Einblick in den Horst: Webcam-Aufnahme von den Störchen im Garten der Kirchs 00:15 Min. Verfügbar bis 24.08.2026

Eine Storchenfamilie im Garten: Über eine besondere Nachbarschaft

Krefeld | Heimatliebe

Stand: 24.08.2024, 08:47 Uhr

Das Klappern ist ihr Wiedererkennungsmerkmal, ihr ruhiger segelnder Flug ein beeindruckender Anblick am Himmel. Störche sind faszinierende Tiere. Familie Kirch aus Krefeld weiß, wie es sich zusammen mit ihnen lebt. Warum es so besonders ist, dass die Tiere sich ausgerechnet hier niedergelassen haben.

Von Anke Hoffmann

Hoch konzentriert steuert Alexander Kirch in seinem Garten den Korb des Hubsteigers nach oben. Zentimeter für Zentimeter nähert sich der 40-Jährige dem großen Storchennest in seinem Garten. Nicht das leiseste Geräusch ist von dort zu hören. Noch ein letztes Mal den Korb ausrichten und dann kann Kirch sie endlich aus der Nähe sehen: Blaui und Pauli. Die beiden Jungstörche, die in dem Horst in seinem Garten leben, liegen ganz ruhig in ihrem Horst und stellen sich tot, wenn sie Gefahr wittern. Dabei wollen Kirch und sein Begleiter, Vogelkundler Michael Jögbes, bloß einen kleinen Markierungsring am Bein des einen Jungstorches anbringen. Nach wenigen vorsichtigen Handgriffen sitzt der Ring und Kirch steuert den Hubsteiger langsam wieder Richtung Boden.

Die Weißstorch-Küken Blaui und Pauli bekommen Markierungsringe | Bildquelle: WDR / Anke Hoffmann

Dass hier in Krefeld eine Storchenfamilie lebt, ist ein kleines Wunder. Vor etwa zweihundert Jahren gab es die letzten Hinweise auf eine erfolgreiche Storchenbrut in der Stadt. Seitdem waren die Vögel verschwunden, denn der Weißstorch stand in ganz Nordrhein-Westfalen kurz vor dem Aussterben. 1991 lebten hier nur noch drei Weißstorchenpaare. Intensive Landwirtschaft, Gifteinsatz und immer mehr tödliche Überlandleitungen schnitten stark in die Lebensräume der Großvögel ein. So stark, dass sie keine Chance hatten, sich von selbst davon zu erholen. Hinzu kam, dass es auch in den Überwinterungsgebieten der Weißstörche in West- und Nordwestafrika immer weniger Nahrung gab. Dann kam die Kehrtwende.

Warum die Störche nach 35 Jahren zurückkamen

In den 1990er-Jahren haben Naturschutzvereine, aber auch Landwirte und Naturschutzbehörden gezielt feuchte Lebensräume aufgewertet und neue geschaffen. "Der Weißstorch hat kein Nistplatzproblem bei uns. Entscheidend sind Nahrungsflächen. Er braucht Kleingewässer und Feuchtgebiete, um Nahrung zu finden. Denn wenn Störche nicht genügend Nahrung finden, bleibt auch der Bruterfolg aus", erklärt Michael Jögbes von der Nordrhein-Westfälischen Ornithologengesellschaft. Nach 35 Jahren intensiver Bemühungen ist der 65-Jährige stolz darauf, wie gut es dem Storch mittlerweile wieder geht: "Ich gehe davon aus, dass es in diesem Jahr erstmals über 800 Brutpaare in NRW geben wird. Das sind so viele wie nie zuvor."

Michael Jögbes über den Siegeszug der Störche 00:38 Min. Verfügbar bis 24.08.2026

Vogelinteressierte können laut Jögbes die Tiere besonders gut entlang der Rheinschiene von Duisburg Walsum aus bis zur Grenze zu den Niederlanden beobachten.

Mit der Ringnummer ein Storchenleben verfolgen

Dutzende Male im Jahr fährt der Ornithologe durch ganz NRW, um den Weißstorchnachwuchs mit Ringen zu versehen. So wie hier im Garten bei Familie Kirch in Krefeld. "Ich mache das gerne und das ist total spannend. Mit der Ringnummer kann jeder bei der Vogelwarte in Helgoland anrufen und seine Sichtung angeben. Damit können wir ganze Biografien von Störchen anlegen und ihren Lebensweg verfolgen", sagt Kirch, nachdem er wieder festen Boden unter den Füßen hat. 

Alexander Kirch hat den Horst für Weißstörche im eigenen Garten selbstgebaut | Bildquelle: WDR / Anke Hoffmann

Aus belächelter Idee wurde Storchen-Nachbarschaft

Familie Kirch, bei der der Storchennachwuchs Pauli und Blaui aufwächst, hat gar nicht damit gerechnet, dass ihr Horst direkt im ersten Jahr angenommen wird. "Die Idee hatten wir schon länger, aber uns haben alle belächelt, weil es hier so lange keine Störche gab. Als wir dann gesehen haben, dass der Horst angenommen wurde, haben wir immer mitgefiebert und geschaut, ob wir schon ein Köpfchen sehen können", erzählt Kirch. Er hat neben dem Horst sogar eine Webcam installiert, um live dabei sein zu können, wenn der Nachwuchs schlüpft. 

Was bedeutet es für Alexander Kirch, dass der Horst angenommen wird? 00:21 Min. Verfügbar bis 24.08.2026

Das Storchenpaar in Kirchs Garten ist jetzt schon das zweite Paar in Krefeld. Für ihn und seine Familie sind die Vögel ganz besondere Nachbarn. "Wir sitzen häufig hier auf der Terrasse und schauen zu, wie die Elterntiere angeflogen kommen", sagt Kirch.

Was er damals schon weiß: Die Zeit für Pauli und Blaui im Hotel Mama und Papa ist begrenzt. Mitte August sind die beiden Jungtiere alt genug gewesen, um auszufliegen und sich auf in die weite Welt zu machen. Wer weiß, vielleicht kehren sie ja eines Tages wieder zurück nach Krefeld.

Über dieses Thema haben wir auch am 01.07.2024 im WDR Fernsehen berichtet: Lokalzeit Düsseldorf, 19.30 Uhr.