Wäscherprinzessin und Strohbär: Sieben besondere Karnevalsbräuche in NRW

NRW | Heimatliebe

Stand: 13.02.2024, 10:02 Uhr

In NRW feiern Jecken die verrücktesten Bräuche - und wir lieben es! Was es mit der Wäscherprinzessin, Steckenpferd-Reiten und einem Strohbären, der durch die Straßen zieht, auf sich hat.

Von Josefine Upel

1

Narrenritt mit Steckenpferd in Viersen-Dülken

Die neue Session wird in Viersen-Dülken am 11.11. ganz besonders eröffnet: Dreimal reiten die Jecken auf Steckenpferden um die Dülkener Narrenmühle. Tausende Menschen sehen und jubeln ihnen dabei zu. Mit dem Brauch verspottete man in Dülken vor Hunderten von Jahren die Gelehrten und Reichen auf ihren Pferden.

Viersen-Dülken, 11.11.2009: Der Ritt um die Narrenmühle | Bildquelle: WDR / Susanne Schnabel
2

Schlöffken-Fest im Kreis Borken

Blau-weiß gestreifter Kittel, Halstuch, Mütze, Holzstock mit Wurst dran und Holzschuh - aber wohlgemerkt nur einen - fertig ist das Outfit für das Schlöffken-Fest in Heek im Kreis Borken. Das Fest ist dort Teil des Straßenkarnevals und findet immer schon im Januar am Sonntag und Montag nach Heilige Drei Könige statt. Woher der Brauch kommt, sich nur einen Holzschuh anzuziehen? Keiner weiß es.

Schlöffken kommt von Schlurfen - sieht man... (Archiv) 00:30 Min. Verfügbar bis 04.01.2026

Das Schlöffken-Fest gibt es nur in Heek und das schon seit Jahrhunderten. Dass der Karneval dort viel früher als überall sonst beginnt, hängt mit einem Mord in einer Fastnacht vor 150 Jahren zusammen. Der Pastor hatte den Heekern damals den Karneval verboten. Also wurde das Fest kurzerhand gut einen Monat vorverlegt.

3

Ursprung der Weiberfastnacht und Wäscherprinzessin

Es ist das Jahr 1824, als die Waschfrauen im Bonner Stadtteil Beuel es sich nicht länger gefallen lassen wollen: Während ihre Männer am Donnerstag vor Karneval in Köln feiern gehen, sollen sie weiter schuften? Nichts da! Die Waschfrauen treffen sich aus Protest zum Kaffeeklatsch. Es ist die Geburtsstunde der Weiberfastnacht. Das Fest wird zwar mittlerweile überall gefeiert, nur in Beuel gibt es aber auch eine passende Repräsentantin: die Wäscherprinzessin. Sie erstürmt an Weiberfastnacht zusammen mit den Damenkomitees und der Obermöhn, deren Präsidentin, das Beueler Rathaus.

Dieses Bild stammt von 1937 und zeigt das Gründungskomitee, das Alte Beueler Damenkomitee von 1824 e.V. | Bildquelle: Archiv des Alten Beueler Damenkomitees
4

Wurstaufholen in Klein-Köln / Ahaus-Wüllen

Beim Wurstaufholen am Karnevalssamstag geht es darum, sich vor Beginn der Fastenzeit noch einmal richtig satt zu essen. Nachbarn treffen sich und ziehen von Haus zu Haus, geben ein Ständchen und bekommen als Belohnung zum Beispiel Wurst oder Eier. Tradition ist das zum Beispiel in Klein-Köln, eigentlich Ahaus-Wüllen.

Warum der Spitzname? Ein Wüllner brachte im 19. Jahrhundert nach Jahren in Köln den Karneval mit zurück nach Wüllen. Am Rosenmontag 1849 zog er sich einen Jutesack und ein Schild mit "Klein-Kölner Karneval - Helau" über und lief singend durch das Dorf, heißt es. Von vielen für verrückt erklärt, begleiteten ihn im Jahr darauf weitere zwölf Begeisterte und gründeten einen der ältesten Karnevalsvereine in Deutschland.

5

Der "Ähzebär" in der Eifel

Am Veilchendienstag macht der "Ähzebär" einige Orte in der Eifel unsicher, zum Beispiel im Euskirchener Stadtteil Kirchheim oder in Mechernich-Kommern. Von Kopf bis Fuß in kiloweise zusammengebundenem Erbsenstroh gehüllt, tanzt ein Auserwählter durch die Straßen, begleitet von Gefolge und Musikkapellen. Der Zug macht bei jedem Dorfbewohner Halt, der den "Ähzebär" samt Gefolge eingeladen hat. Und das sind Viele!

So sieht der "Ähzebär" aus 00:28 Min. Verfügbar bis 13.02.2026

Die Tradition des übersetzt "Erbsenbären" ist schon über 100 Jahre alt, damit gehört er zu den ältesten Karnevalsfiguren im Rheinland. Der Strohbär vertreibt am Veilchendienstag symbolisch den Winter, sein "Fell" wird am Ende des Umzugs verbrannt. Die Schreibweise der Karnevalsfigur variiert übrigens, je nach Region ist sie auch als "Äerzebär" bekannt.

6

Um die Miste gehen in Winterberg

Früher galt auf dem Dorf: Je mehr Mist ein Bauer hatte, desto mehr Tiere besaß er und desto reicher war die Familie. Junggesellen schauten sich also erst den Misthaufen an, danach warben sie um die Tochter des Hauses. Im Winterberger Stadtteil Züschen ziehen bis heute zu Karneval Gruppen mit einem Eimer Mist von Tür zu Tür. Sie treten in den Eimer und singen. Zur Belohnung gibt es Würste, Eier und Schnaps.

Die Würste und Eier verschenkten die Hausherren, weil es früher noch nicht so viele Lagermöglichkeiten gab und die Bauern die verderbliche Ware noch vor der Fastenzeit loswerden mussten. Doch warum ausgerechnet zu Karneval? Es wird vermutet, dass dann die Misthaufen besonders groß waren, weil sich die Tiere über den Winter im Stall befanden und bei andauerndem Frost der Mist nicht ausgefahren werden konnte.  

7

Geldbeutelwäsche im Rheinland

Im Rheinland gibt es am Aschermittwoch Trauerzüge zum Rhein. Die Jecken in Bonn, Troisdorf oder Bornheim spülen dort ihre Portemonnaies aus. Die Geldbeutelwäsche soll zeigen, dass sie nach der Session keinen Cent mehr haben.

Die Portemonnaies in Bonn sind leer (Archiv) 00:23 Min. Verfügbar bis 04.01.2026

Der Brauch geht mehrere Jahrhunderte zurück und hat nichts mit der Trauer über das Sessionsende zu tun: Die Karnevalisten im 19. Jahrhundert wollten damals dem preußischen Fiskus zeigen, dass sie wirklich kein Geld mehr für eine Karnevalssteuer haben. Die wollte damals der Kaiser einführen.