Der erste Kunde des Tages bahnt sich den Weg durch den verwinkelten Laden. In seinen Händen trägt er einen Korb voller gewaschener Bettwäsche und Tischdecken. Sie alle müssen gemangelt werden. "Legen Sie den Korb hier zu den anderen", sagt Gisela Schimmel. Sie kennt viele ihrer Kunden schon seit Jahrzehnten. "Ich habe Ihrer Frau aber bereits gesagt, ich brauche Zeit." An der einen Wand stehen über 20 Wäschekörbe, die fertig gemangelt sind. Gegenüber reihen sich Wäschekörbe, die noch dran müssen. "Sie sehen ja, ich ersticke in Wäsche", sagt die 77-Jährige. Dem Stammkunden macht das nichts aus.
Heißmangel in Menden: Einfach immer weitermachen
Seit 1970 betreibt Gisela Schimmel die kleine Heißmangel in Menden im Sauerland. Bei einer Heißmangel drückt eine beheizbare Walze oder eine heiße Metallplatte den angefeuchteten Stoff mit starkem Druck gegen eine heiße Fläche und glättet ihn so. Schimmel hat in ihren 55 Jahren im Dienst schon zehntausende Laken, Tischdecken oder Tücher durch die laut brummende Maschine gezogen. Trotz der Technik ist Heißmangel aber viel Handarbeit.

Warum ohne Gisela Schimmel die Maschine nur ein Staubfänger ist. 00:32 Min.. Verfügbar bis 20.03.2027.
"Ich habe mit sechs Jahren meiner Tante beim Mangeln zugeschaut. Ich fand es immer toll, wenn die Wäsche so glatt aus der Mangel kam. Mit der Zeit habe ich es mir dann selbst beigebracht. Und nun stehen wir hier 55 Jahre später und die Mangel läuft immer noch", sagt Schimmel und schmunzelt.
"Ich kenne die Menschen und ihre Wäsche"
Eigentlich könnte die 77-Jährige schon längst ihren Ruhestand genießen. Stattdessen steht sie jede Woche von Dienstag bis Freitag im Laden. "Mir würde zu Hause die Decke auf den Kopf fallen. Wenn ich zu Hause bin, bin ich träge, und wenn ich hier bin, komme ich in Bewegung. Das bekommt mir", sagt die zierliche Frau und geht zu ihrem kleinen Schreibtisch. Hier notiert sie fein säuberlich, wer wann was gebracht hat. Auch der Wäschekorb ihres ersten Kunden an diesem Tag wird in die Liste eingetragen.
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Einen Computer brauche sie nicht, sagt Schimmel. "Gestern sind 26 Wäschekörbe gekommen. Alles notiere ich hier in meinem Block. Doch eigentlich weiß ich, wem welche Wäsche gehört. Viele Kunden kommen seit Jahrzehnten. Ich kenne die Menschen und natürlich auch ihre Wäsche."
Im Hintergrund brummt die Heißmangel schon fleißig. Vor der ersten Tischdecke muss sie erst auf Temperatur laufen. "Das ist meine dritte Heißmangel in 55 Jahren. Die hier hat schon 25 Jahre auf dem Buckel. Aber sie macht ihr Ding noch ganz gut." Die meiste Zeit ist sie allein in ihrer kleinen Heißmangelstube. Heute bekommt sie Unterstützung von ihrer Tochter Astrid.
Gisela Schimmel und ihre Tochter Astrid sind ein eingespieltes Team. 00:24 Min.. Verfügbar bis 20.03.2027.
Denn über die letzten Tage hat sich einiges angesammelt. Schimmel nimmt einen der vielen Körbe, die sich vor ihr stapeln. Alles muss in den kommenden Tagen gemangelt werden. Wenn es nach ihr geht, wird das auch noch ein paar Jahre so weiter gehen. "Ich ohne die Mangel? Das kann ich mir nicht vorstellen", sagt sie.
Über dieses Thema haben wir auch am 04.02.2025 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Südwestfalen, 19.30 Uhr.