
Jurte statt Reihenhaus: Wie lebt man auf nur 48 Quadratmetern?
Siegen-Wittgenstein | Heimatliebe
Stand: 25.04.2025, 17:14 Uhr
Kein Haus, keine Wohnung - sondern eine mongolische Jurte: Familie Kossek hat ihr ganz eigenes Wohnmodell gefunden. Wie lebt es sich mit Kindern, Tieren und wenig Platz mitten im Siegerland?
Von Susanne Schoeppner
Das komplette Grundstück ist von Bäumen umgeben. Eine Wimpelkette tanzt im Wind, ein Klangspiel klimpert an einem Ast. Das Wasser des kleinen Bachs auf dem Grundstück glitzert in der Sonne. Hühner gackern. Und Kinder jubeln. Sie spielen im Sandkasten, mitten im Wald und doch direkt vor ihrer Haustür. Denn unweit des Sandkastens steht eine Jurte - das Zuhause der Kosseks.
Seit fünf Jahren lebt die fünfköpfige Familie in der Jurte in Burbach im Siegerland. Das mongolische Zelt hat einen Durchmesser von knapp acht Metern, 48 Quadratmeter müssen für Wohnen, Kochen, Spielen, Arbeiten und Schlafen ausreichen. Beengt fühlen sie sich trotzdem nicht. "Wir haben sehr kleinen Wohnraum, aber einen sehr großen Lebensraum. Wir sind einfach viel draußen", sagt Alina Kossek.
Alina Kossek über das Leben in der Jurte
00:37 Min.. Verfügbar bis 25.04.2027.
Alternativer Wohnraum boomt in NRW. Bei steigenden Zinsen, hohen Baukosten und teuren Mieten suchen immer mehr Menschen nach unkonventionellen Wohnkonzepten. Sei es das Leben im Kreisverkehr oder im Campervan. Als der 36-jährige Marcel Kossek und seine Frau Alina vor fünf Jahren aus Aachen zurück in ihre alte Heimat ziehen, wollen auch sie nicht in einer klassischen Wohnung oder einem Haus leben. Bei ihnen ist es aber vor allem der Wunsch nach Freiheit, der sie bei der Suche nach Wohnraum antreibt. Beim Gedanken an ein Haus habe sie Platzangst bekommen, sagt Alina Kossek. "Eine Jurte fühlt sich viel freier an", so die 37-Jährige.
Familienleben in der Jurte: Wenig Raum, viele Details
Drei Wochen dauerte es, das zugewachsene Stück Land für den Jurten-Aufbau vorzubereiten. Direkt nebenan steht ein altes Gutshaus, wo sie frisches Wasser und Strom herbekommen. Der Aufbau selbst verlief schnell. Nach etwas mehr als einem Tag ist die Jurte bewohnbar. Gehwegplattentürmchen unter dem Zelt sorgen für Unterlüftung. Auf der Holzkonstruktion liegt eine Holzfaserdämmung, darauf der Fußboden.

Genug Platz in der Jurte für persönliche Gegenstände
An diesem Tag durchflutet die Sonne den Raum durch die große Kuppel am Zeltdach. Sie hat das Zelt bereits angenehm aufgewärmt. Wer sich im Raum umschaut, entdeckt überall kleine Details. Wie die getrockneten Kräuter aus dem eigenen Garten in alten Marmeladengläsern mit selbst gestalteten Etiketten. Die Gläser stehen auf einem hängenden Holzstück, das einmal als Treibgut vom Bach neben dem Grundstück angespült wurde.
Welche Reaktionen bekommen die Kosseks auf das Leben in der Jurte?
00:29 Min.. Verfügbar bis 26.04.2027.
Der runde Raum besteht aus einem Holzgerüst, das mit Lederschnüren zusammengeknotet ist. Ein fester Baumwollstoff umschließt das Gerüst. Schafswolldämmung und ein schützendes Tuch machen das Zelt zu jeder Jahreszeit bewohnbar. Die Jurte kann durch diese Bauweise komplett zurückgebaut werden. Und es ist gut möglich, dass die Kosseks genau das bald tun.
Warum die Zeit in der Jurte bald endet
20 Geburtstage und zwei Geburten hat die Familie in den vergangenen Jahren in der Jurte gefeiert. Doch diesen Sommer wollen sie Abschied nehmen von ihrem außergewöhnlichen Zuhause. "Alles hat seine Zeit", sagt Alina Kossek. Ihre älteste Tochter, die nach den Sommerferien in die Schule kommt, wünscht sich beispielsweise einen eigenen Schreibtisch. Den Platz haben sie aber nicht. "Der Abschied wird uns schwer fallen. Wir werden viel von diesem Leben hier vermissen", so Alina Kossek.

Die Kosseks sind dankbar für die Zeit in der Jurte
Trotzdem freuen sich die Kosseks auch auf die Annehmlichkeiten eines Hauses, wie zum Beispiel eine feste Dusche. "Das, was kommt, wird auch schön", sagt Marcel Kossek. Vielleicht ist es ohnehin nur ein Abschied auf Zeit. Wenn die Kinder einmal ausgezogen sind, können sie sich gut vorstellen, zurückzuziehen. Denn für sie ist das Leben in der Jurte eigentlich die schönste Wohnform.
Über dieses Thema haben wir auch am 10.04.2025 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.