abstieg aus der Bundesliga ist erst einmal abgewendet.
Über das Thema haben wir am 14.03.2025 auch im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.